Frauen in Spitzenpositionen

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Anneliese Fischer beim Kurier-Interview. Foto: Peter Gisder Foto: red

In diesem Punkt scheint Oberfranken tatsächlich Spitze zu sein. Viele Führungspositionen sind mit Frauen besetzt. Eine der ersten Frauen, die in den 80er Jahren in den Bayerischen Landtag eingezogen war, ist Anneliese Fischer. Im Kurier-Interview spricht die Bayreutherin über Frauennetzwerke, Franz Josef Strauß und ihren damaligen Exotenstatus.

 
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Frau Fischer, was haben Sie gedacht, als Sie in dieser Woche im Kurier gelesen haben, dass die IHK für Oberfranken erstmals eine Präsidentin hat und bundesweit die einzige IHK mit weiblicher Doppelspitze ist?

Anneliese Fischer: Ich habe mich riesig gefreut und fast einen Luftsprung gemacht. Ich habe gedacht, wir in Oberfranken sind einfach fortschrittlich. Wir sind eigentlich ein Beispiel für ganz Bayern.

Es gab aber auch Meinungen, dass man das garnicht so stark hätte hervorheben müssen, weil das längst selbstverständlich sei.

Fischer: Das schon. Aber dann habe ich mir gedacht: Bravo. Es ist doch notwendig, es zu betonen, denn Frauen in Führungspositionen sind keinesfalls selbstverständlich.

Wie war das, als Sie 1984 in den Bayerischen Landtag eingezogen sind?

Fischer: Als ich in den Landtag kam, waren wir bei über 130 Abgeordneten neun Frauen. Wir haben uns dann zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Barbara Stamm war die Vorsitzende und wir haben uns vorgenommen, dass nicht jede schreit, „ich will was werden“, sondern, dass wir eine Frau unterstützen. Wir haben dann Barbara Stamm als stellvertretende Fraktionsvorsitzende unterstützt.

Wie hat sich denn der damalige Ministerpräsident Franz Josef Strauß gegenüber Politikerinnen verhalten?

Fischer: Strauß war weder besonders eifrig in der Frauenförderung, aber auch nicht dagegen. Er hat niemanden von uns behindert, aber auch niemanden besonders gefördert. Wir haben uns häufig mit ihm getroffen. Da wir wussten, dass er ein bisschen eitel war, haben wir immer seine Anzüge gelobt.

In Ihrer Arbeitsgemeinschaft haben Sie ja durchaus so etwas wie ein Netzwerk gegründet.

Fischer: Wir haben damals noch nicht kapiert, dass wir das müssen. Aber wir neun haben Seite an Seite gekämpft und haben versucht, unsere Themen in die Fraktion zu bringen. Wir haben dann ein Konzept entwickelt mit dem Titel „Frauen sind die Hälfte der Zukunft“.

Wurden Sie damals von Männern mit Herablassung behandelt?

Fischer: In den 80er Jahren war ich ja noch eine Exotin. Als ich mal bei einem Verein nahe Kulmbach als Rednerin angekündigt wurde, sagten einige Männer, die in der Nähe meines Mannes gesessen sind: „Ob die das wohl kann?“. Als die dann gesehen haben, dass ich frei spreche, hieß es: „Die hat ja nedmal an Zettel“.

Wann kam der Wandel in der Akzeptanz?

Fischer: Immer mehr Frauen haben die Chance bekommen und gezeigt, dass es geht. Und damit wurde die Akzeptanz Mitte der 90er Jahre immer größer. Ich war zwar gegen die Quote, aber vielleicht hat uns die Quote der anderen Parteien sogar geholfen.

Wie hat sich der Frauenanteil unter Politikerinnen entwickelt?

Fischer: 1990 lag der Anteil der von Frauen gewonnenen Direktmandate im Deutschen Bundestag bei zwölf Prozent. Bis zum Jahr 2002 gab es einen Anstieg auf 25 Prozent. Seither zeigt die Kurve wieder nach unten. Aber wenn Sie jetzt Bayreuth anschauen, dann sind wir vorbildlich, was Frauen in Führungspositionen betrifft. Wir haben die Politikerinnen Brendel-Fischer, Launert, Hohlmeier, eine Oberbürgermeisterin, eine Regierungspräsidentin, eine Polizeidirektorin.

Sie haben selbst mehrere Töchter und Enkelinnen. Sind die Frauen von heute emanzipierter, als sie es damals waren?

Fischer: Die sind ganz unterschiedlich. Aber arbeiten, studieren und gute Abschlüsse machen wollen sie alle.

Sind Sie also mit der Entwicklung, an deren Spitze Sie in Bayern einst standen, zufrieden?

Fischer: Insgesamt bin ich zufrieden. Ich bin damit zufrieden, dass immer mehr Frauen eine gute Ausbildung haben. Ich bin aber nicht damit zufrieden, wenn ich mir die Entwicklung in der Politik anschaue. Wenn ich in den 90er-Jahren gesagt habe, Frauen sind die Hälfte der Zukunft, dann muss ich heute fragen: Wo sind die 50 Prozent?

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