Faust-Festspiele "Theater voller Energie"

"Man muss so gut sein, dass den Leuten das Wetter wurscht ist": Daniel Leistner bei der Eröffnung seiner ersten Faus-Festspiele in Pegnitz. Foto: Hans von Draminski Foto: Veröffentlichung nur nach vorheriger Vereinbarung

PEGNITZ. Er ist der Mann hinter den Faust-Festspielen, arbeitet am liebsten mit Klassikern und hat nach 20 Jahren in Kronach in Pegnitz ganz von vorne angefangen. Daniel Leistners wichtige erste Saison war verregnet, diesmal hofft Leistner auf besseres Wetter und darauf, die kritische Marke von 6000 Zuschauern zu erreichen. Über seine Erfahrungen in Pegnitz, über Querelen und über seine Hoffnungen für die neue Saison sprachen wir mit Leistner, der zuvor aber nochmal ganz schnell auf die andere Straßenseite wechseln musste - er hatte dort einen Ford Mustang entdeckt, sein Wunschauto.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Nach den Wasserschlachten des vergangenen Jahres - wie versuchen Sie heuer Petrus zu bestechen?

Daniel Leistner (lacht): Das geht nicht, Wetter ist Wetter, da kann man nichts machen. Man muss so gut sein, so gute Produktionen zeigen, dass dem Zuschauer das Wetter wurscht ist. Die Mund-zu-Mund-Propaganda, die Begeisterung der Zuschauer – die müssen das Wetter besiegen. Das gehört zum Freilichttheater auch dazu. Diesmal schaut es gut aus, ich hoffe nur, dass sich das Wetter bislang nicht verschwendet hat, mit diesem super heißen Mai. Hoffentlich war's das noch nicht mit der Sonne.

Was geht einem durch den Kopf, wenn einem die Saison förmlich absäuft?

Leistner: Ich mach den Job mit dem Freilichttheater seit 1995. Man ist abgehärtet, man nimmt es eigentlich beim Spielen gar nicht mehr wahr. Man ärgert sich, könnte eine bessere Abendkasse haben, aber - Wetter ist Wetter. Man hat die richtige Kleidung hinter der Bühne, man weiß schon, wie man sich zu verhalten hat. Wenn's gar nicht mehr aufhört, wenn's wie beim „Faust“ nur noch acht Grad hat - dann drückt's ein wenig aufs Gemüt. Aber wenn ich so zurückblicke: an so viele stabile heiße Sommer kann ich mich gar nicht erinnern. Ich hab's also gar nicht so stark wahrgenommen wie die anderen, ich bin da schon ein bisschen abgestumpft.

Ein sonniges Gemüt eben.

Leistner: Ja, vielleicht ein bisschen mehr als andere.

"Es war unterhaltsamer, als viele gedacht hätten."

Wie waren denn die Folgen für die Bilanz? Eigentlich wären Sie darauf angewiesen gewesen, dass gleich die erste Saison wie Bombe zündet.

Leistner: Es waren zu wenige Leute, die von der Bombe rumerzählen hätten können. Es hat eingeschlagen, wir mussten aber schließlich auch erst mal zeigen, was wir da überhaupt machen. Die Leute in Pegnitz wussten teilweise nicht, was die die Faust-Festspiele sind, die dachten da an ein kleines Möchtegernspektakel, aber dass da 500 Sitzplätze sind, richtige Tribünen, eine dreißig Meter breite Bühne – daran hätte niemand gedacht. Wir sind also immer noch im Vorstellungsmodus, wir müssen noch sagen: hallo, wir sind hier. Ja, die Leute müssen uns wahrnehmen, und da hat uns das Wetter reingefunkt. Wir haben positive Rückmeldungen gekommen, viele sind auf Grund von Mund-zu-Mund-Propaganda gekommen, die hatten gehört, es sei unterhaltsamer als viele gedacht hatten. Eine überschaubare Länge von eineinhalb Stunden, Theater, in dem man alles versteht, das ausgelassen und fröhlich ist. Auch das musste sich erst rumsprechen, dass die Faustfestspiele ein Theater voller Energie sind. Ich treibe meine Leute an. Klar, die sollen sich auch mal zurücknehmen, wo es nötig ist, aber ich verlange, dass ein Schauspieler mehr macht als Dienst nach Vorschrift. Da kann man manchmal mit Laien mehr erreichen. Dieser Wille, dieses Wollen, auch ehrenamtlich etwas fürs Theater zu machen, ist da – das hat kurzum ganz gut funktioniert letztes Jahr. Unser Bilanz fiel so aus: 4000 Leute kamen, 6000 hätte ich gebraucht. Es gab aber auch Leute, die hatten uns nur 400 Zuschauer prophezeit.

Sind Sie optimistisch, dass Sie den Durchbruch heuer schaffen?

Leistner: Durchbruch – das ist schlecht zu definieren. Ich erwarte, dass mehr Leute kommen als letztes Jahr. Ich habe jedenfalls eine Menge Rückmeldungen von Leuten, die gesagt haben, wir kommen wieder. Jetzt biete ich dieses Jahr „Faust“, eine Tragödie, es hat sich rumgesprochen, dass das gut ist. Und jetzt wage ich es, eine zweite Tragödie dazuzunehmen. Das ist das Programm der Festspiele: Klassiker nah am Publikum zu zeigen. Ich möchte zeigen, was wir können, die zwei Pole unseres Schaffens präsentieren: Eine anarchistische Komödie, die derb lustig ist, auf der einen Seite und am entgegengesetzten Ende der Bandbreite – die berühmteste Tragödie der Welt. Da will ich zeigen, was wir auf die Beine stellen können. Es werden beide unterhaltsam sein und die Leute fesseln. Das Selbstvertrauen habe ich. Wenn 6000 Leute kommen würden, dann wäre die Zukunft gesichert. Wir tun ohnehin eine Menge auch im Marketing dafür, bekannter zu werden. Wir arbeiten jetzt mit einer Firma zusammen, die Nürnberg, Fürth und Erlangen bewirbt, also an bestimmten Stellen Folder auslegt und plakatiert. Ein Glücksfall ist unsere Zusammenarbeit mit einem Bayreuther Call-Center, einem Sponsor von uns. Communicall betreibt für die Festspiele professionelle Akquise von Reisebussen und hilft auch bei der Suche nach Sponsoren.  

"Räuber und Rammstein -- ein Riesending"

Dann könnten Sie ja vielleicht doch irgendwann ihren Mustang fahren...

Leistner: Ich hab nach dem Ende der Faustfestspiele in Kronach – die wollten ein anderes Konzept, weg von den Klassikern, und ich gestehe, dass ich das nicht wollte – ein Angebot von interessierten Bürgern aus Pegnitz bekommen. Wir haben ein Gelände, sagten die, wir müssen nur von vorne aufbauen. Wenn man 50 Jahre alt ist, dann schreibt man sonst vielleicht ein paar Bewerbungen, schaut sich um nach ein paar freien Regiearbeiten. Dann ist vielleicht kein Mustang drin, aber es reicht zum Leben. Oder man geht nochmal ins Risiko. Und diese Festspiele mit meinem Konzept weiterzuführen – das fand ich eine faszinierende Idee. Dann habe ich den Schlossberg gesehen – boah, ein Bombengelände. Ein Festspielgelände mit Biergarten daneben. Schon in der ersten Sekunde habe ich gesehen, dass das geht. Es gibt Theatermacher, die würden sich die Finger abschlecken, wenn sie mal einen Klassiker inszenieren könnten. Ich habe in Pegnitz die Chance, das noch mal zu machen, in einem Paradies, in dem ich fast nur Klassiker mache. Die „Räuber“ mit der Musik von Rammstein – das war in Kronach ein Riesending. Und das kann ich jetzt nochmal machen.

Wenn Ihnen Pegnitz treu bleibt. Sie erfuhren jede Menge Gegenwind in der ersten Saison.

Leistner: Die erste Saison war geprägt von Überzeugungsarbeit. Jetzt müssen wir noch mehr Menschen erreichen, die die Kunde raustragen. Die Stadt hatte ein Defizit von 16000 Euro zu tragen. Und das ist eigentlich kein schlechter Preis dafür, Festspielstadt zu werden. Ich produziere ja günstig. Dazu brauchst du Ehrenamtliche, aber auch da sind mehr da als vergangenes Jahr. Und die Stadt hat was davon. Wenn du Festspiele hast, wenn Busse kommen, wenn dein Bekanntheitsgrad steigt – dann sind das Vorteile. Ich hoffe, dass wir dieses Jahr die Stadt nicht belasten werden, damit dieses Politische wegfällt. 6000 Zuschauer: Wenn die in die Welt raustragen, dass die Festspiele groß sind, unterhaltsam und eine Bereicherung – das wäre Klasse.

"Plötzlich öffnen sich Möglichkeiten"

Wie aber erklären Sie sich die Querelen zum Auftakt?

Leistner: Ja, es war schwierig, über Facebook können halt auch ein paar Leute riesig Wind machen. Es gab auch Streit im Stadtrat – aber ich glaube, das haben wir überwunden. Jetzt haben wir eine gute Wirtin auf dem Biergarten, die macht voll mit. Die betreibst das ASV-Sportheim, ist eine Frau des Volkes, und sie macht Werbung bei ihrer Klientel. Vielleicht kommt ja auch der eine oder andere Besucher aus dem Sportheim da rauf zum Schlossberg. Und kürzlich habe ich da festgestellt, dass die eine Bühne haben. Toll, sagte ich und hatte gleich einen Einfall. Im Herbst werden wir jedenfalls dort die Werkbühne Pegnitz/die Studiobühne der Faustfestspiele machen.

Sie mussten dicke Bretter bohren. Kann jetzt ein Möbelstück daraus werden?

Leistner: Ja, das ist richtig, Es waren viele Zufälle dabei, zum Beispiel, dass die Frau den Biergarten übernommen hat, dass die so nett ist, dass das so gut läuft. Plötzlich öffnen sich viele Möglichkeiten. So kann es weitergehen.

Das Gespräch führte Michael Weiser

Autor

Bilder