Familie Wittauer aus Weidenberg wohnt in einem intelligenten Haus Das intelligente Haus von Weidenberg

Von Katharina Wojczenko

Mein Kühlschrank spricht mit dem Toaster, und mit dem Tablet bediene ich die Waschmaschine - theoretisch ist das möglich. Werner Wittauer aus Weidenberg wohnt seit knapp zwei Jahren mit seiner Familie in einem teilautomatisierten, intelligenten Haus. Langsam versteht das Haus sie.

 
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Werner Wittauer (38) hatte schon immer ein Faible für Technik. Aber vor allem wollten seine Lebensgefährtin und er eines: beim Aufwachen den Sonnenaufgang sehen. Deshalb muss ihr Haus mitdenken. Ein Besuch in Weidenberg, Ortsteil Flurhof.

Das Haus: ist eine bauliche Herausforderung. Wittauers Elternhaus ist ein Bauernhof, erbaut 1860. Er hat ihn entkernt und 2013 am den Sandstein-Altbau einen Neubau gesetzt. Das Herzstück ist eine riesige Glasfront, die sich über zwei Stockwerke zieht. Im Erdgeschoss ist der Wohn-/Essbereich. Im ersten Stock das Schlafzimmer. Davor liegt dank Glasfront unverstellt der Ausblick, für den die Familie die ganze Technik ursprünglich braucht: Himmel, blühende Bäume, Weiden, auf denen Heidschnucken grasen. Sonnenaufgang.

Das kann das Haus: So viel Glasfront braucht Verschattung. Ohne die Jalousien würden an Sonnentagen in einer halben Stunde drinnen 35 Grad herrschen. Ein Sturm würde sie zerfetzen. Damit die Bewohner nicht permanent danebenstehen und kurbeln müssen, fahren die Jalousien je nach Witterung automatisch hoch und runter. Dafür ist auf dem Hauseck eine Wetterstation, die Temperatur, Licht- und Windstärke sowie Niederschlag misst. Bei Regen schließen sich automatisch die Dachfenster. Auch Lichtquellen und Heizung sind zentral gesteuert. Reißt jemand das Fenster auf, erkennt das der Sensor der Heizung und sie schaltet sich ab. Die Einzelteile kommunizieren kabellos. Aufs Dach kommt noch eine Photovoltaikanlage. Das Haus entscheidet dann je nach Marktpreis, ob es den Strom aus der Anlage nutzt oder ins Netz einspeist.

Das Hirn: Es steckt in einem mannsgroßen Schaltschrank voller Kabel und blinkender LEDs. Das entscheidende Teil ist gerade einmal fingerlang. Auf dem Chip ist alles gespeichert, was Wittauer und seine Familie der Anlage mit Hilfe eines Fachmanns mühevoll beigebracht haben. „Eine Steuerung reinsetzen und ohne konkrete Vorgaben programmieren lassen geht nicht“, sagt Wittauer. „Dann machen die Dinge Sachen, die Sie gar nicht wollen.“ Von wegen intelligentes Heim: „So ein Programm ist ganz stupide.“

Das können die Bewohner: Heizung, Fenster und Lichtschalter per Fernsteuerung bedienen – das geht über eine App auf dem Smartphone. Wenn es regnet, kann man die Fenster per Schalter nicht öffnen. Dann müsste Wittauer zum Smartphone greifen. Er kann auch vom Sofa aus das Licht im Schlafzimmer ausschalten oder von unterwegs schauen, wie das Wetter daheim ist – und den Nachbarn Bescheid geben, wenn es dem Zitronenbaum draußen zu kalt wird. In dem Haus sind auch die Büros von Wittauers Institut. Die Mitarbeiter können nur das Licht ein- und ausschalten, nicht die Heizung. „Wenn alles funktioniert, merken sie nichts von der Technik.“

Warum das Ganze? Wegen des Sonnenaufgangs. Aus Neugier. „Ich probiere das aus, um ein Gefühl dafür zu entwickeln“, sagt Wittauer. Das ist für ihn auch beruflich wichtig. Wittauer hat BWL studiert. Beim Praxissemester ist seine Technikbegeisterung mit ihm durchgegangen. Nach dem Studium hat er an der Uni Bayreuth eine Fachwirt-Ausbildung für Gebäude- und Facilitymanagement entwickelt. Heute vertreibt er die Weiterbildung bundesweit für die Handwerkskammern mit seinem Institut. Derzeit entwickelt er einen Fachwirt für Gebäudeautomation.

Weitere Vorteile:Energie sparen. Vor dem Umbau brauchten sie für 230 Quadratmeter Wohnfläche 2000 Liter Heizöl im Jahr. Jetzt sind es für 370 Quadratmeter 400 Liter weniger, weil im Winter die Sonne den Glaskasten beheizt. „Die alte Sandsteinwand fungiert als Wärmespeicher“, hat Wittauer gelernt. Die Sensoren an Fenstern und Türen lassen sich als Alarmanlage nutzen, die ihr Signal aufs Handy schickt.

Die Tücken der Technik: Sie ist erst einmal dumm und macht nicht, was sie soll. Ein Beispiel: Wenn die Temperatur drinnen einen bestimmte Grenze unterschreitet, springt die Heizung an. Wenn es zu warm wird, verschatten sich die Fenster. Im ersten Sommer schaltete sich die Heizung an, sobald die Sonne in den Glaskasten schien. Zwei, drei Monate war Schwitzen angesagt, bis ein Fachmann den Fehler in der Programmierung gefunden hatte. Wittauer sieht zudem eine Gefahr: „Es kann der Tag kommen, an dem sich Einbrecher in die Haustechnik hacken und keine Spuren mehr hinterlassen.“

Warum der Kühlschrank dumm bleibt: Weil er sonst die Bewohner einschränken würde, sagt Wittauer. Wenn der Kühlschrank zum Beispiel selbstständig Milch nachbestellen soll, muss die Milch immer am selben Ort stehen, damit der Kühlschrank weiß, wenn sie aus ist. Und der Kühlschrank weiß nicht, wann Besuch kommt und mehr Milch nötig ist. Und wenn der die Milch an den falschen Platz stellt, bestellt der Kühlschrank munter weiter.

So viel kostet es: Schwer zu sagen. Wittauer hat einen Altbau saniert und einen Neubau drangesetzt. Am Material wollten er und seine Lebensgefährtin nicht sparen. Was er aber sagen kann: „Allein die Elektrotechnik in Verbindung mit der Hausautomation kostet doppelt so viel wie eine normale elektrotechnische Ausstattung.“ Hinzu kommen Kosten für besondere Bauteile wie die Jalousien.

Werden alle Häuser smart? Wittauer geht davon aus, dass es mindestens noch zehn Jahre dauert, bis die Technik beim normalen Häuslebauer eine Rolle spielt. Das liegt seiner Meinung nach auch an den Architekten und Handwerkern. „Kaum einer kennt sich mit der Technik aus“, sagt Wittauer. Für ein Smart Home müsse man vorab viel mehr planen, alle Firmen, die auf der Baustelle sind, müssten ständig in Kontakt sein. Und die Bewohner sollten vorher genau wissen, wo sie von welchem Sonnenstrahl geweckt werden wollen.

Das sagen die Bayreuther Innungsobermeister:

Bernd Zeilmann, Elektro- und Informationstechnik:

"Smart Homes sind sehr gefragt und in Zukunft wird keiner daran vorbeikommen. Das Problem: Es gibt dafür keinen Standard, sondern viele Anbieter. Das macht es kompliziert für Bauherren. Bei Gewerbeneubauten ist diese Technik mittlerweile Standard. In Privathäusern haben etwa 50 Prozent der Neubauten schon eine licht- und zeitabhängige Rollo-Steuerung, schätze ich. Mit der KNX-Steuerung, also der Mercedes, über den sich die gesamte Technik steuern lässt, werden derzeit etwa 40 Prozent der Neubauten in der Region ausgestattet. In unserer Innung können das fast alle einbauen. Nur hat jeder seine bestimmten Lieferanten und macht nicht jedes System. Wirtschaftlich interessant wird das Smart Home, wenn es mit Smart Metering verknüpft wird, also intelligenten Zählern. Durch die Vernetzung von Stromzähler, PV-Anlage und Batteriespeicher wird der Strom nur vom Netz bezogen, wenn er günstig ist. Achtung: Nicht alles, was auf dem Markt ist, ist sinnvoll. Weil Elektronikprodukte kurzlebig sind, kann es schnell zu Fehlinvestitionen kommen. Beratung ist wichtig."

Peter Engelbrecht, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik:

"In meinem Bereich ist die Nachfrage noch gering. Zum Teil ist es den Leuten zu teuer. 2000 bis 5000 Euro mehr muss man schon rechnen bei der Heizungsanlage. Etwa jeder fünfte interessiert sich dafür. Viele lassen ihr Haus nur darauf vorbereiten, legen entsprechende Kabel, damit sie nachlegen können, wenn sie das Geld dazu haben. Die Leitungen, um zum Beispiel vom Wohnzimmer aus die Heizung zu überwachen, verlegen teils auch Elektrofirmen. Wichtig ist, dass sich Heizungsbauer und Elektriker früh genug absprechen. Nachrüstung ist schwierig. Um mit der Anlage richtig Energie zu sparen, muss man ein Profi sein. Wer die Heizung ausschaltet, während er im Büro ist, und hochdreht, bevor er heimfährt, spart nicht viel. Denn die Wohnung kühlt tagsüber aus. Viele Funktionen sind eher eine Spielerei, das ist wie bei den modernen Autos: Wenn Sie in den Urlaub fahren, schalten Sie sowieso die Heizung aus. Für ältere Menschen, die nicht mehr so beweglich sind, wird die Technik attraktiver."

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