Angefangen hat sie in einem anderen Sport
Beim Kopfball beeindruckt ihre Sprungkraft, beim Abschluss ihre Präzision, weshalb Eve Perisset, ihre Clubkollegin vom FC Chelsea, in der Pressekonferenz eine Pause machte, als die Französin nach möglichen Schwächen gefragt wurde. „Sie ist eine ständige Gefahr, weil sie so gute Bewegungen hat.“ Die Torjägerin erarbeitet sich viel über ihren Instinkt und ihr Durchsetzungsvermögen, dass sie sich beim Australian Football angeeignet hat. Der Nationalsport ist tief in ihrer in Perth an der Westküste beheimateten Familie verwurzelt, ihr Bruder Daniel hat eine erfolgreiche Karriere hinter sich.
Vielleicht hätte auch Samantha May Kerr diesen rauen Pfad mit vielen blauen Flecken verfolgt, wenn es Mädchen damals nicht so schwer gehabt hätten. „Hundertprozentig wäre ich dabei geblieben, wenn ich gekonnt hätte“, sagte sie einmal. „Fußball hat mir damals nicht so gut gefallen. Ich glaube, jeder kann einen Football in die Hand nehmen: Man wirft den Ball hin und kickt ihn. Für einen Fußball braucht man viel mehr Geschick.“ Und jetzt vermutlich auch Geduld.
Nationaltrainer Tony Gustafsson dürfte eine Formation nicht auseinanderreißen, die sich übers Turnier von ihrer Mittelstürmerin emanzipiert hat. Der Schwede wird seine Nummer 20 vermutlich für eine spätere Heldenrolle in der Hinterhand behalten. Es ist ja möglich, dass die mit viel Offensivpower gesegneten Französinnen in Führung gehen. Wenn es bei einem Rückstand einen Push auf den Rängen und auf dem Rasen braucht, dann eignet sich dafür niemand besser als eine, die definitiv mehr im Angebot hat als jeder Convenience Store der australischen Großstädte.