Flüchtlinge: Freistaat zapft Rücklagen an

Das bayerische Kabinett bei einer Sitzung. Archivfoto: Peter Kneffel/dpa Foto: red

Finanzminister Söder warnt: Selbst der Freistaat könne die Milliardenausgaben für Flüchtlinge nicht dauerhaft schultern, ohne anderswo sparen zu müssen. Noch gebe es aber keinen Grund zur Sorge.

 
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Angesichts der Milliardenausgaben für Flüchtlinge muss der Freistaat im kommenden Jahr sein Sparbuch anzapfen. Er kommt aber ohne Sparmaßnahmen oder neue Schulden aus - und es bleibt auch bei der für 2016 vorgesehenen Schuldentilgung von 550 Millionen Euro. Darauf verständigte sich das Kabinett am Dienstag in München.

Das Konzept von Finanzminister Markus Söder (CSU) sieht vor, dass 2016 insgesamt 1,25 Milliarden Euro aus der Rücklage entnommen werden sollen - diese schrumpft nach derzeitigem Stand dann auf gut 1,6 Milliarden Euro. Der Gesamthaushalt wächst nach Angaben Söders um 7,6 Prozent auf rund 55 Milliarden Euro. Die Ausgaben für die Asyl- und Flüchtlingspolitik steigen 2016 auf 3,25 Milliarden Euro.

«Noch geht es. Keiner in Bayern muss sich jetzt Sorgen machen», sagte Söder nach der Kabinettssitzung. Er warnte aber, dass selbst der finanzstarke Freistaat derlei Mehrausgaben nicht dauerhaft schultern könne – wenn es keine Leistungskürzungen für die heimische Bevölkerung geben solle. «Wir schaffen das für das Jahr 2016 und haben auch noch Luft für Weiteres. Aber uns muss klar sein, dass das alles endlich ist», sagte Söder. «Es geht nicht jedes Jahr so.»

Deshalb müsse es nun dringend zu einer Begrenzung der Flüchtlingszahlen kommen, betonte Söder. Die angestrebten Transitzonen seien dazu ein Baustein. Er glaube, dass damit eine riesige Signalwirkung verbunden wäre - und nicht mehr so viele Flüchtlinge kommen. Sollte es zu keiner Begrenzung der Zuwanderung kommen, wäre das ein «Scheitern der deutschen Politik», betonte er.

Das Kabinett hatte bereits am Freitag beschlossen, dass angesichts der hohen Flüchtlingszahlen im kommenden Jahr mehr als 3700 neue Stellen in der Verwaltung, bei der Polizei, in der Justiz und an den Schulen geschaffen werden. Das Sonderprogramm ist auf mehrere Jahre angelegt. Allein 2016 hat es ein Volumen von 489 Millionen Euro.

Söder erteilte Mehrausgabenwünschen seiner Ministerkollegen, die nichts mit den hohen Flüchtlingszahlen zu tun haben, eine Absage. «Jeder Minister hat pro Monat einen neuen Wunsch», sagte er. Das müssten die Ressorts aber durch Umschichtungen selbst lösen.

Die Landtags-SPD lobte, die Investitionen in Bildung, Wohnungsbau und Arbeitsmarkt seien Schritte in die richtige Richtung - nachdem die Staatsregierung beim Wohnungsbau «viel zu lange geschlafen» habe. Die SPD werde darauf achten, dass alle angekündigten Maßnahmen auch umgesetzt werden, betonte SPD-Haushaltssprecher Volkmar Halbleib.

Die Grünen kritisierten, die zusätzlichen Ausgaben für Flüchtlinge kämen zu spät. «Erst im nächsten Jahr kann die CSU damit etwa die notwendigen Lehrerstellen schaffen und die Sprachförderung vorantreiben», erklärte Haushaltsexpertin Claudia Stamm. Einen Antrag auf einen Nachtragshaushalt für 2015, der schon in diesem Jahr zu deutlichen Verbesserungen geführt hätte, habe die CSU abgelehnt. «Mit dem unnötigen Zuwarten bis 2016 lässt die CSU-Regierung die Lage vor Ort sinnlos eskalieren», sagte Stamm. Den Schaden hätten die Kommunen, die ehrenamtlichen Helfer und auch die Flüchtlinge selbst.

Die Freien Wähler beklagten sich, dass die Haushaltszahlen erst am Dienstag dem Landtag zugeleitet worden seien. Am Donnerstag soll der Etat im Plenum beraten werden. «Die Regierung korrigiert täglich, beinahe schon stündlich ihre Zahlen, und wir sollen uns zu diesem Chaos stellvertretend für unsere Bürger äußern», kritisierte Fraktionschef Hubert Aiwanger. «So regiert man kein Land.»

dpa

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