Hersteller von Spezialitäten sind unzufrieden
Doch es gibt auch Kritik. Zum Beispiel aus den französischen Pyrenäen. Dort leben viele Landwirte, die Spezialitäten herstellen. In der Region Bigorre etwa werden die berühmten schwarzen Schweine gezüchtet. Bei Nutri-Score würden die Fleischprodukte aber im roten Bereich eingeordnet. Ein ähnliches Problem gibt es bei Käsesorten wie dem Pélardon oder auch Olivenöl. Viele von ihnen tragen das begehrte AOP-Siegel („Appelation d´Origine Protégée“), das Produkte von besonderer Güte kennzeichnet.
Lesen Sie aus unserem Angebot: Kommentar: Sinnvolle Entscheidungshilfe
„Nutri-Score wurde entwickelt, um Hersteller zu ermutigen, den Nährwert von verarbeiteten Produkten zu verbessern“, erklärt Pierre Ginebre, Direktor eines Instituts, das die Qualität der AOP-Produkte in der Region am Fuße der Pyrenäen überwacht. Das Logo könne auf Schokoriegel, Limonaden oder Fertigprodukte angewendet werden. „Ein Bigorre-Schinken ist nur Schweinefleisch, Salz und Pfeffer, ein Rezept voller Geschichte, das aber durch diese Bewertung abgewertet wird“, sagt Ginebre. Die Hersteller von AOP-Produkten fordern, dass ihre Lebensmittel von der Bewertung ausgenommen werden.
Gütesiegeln können auch verwirren
Serge Hercberg kennt diese Schwäche von Nutri-Score sehr genau. Der Professor ist einer der Entwickler der Lebensmittelampel. Trotzdem überwiege der Nutzen die Nachteile. Der Druck der Zivilgesellschaft könne so auch multinationale Unternehmen dazu bringen, ihre Produkte gesünder zu machen – was sie sonst nicht getan hätten.
Die Supermarktkette Intermarché hat 2019 ein „Franco-Score“ eingeführt. Inzwischen gibt es auch die Umweltkennzeichnung Eco-Score. Doch nicht nur die Macher von Nutri-Score befürchten nun, dass die Inflation von Gütesiegeln die Verbraucher verwirrt und eine eigentlich gute Idee am Ende entwertet werden könnte.