Fahrbares Glück - vor allem für Männer

Von Andrea Pauly
Karsten Schmidt verkauft im Autohaus Isert Maserati und Ferrari. Das Modell im Bild ist gebraucht und für 177.000 Euro zu bekommen. Foto: Andrea Pauly Foto: red

Egal, ob es angeboren ist oder nicht, Fakt ist: Schon als Kleinkinder finden manche Jungs Sportwagen faszinierend. Mit dem Alter lässt das bei manchen Herren nicht nach. Es gibt Männer, für die gilt: Je mehr PS, desto mehr Glück. Die Erfahrung hat Karsten Schmidt gemacht. Er verkauft Ferraris. Doch Geld allein reicht nicht, um eine der Luxuskarossen zu bekommen. Es braucht auch ein bisschen Glück.

 
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Schmidt verkauft seit 30 Jahren Autos, zuerst Audi, seit 2003 Ferrari im Autohaus Isert in Bayreuth. Wer bei dem 52-Jährigen einen Ferrari kauft, erfüllt sich einen Traum - ganz besonders, wenn es der erste ist. "Die Kunden sind dann total begeistert. Da gibt es diesen Wow-Effekt." Schon das Betreten des Schauraums sei etwas Besonderes. "Ich habe Porsche-Fahrer erlebt, die Geschäftsführer sind, und die eine Art Hemmschwelle haben, hier reinzukommen. Ferrari war schon immer etwas fast Unerreichbares."

Was sagt wohl der Nachbar?

Damit sei auch ein gewisser Zweifel verbunden: Was sagen die Nachbarn, die Angestellten? "Es gibt Kunden, die würden gerne einen Ferrari kaufen und könnten es sich auch leisten. Sie kaufen aber einen Porsche, weil sie zu viel Angst vor den Reaktionen haben." Schließlich sind das Autos, die den Wert eines Einfamilienhauses haben.

Zwei Jahre Wartezeit

Die meisten Kunden, die einen Ferrari kaufen wollen, haben genaue Vorstellungen bezüglich Kosten und Farbe. "Wenn sie einen neuen haben wollen, muss ich ihnen sagen, dass wir bis zu zwei Jahre Lieferzeit haben", sagt Schmidt. "Dann sind die meisten enttäuscht, weil sie das von anderen Marken nicht kennen." Aber bei Ferrari gibt es keinen Neuwagenverkauf. Wer sofort einen haben will, muss einen gebrauchten kaufen.

Bei 65.000 Euro geht es los

Ein gebrauchter Ferrari beginnt bei 65.000 Euro. Neue Modelle können bis in die Millionen gehen. Und selbst wenn das Geld vorhanden ist, bekommt noch lange nicht jeder einen. Denn die Wagen sind limitiert, man kann oft nur eine Option unterschreiben - und dann kann es passieren, dass das Modell vergriffen ist. So garantiert Ferrari, dass die Wagen etwas Besonderes bleiben. "Wenn man Geld hat, erschrickt man, wenn man etwas haben will und der Verkäufer sagt, dass man es leider nicht kriegt."

Die Details müssen stimmen

Oft spürt der Autoverkäufer, dass die sonst so erfolgreichen Käufer etwas unsicher sind. "Erst im Gespräch tauen sie auf, erzählen was sie wollen und wie sie im Schaufenster geguckt haben." Ferrari-Käufer sind oft gut informiert, wenn sie kommen. "Aber das zeigen nicht alle. Sie wollen immer noch beraten werden. Das ist kein normaler Kauf, sondern ein Erlebniskauf." Manchmal hängt der ganze Traum an Kleinigkeiten wie der Farbe der Nähte oder Sportsitzen, sagt Karsten Schmidt. "Bei einem 250.000 Euro-Auto müssen die Details stimmen."

Ferrari-Fahrer brauchen Glück

Für ihn ist klar: Ein Ferrari hat viel mit Glück zu tun. "Wer von Geburt an immer Pech hat, und solche Menschen gibt es, der wird nie in den Genuss kommen, ein solches Auto zu fahren. Ohne Glück geht das nicht." Egal ob es um eine Partnerschaft, um die Finanzen oder die Erfüllung von Träumen gehe,  "ohne Glück und den richtigen Zeitpunkt funktioniert das alles nicht. Was, wenn ich 105 Jahre alt bin und mir dann wegen einer Erbschaft einen Ferrari leisten, ihn aber nicht mehr fahren könnte?"

Geschwindigkeit, Männlichkeit, Status, Angeben

Und er ist sicher: Ein Ferrari macht seinen Besitzer glücklich. "Da geht es um Geschwindigkeit. Dieses Auto steht für Männlichkeit und ist ein Statussymbol. Ein bisschen Angeber steckt in jedem Mann, das Alphatier heraushängen lassen, zu zeigen: ich bin besser als andere." In den 13 Jahren hat Karsten Schmidt nur einen einzigen Ferrari an eine Frau verkauft.

Sammeln wie Briefmarken

Bevor er zu Ferrari wechselte, war die Marke auch für ihn ein Traum. "Aber man gewöhnt sich daran. Irgendwann ist es Business." Das gelte auch für die Kunden: "Wenn jemand schon vier oder fünf hat, geht es ums Besitzen." So selten sei es gar nicht, dass jemand mehrere der Luxuskarossen sein Eigen nennt. "Es gibt einige, die Ferraris sammeln. Das kann sich ein Normalverdiener nicht vorstellen." Die Sportwagen seien eine Wertanlage: "Auf der Bank bekommt man nichts für sein Geld. Deshalb kaufen viele Oldtimer. Die haben oft schon in wenigen Jahren eine Steigerung von zehn, 15 Prozent, das kann sogar das Doppelte sein." 

Erklärungen sind für die Katz'

Wenn das lang ersehnte Auto dann da ist, seien die Käufer aufgeregt wie kleine Kinder. "Beim Abholen ist grundsätzlich die Frau oder Partnerin mit dabei. Ich hab erst einmal erlebt, dass einer ihn allein abgeholt hat." Die Erklärung des Fahrzeugs und der Funktionen am Abholtag sei meistens "für die Katz'", weil die neuen Besitzer von den Eindrücken so erschlagen sind. "Dann kommen ein, zwei Tage später die Nachfragen, wofür der Knopf ist oder wie etwas eingestellt wird."

Nach zwei Stunden Ausfahrt ein anderer Mensch

Wenn die Männer ihren Wagen dann haben, mache es sie auch glücklich, ihn zu fahren. "Es gibt genügend Kunden, die mit bestätigt haben, dass sie sich nach einem schlechten Tag ins Auto setzen und durch die Fränkische Schweiz fahren. Nach zwei, drei Stunden sind sie ein anderer Mensch." Er kann das gut nachvollziehen. Ihm geht es genauso, allerdings nicht mit einem Ferrari - den hat er nicht. Bei ihm ist es eine Harley Davidson.

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