Fränkisch: Rotzkocher und Oarschrakedn

Von Heike Hampl
Horst Meyer und Eberhard Wagner sind zwei Waafn, sie kennen sich aus mit Mundart. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Mundart und Emotionen gehören zusammen. Die Menschen fluchen im Dialekt, sie erklären ihre Liebe auf Fränkisch. Und sie nutzen manchmal Wörter, deren Bedeutung ihnen gar nicht bewusst ist. Eberhard Wagner und Horst Meyer widmen sich der Mundart. Ein Gespräch mit zwei Waafn.

 
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Sie erzählen den Leuten etwas über deren eigenen Dialekt. Warum? Der Franke kennt sich doch aus mit seiner Sprache.

Horst Meyer: Nein. Der Mundart-Sprecher wendet vieles an, von dem er gar nicht weiß, woher es kommt. Nehmen Sie das Wörtchen "fei". Die Leute wollen wissen, was es bedeutet.

Ich weiß fei auch nicht, was es bedeutet.

Eberhard Wagner: Es kommt aus dem Französischen und heißt nichts anderes als "fein".

Im Fränkischen steckt Französisch?

Wagner: Ja, viel! Wenn einer partout nicht will zum Beispiel.

Meyer: Und in Bayreuth gibt es eine Straße, die heißt Tunnelstraße. Die betonen wir aber Französisch.

Es gibt Situationen, da kann man nicht anders als Fränkisch zu sprechen. Himmldunnerwedder nuchamol!

Wagner: Ja, nämlich immer dann, wenn es um Emotionen geht. Wenn ich fluche, dann entlädt sich eine Energie. Da ist so viel Emotion drin, die wird man im Dialekt einfacher los. Übrigens auch bei positiven Gefühlen. Auf Fränkisch mache ich viel leichter eine Liebeserklärung. "Ich liebe dich", das kommt einem schwerer über die Lippen.

Lernen Sie beide noch neue Wörter kennen?

Wagner: Es gibt auch neue Begriffe. In Unterfranken zum Beispiel nennen sie mancherorts die Pizza Mafiabloods. Bloods ist ein flacher Kuchen. Oder ein Zäpfchen, das nennen manche "Oarschrakedn".

Meyer: Das letzte Wort, das ich gelernt habe war "Rotzkocher" als Synonym für Nase, das kannte ich bisher nicht. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass mehr Mundart-Begriffe sterben als neue kreiert werden.

Wagner: Ich muss aber schon auch sagen, dass man sich seit 250 Jahren aus Sicht der Wissenschaft um Mundart kümmert. Und so lange schon begründet man es damit, dass sie stirbt. Das ist ein Gefühl. Ein Problem ist allerdings, dass es immer weniger Bauern gibt. Mit ihnen sterben viele Begriffe. Oft, weil es die Gerätschaften einfach gar nicht mehr gibt. Ich kenne Bauern, die wissen nicht, was ein Rechen ist. Und von einer Rowern haben die schon gar nicht gehört. Da geht tatsächlich ein Wortschatz und Redensarten verloren.

Die Franken neigen zum Verniedlichen. Das reicht vom Freggerla bis zum Laabla. Kann der Franke auch böse?

Wagner: Wenn der Franke böse ist, dann vernichtend. Stellen Sie sich vor, Sie singen. Und ich frage: "Kannst du morgen auch noch so schön singen?". Dann sagen Sie "ja". Und ich: "Dann hörst jetzt auf und singst morgen weiter". Das ist dann schon richtig böse gemeint.

Ohja, das tut gescheit weh.

Meyer: G'scheit ist ja auch so ein wunderschönes fränkisches Wort. Der Mensch kann g'scheit sein. Oder bleed. Oder g'scheit bleed.

Info: Eberhard Wagner und Horst Meyer treten am Samstagabend (21. November) um 19.30 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus in Heinersreuth auf. Sie werden humorvoll Kuriositäten der Bayreuther Mundart erläutern. Musikalisch umrahmt der Posaunenchor die Veranstaltung. Eintritt wird nicht verlangt, aber eine kleine Spende erbeten.

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