Feiertagszahnpastablues

Von Volker Strübing
 Foto: red

Also das war so: Ich brauchte Zahnpasta. An sich nichts Ungewöhnliches. Nun hatte ich aber die absurde Idee, diese in einer Drogerie zu kaufen.

 
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„Ja, natürlich, haben wir Zahnpasta“, erklärte mir stolz die Verkäuferin, die ich nach dem gesuchten Produkt fragte, nachdem ich dreimal komplett und erfolglos durch die mit „Drogerieartikel“ bezeichnete Etage des dreistöckigen Marktes gerannt war. Aber dazu müsse ich nach dort hinten gehen, dann die Treppe rauf und dann bis ganz nach vorne zurück und dort sei die Zahnpasta.

Und tatsächlich, nachdem ich die Treppe erklommen und mich an Schreibwaren, Spielzeug, Sexspielzeug, Tiernahrung, Parfüms, Schokolade usw. usf. vorbeigequält hatte, fand ich tatsächlich das Zahnpastaregal. Und machte ohne Zahnpasta wieder kehrt. Was dachten sich diese Leute eigentlich? Wahrscheinlich: „Okay, lasst uns die Sachen, die man in einer Drogerie am häufigsten sucht, soweit hinten wie möglich verstecken! Bestimmt nehmen die Leute dann gleich noch einen Vibrator und eine Stiege Köllnisch Wasser mit!“

Ich wurde von Trotz und Boykottwillen erfasst. Bis morgen würde meine Zahnpasta schon noch reichen, und morgen würde ich mir einen netten kleinen familiengeführten Zahnpastaladen suchen, ihn durch meinen Einkauf unterstützen und die Welt zu einem besseren Ort machen. Guter Plan. Doch „morgen“ war leider am Donnerstag und daher Feiertag. Dauernd wird man als feiertagsungewohnter, noch dazu freiberuflicher und nichtchristlicher Berliner in Bayern hinterrücks von einem Feiertag überrascht und steht dann ohne Zahnpasta da, weil man die Welt retten wollte!

Was zum Teufel ist überhaupt ein Fronleichnam? Wünscht man sich da gegenseitig einen „froh'n Leichnam“? Ist das was mit Jesus oder mit Maria? Eine kurze Recherche (aka Google-Suchanfrage) ergab, dass Fronleichnam nichts mit Leichen zu tun und keinerlei direkt Bezug zu einem biblischen Ereignis hat. Das haben sich einfach ein paar Leute ausgedacht. Und Papst Urban IV. erklärte es dann zum offiziellen Kirchenfest, damit „das fromme Volk sich beeifern wird, in großer Menge in unsere Kirchen zu eilen“ – Fronleichnam ist nichts als eine Marketingaktion!

Die übrigens genauso fehlschlug wie der Versuch der Drogeriekette, mich zum Kauf von Sexspielzeug und Pistazien-Chili-Gurken-Schokolade zu bewegen: Statt in die Kirche strömten die Leute in mein Stadtschreiberbüro (das offiziell als Café firmiert), und beeiferten sich dort zu brunchen, als hätte ich nichts zu tun und bräuchte nicht meine Ruhe.

Mit der Zahnpasta hat es dann zum Glück doch noch geklappt. Am Abend hatte ich eine Verabredung in Nürnberg – und fand dort eine geöffnete Filiale der selben Drogeriekette! Na, frohen Leichnam auch! Ich hab dann gleich noch einen ferngesteuerten Hubschrauber, einen Satz Liebeskugeln und die DVD mit der kompletten ersten Staffel von „Ein Engel auf Erden“ gekauft. Wenn ich eh schon dran vorbeilaufen musste …

INFO: Im Jean-Paul-Jubiläumsjahr wirft Volker Strübing als Bayreuther Stadtschreiber einen Blick auf Bayreuth und Jean Paul. Zu lesen sind seine Eindrücke in seinem Blog Bayreuther Tagebuch und immer samstags im Kurier.

Foto: Strübing

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