Finanz- und Heimatminister Markus Söder geht davon aus, dass der Internetausbau am Land demnächst vorangeht Breitbandstart noch vor der Sommerpause

Heimspiel des Medienprofis: Markus Söder ist als bayerischer Finanz- und Heimatminister der mächtigste Franke in Bayern. Wie er seine fränkische Heimat stärken will, beantwortet er im Interview. Foto: Wittek Foto: red

Als gelernter Redakteur der BR ist Markus Söder ein Medienprofi: Der Bayerische Finanz- und Heimatminister nutzte seine Anwesenheit bei der evangelischen Landessynode in Bayreuth, um bei der Lokalzeitung zum Interview vorbeizuschauen. Hier sprach er darüber, wie er als Heimatminister Franken fördern, wie er das schnelle Internet aufs Land bringen will und wie es vor dem Hintergrund des Falles Uli Hoeneß mit der Steuerehrlichkeit hierzulande aussieht.

 
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Herr Finanzminister Söder, Sie sind ja auch Heimatminister. Sagen Sie uns noch mal, warum hat man denn ein Ministerium, das sich auch für ländliche Entwicklung einsetzt, in die Großstadt Nürnberg verfrachtet. Nicht, weil Sie da herkommen, oder?
Markus Söder: Nein. Warum ist das Landwirtschaftsministerium in München? Warum ist die Staatskanzlei nicht im Fichtelgebirge? Die Entscheidung hat der Ministerpräsident getroffen. Ich wurde dann mit der Aufgabe betraut. Es hat sich einfach angeboten, in die größte Stadt Nordbayerns zu gehen. Ich glaube das hat Oberfranken eine Debatte erspart, ob Hof, Bayreuth oder Bamberg besser geeignet wäre.

Also, wir dürfen froh sein, dass es in Nürnberg ist?
Söder: Es ist ein ziemlich intensiver politischer Auftrag. Beim Heimatministerium geht es nicht um Folklore oder Brauchtum, sondern um die wirklich drängende landespolitische Frage, wie wir die unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten in Bayern wieder näher zusammenbringen.

Was tun Sie eigentlich für Oberfranken als Heimatminister?
Söder: Viel. Mehr Geld für strukturschwache Gemeinden Die Breitbandförderung massiv ausbauen. Das ist eine ganz zentrale Entscheidung für die ländlichen Räume Oberfrankens. Und ein gemeinsames Konzept mit Tschechien zu entwickeln, um die Regionen Oberfranken und Böhmen wieder näher zu bringen. Und letztens: Ein besseres Regionalmarketing für ganz Oberfranken zu etablieren.

Ist das mit Tschechien bisher nur eine Idee?
Söder: Wir arbeiten daran, wie man das intelligent und effizient umsetzen kann. Da sind wir aber noch in der Projektphase.

Wie kann man das Fördergefälle Westböhmen-Oberfranken abmildern?
Söder: Das muss man mit Entwicklungsprofis bereden. Jetzt haben wir erst einmal die EU-Strukturförderung gefestigt. Trotzdem hat Oberfranken eine national einmalige Strukturherausforderung Im Norden Höchstfördergebiete in den neuen Bundesländern und im Osten das Niedriglohngebiet Tschechien. Das gibt es sonst nirgendwo.

Haben Sie sich schon mal in fast ausgestorbenen oberfränkischen Dörfern informiert?
Söder: Natürlich. Ich kenne Oberfranken. Ich bin nun wirklich frankenfreundlich.

Frankenfreundlich vielleicht, aber oberfrankenfreundlich?
Söder: Die Stabilisierungshilfen für hoch verschuldete Kommunen gehen praktisch ausschließlich in den Nord-Ostbayerischen Raum – zu über zwei Dritteln. Hundert Millionen sind ein wuchtiges Signal. Der kommunale Finanzausgleich ist in den letzten Jahren von sechs Milliarden auf acht Milliarden Euro erhöht worden. Das ist bares Geld. Das nutzt jeder Gemeinde, jedem Landkreis.

Noch mehr Geld nach Oberfranken überweisen könnte man, wenn man weniger nach Berlin überweisen würde.
Söder: Neulich hat Bayern von einer Ratingagentur eine ausgezeichnete Bewertung bekommen Triple AAA– Als einzige Schwäche des bayerischen Haushalts wurde der Länderfinanzausgleich angesehen. Dieser muss verändert werden. Bis 2019 muss es eine grundlegende Neuänderung geben. Dann nämlich läuft der Solidarpakt aus. Der Länderfinanzausgleich kann dann auf eine Summe von maximal einer Milliarde Euro reduziert werden. Parallel dazu könnte man den heutigen Soli halbieren. Mit der einen Hälfte von den 18 Milliarden Euro können Bürger steuerlich entlastet werden. Mit der anderen Hälfte können wir Strukturhilfen für die Infrastruktur gestalten.

Wann kommen neue Behördenverlagerungen?
Söder: Ich werde bis zur Sommerpause ein Konzept vorlegen. Dabei werden wir nach folgendem Muster vorgehen: Wo besteht ein besonders strukturschwacher Raum, in dem die Zentralörtlichkeit gestärkt werden muss? Außerdem fragen wir, ob eine Behörde zu der jeweils fachlichen Infrastruktur passt. Die Behördenverlagerung ist seit Monteglas Zeiten eines der ambitioniertesten Projekte der Staatsregierung.

Stichwort Breitband. Es hieß letzte Woche, nur zwei unterfränkische Gemeinden hätten bisher einen gültigen Förderbescheid, obwohl das Programm seit fünfzehn Monaten läuft. Woran liegt denn das?
Söder: Das Breitbandprogramm ist von der EU zu genehmigen. Das bisherige Verfahren hat der damalige Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) auf den Weg gebracht. Das Programm läuft ungefähr ein knappes Jahr. Derzeit sind 534 Gemeinden im Verfahren. Viele Förderbescheide werden sicher in diesem Jahr ausgestellt werden. Aber trotzdem haben wir das Verfahren grundlegend verbessert.

Warum?
Söder: Weil das Programm zu bürokratisch war. Vor allem der Einstieg ins Verfahren ist für kleine Gemeinden zu kompliziert. Zudem war die Förderung nicht auf die Vielfalt der ländlichen Räume ausgerichtet. Kleine Gemeinden mit vielen Ortsteilen waren nicht ausreichendabgebildet. Und: die Beratungsbegleitung war nicht effizient Wir haben nun die Schwachstellen analysiert und mit den Kommunen gemeinsam ein neues Programm erarbeitet. Danach haben wir die Bürokratie halbiert, die Förderung fast verdoppelt und die Beratung verstärkt. Jetzt gibt es einen Breitbandberater für jeden Landkreis aus den Vermessungs- und Breitbandämtern. Die Berater begleiten die Bürgermeister von der Antragsstellung bis zum Genehmigungsbescheid. Die Fördersumme wird bis auf eine Million Euro je Kommune erhöht. Bisher waren es maximal nur 500 000 Euro. Und die Differenzierung erfolgt so, dass Gemeinden mit vielen Ortsteilgemeinden besondere Zuschläge erhalten.

Wann kann das „Go“ dann kommen?
Söder: Ich hoffe vor der Sommerpause. Bis 2018 ist unser Ziel, dass wir in jeder Gemeinde eine Ausfahrt an der Datenautobahn haben. Ergänzt werden muss das aber durch ein Bundesprogramm. Der Bund muss auch Geld geben. Zudem muss der Bund die Regulation ändern. Das Grundproblem ist nämlich: Wir haben in München bis zu 100 Megabit ausgebaut und in Warmensteinach deutlich weniger. Warum? Weil es sich für die Telekommunikationsfirmen schlicht und einfach nicht lohnt. Da müssen die entsprechenden Anreize gesetzt werden. Hier muss Bundesminister Alexander Dobrindt jetzt einen Vorschlag machen. Wir wollen von zwei Seiten kommen: Die Bundesseite verbessert die Rahmenbedingungen und wir erhöhen das Programm auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro in Bayern. Wir entschärfen die Bürokratie und führen den telekommunikationsmäßig unerfahrenen Bürgermeister durch das Verfahren. Für Oberfranken ist das eine zentrale Schlüsselfrage.

Wie helfen Sie da: Eine Kleinstadt, zwölf Millionen Schulden Euro, neun Millionen Euro bedingt durch die Pflichtaufgabe Kanalbau, kann die Kofinanzierung fürs schnelle Internet nicht stemmen?
Söder: Wir haben eine Förderung bis zu 90 Prozent und maximal 1 Million Euro.

Aber wenn eine Kommune gar nichts mehr ausgeben darf?
Söder: Wir haben die Stabilisierungsmittel ja noch mal neu gewichtet. Das Stabilisierungsgeld ist nicht nur zur Entschuldung da, sondern kann auch für Investitionen geöffnet werden. Grundlage ist aber immer ein Konsolidierungskonzept. Wir haben dafür 100 Millionen Euro im Jahr vorgesehen. Das ist schon ein wuchtiger Betrag. Zwei Drittel von dem gesamt bayerischen Geld fließen nach Nord-Ostbayern. Das meiste in den Landkreis Hof, den Landkreis Wunsiedel und den nördlichen Landkreis Bayreuth.

Wie soll das Regionalmarketing verbessert werden?
Söder: Wir brauchen ein bayerisches Konzept, in dem auch Franken stärker berücksichtigt wird. Dabei gilt es nicht nur oberbayerische Berge zu bewerben, sondern auch die fränkischen Landschaften. Auch wollen wir das Regionalmarketing besser ausrichten auf die Stärken des nordbayerischen Raums.

Vom Heimatministerium?
Söder: Ja. Aus meiner Sicht können wir da mehr machen. Ich fand die Hochfranken-Idee eine gute Sache. Leider neigen wir Franken dazu, unser Licht unter den Scheffel zu stellen. Wir müssen versuchen positiver zu denken.

Gibt es Überlegungen, Filmprojekte nach Oberfranken zu holen?
Söder: Da eignen sich ja unsere historischen Bauten dazu. Die werden immer wieder gerne genommen. Ich bin übrigens der Finanzminister, der im Rahmen der Schlösserverwaltung massiv in in den nordbayerischen Raum investiert. Würzburg, Aschaffenburg, Markgräfliches Opernhaus Bayreuth oder die Residenz in Bamberg.

Steuergerechtigkeit ist heißes Thema, ist das Urteil in Ordnung gegen Uli Hoeneß?
Söder: Es ist eine Entscheidung der Justiz. Urteilsbewertungen dürfen andere machen. Was wir aber grundlegend erarbeitet haben: Wir bauen die Steuerverwaltung weiter aus. Seit ich Finanzminister bin, haben wir über 1500 neue Stellen geschaffen, bei der Steuerfahndung sogar ein plus von 15 Prozent. Wir haben eine Sondereinheit gebildet, unser Steuer-FBI. Dort arbeiten über hundert Leute, die schweren Internetsteuer- und Umsatzsteuerbetrug angehen. Parallel sind wir Schrittmacher dabei gewesen, die Selbstanzeige zu verschärfen. Jetzt wird die Verjährungsfrist verlängert, der Berichtigungszeitraum verdoppelt und die Strafzuschläge massiv erhöht. Das erschwert die Selbstanzeige.

Was noch?
Söder: Mittelständische Unternehmen haben häufig Probleme bei der Auslegung steuerlicher Fragen. Viele Selbstanzeigen sind nicht etwa die großen Schweizer Beispiele, sondern mittelständische Unternehmen, die nachträglich mit einer Selbstanzeige kleine Fehler lösen. Deswegen erhalten wir das Instrument der Selbstanzeige schon. Aber wir verschärfen sie gleichzeitig massiv. Die Selbstanzeige hat generell an Attraktivität zugenommen durch das Scheitern des Schweizer Steuerabkommens. Doch auf lange Sicht muss man sehen, dass die Steueroasen in Europa austrocknen. Somit wird der Verkauf von Daten-CDs und Selbstanzeigen mit der Zeit deutlich abnehmen.

Was sagen Sie zur Meinung: Steuerhinterziehung sei doch Volkssport?
Söder: Das ist eine sehr ungesunde Sportart und hat auch Konsequenzen. Da darf sich keiner Illusionen hingeben. Meine Mutter hat immer gesagt: Leg dich nie mit dem Finanzamt an.

Sie sagen also, die Steuerehrlichkeit der Bayern ist in Ordnung?
Söder: Ja. Im Großen und Ganzen schon.

Wie oft muss ein Mittelständler damit rechnen, dass er geprüft wird?
Söder: Die großen Betriebe werden lückenlos geprüft. Da ist praktisch ein Betriebsprüfer auf dem Gelände. Aber wir wollen nicht jeden kleinen Friseur oder Handwerksbetrieb mit Bürokratie überziehen und kriminalisieren. Aber auch dort wird regelmäßig geprüft.

Funktionieren Steuerschlupflöcher?
Söder: Immer weniger. Wir haben ein internationales Steuerzentrum gegründet für mittelständischen Unternehmen in Bayern. Nehmen wir an, jemand hat ein Unternehmen in Bayreuth und ein Zweigwerk in Italien. Um zu verhindern, dass es eine Doppelbesteuerung gibt oder ein Steuerschlupfloch genutzt wird, muss normalerweise das Finanzamt hier über das Landesamt für Steuern und das Bundesfinanzministerium ans Finanzministerium in Rom bis zum örtlichen Finanzamt in Italien gehen. Wir haben das jetzt neu geregelt so dass die Finanzämter direkt miteinander arbeiten können. Wir schließen Abkommen mit den jeweiligen Regionen, um mehr Steuerehrlichkeit und mehr Steuereffizienz zu haben.

Können Sie sich vorstellen, dass es in Bayern mal eine schwarz-grüne Regierung gibt?
Söder: Ich habe eine ganz klare Koalitionspräferenz in Bayern: Schwarz mit Schwarz also eine absolute Mehrheit. Aber darum geht es nicht. Es kommt darauf an, dass wir ordentlich regieren. Am Schluss entscheiden die Menschen, ob sie die Arbeit positiv bewerten oder nicht.

Sagen Sie, mit den Grünen, das geht nicht?
Söder: Eigentlich hatte ich gedacht, dass die Grünen einen Sprung machen nach der Energiewende. Doch die Grünen haben sich nicht getraut. Im Ergebnis bleiben die Funktionäre der Grünen in ihrer Mehrzahl einfach lieber in der linken Wohlfühlecke.

Wird die große Koalition in Berlin vier Jahre durchhalten?
Söder: Das glaub ich schon. Aber die SPD wird versuchen in der Zwischenzeit die Ausfahrt nach links vorzubereiten. Wenn es rechnerisch eine Option gibt, ist Rot-Rot-Grün dann wahrscheinlicher denn je. Wir werden in diesem Jahr schon einen Probelauf sehen. Wir haben Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. Gerade in Thüringen wird es spannend zu sehen sein, ob ein Ministerpräsident der Linken gewählt wird mit Unterstützung der SPD.

Das Interview führten Elmar Schatz, Peter Rauscher, Michael Weiser, Florian Zinnecker und Peter Engelbrecht.

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