Experten beantworten Kurier-Leserfragen bei Telefonaktion in Bayreuth Organspende: Allein der Wille des Verstorbenen zählt

So sieht ein Ausweis für Organspender aus. Nur 28 Prozent der Deutschen haben einen. Foto: Frank May/dpa Foto: red

Die Bereitschaft zur Organspende nimmt laut Umfragen zu, nach den Organspendeskandalen scheint Vertrauen zurückzukommen (wir berichteten). In einer Telefonaktion zum Tag der Organspende am Samstag hatten unsere Leser schon am Dienstag die Möglichkeit, alle Fragen zum Thema Organspende zu stellen. Es antworteten Beraterinnen vom Infotelefon Organspende – einem Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Stiftung Organtransplantation und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Hier eine Zusammenfassung der häufigsten Fragen und Antworten:

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wenn man einen Organspendeausweis ausgefüllt hat – wird dann irgendwo registriert, wie man sich entschieden hat?
Nein, es erfolgt keine Registrierung. Es genügt, wenn man einen Ausweis ausfüllt und diesen stets bei sich trägt. Dadurch kann jeder Mensch zu jeder Zeit seine persönliche Entscheidung zur Organspende ändern. Er wirft einfach den alten Ausweis weg und füllt einen neuen aus. Man sollte immer daran denken, die Familie über die aktuelle Entscheidung zu informieren

Ich bin Rentner und damit bestimmt zu alt, um noch Spender zu sein, oder?
Nein, für die Organspende gibt es keine feste Altersgrenze. Entscheidend ist das biologische, nicht das kalendarische Alter. Der älteste Spender im vergangenen Jahr war 96 Jahre alt. Ob gespendete Organe oder Gewebe für eine Transplantation geeignet sind, kann ohnehin erst im Fall einer Spende medizinisch überprüft werden.

Kann man einen eigenen Organspendeausweis ausfüllen wenn man noch nicht 18 ist?
Ja, laut Gesetz können Minderjährige ihre Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende ab dem 16. Lebensjahr und ihren Widerspruch ab dem 14. Lebensjahr erklären. Die Einwilligung der Eltern ist nicht notwendig.

Ich habe gerade eine Hepatitis B hinter mir. Macht es Sinn, trotzdem einen Organspendeausweis auszufüllen?
Ja, denn ob Organe für eine Spende infrage kommen, entscheidet sich erst im Falle eines Hirntodes. Es ist jedoch sinnvoll, wenn Sie Ihre Erkrankung mit Auftrittsdatum auf dem Ausweis vermerken. Nur wer zum Zeitpunkt der Spende eine akute Krebserkrankung oder eine HIV-Infektion hat, kann keine Organe spenden.

Führt immer ein Unfall zum Hirntod?
Nein, eine Verletzung des Kopfes und damit des Hirns ist nicht die alleinige und auch nicht die häufigste Ursache für einen Hirntod. Zum Hirntod vor dem Eintreten eines Herzstillstandes können auch andere Ursachen führen, wie beispielsweise eine Hirnblutung, ein Hirninfarkt, ein Hirntumor oder eine Hirnentzündung.

Wie wird der Hirntod festgestellt?
Die Ärzte sind bei der Diagnose des Hirntodes an die Richtlinien der Bundesärztekammer gebunden. Darin ist zwingend vorgeschrieben, die Voraussetzungen und Ursachen einer schweren Hirnschädigung zu überprüfen und verschiedene körperliche Untersuchungen in definierten Zeitabständen durchzuführen. Mittels Funktionsprüfung der verschiedenen Hirnareale kann der Nachweis einer unumkehrbaren Schädigung erbracht werden. Ergänzend kann zum Beispiel ein EEG eingesetzt werden, mit dem sich die Eigenaktivität der Gehirnzellen aufzeichnen lässt. Im Falle des Hirntodes kommt es zum so genannten Nulllinienverlauf. Die gesamten Untersuchungen müssen von zwei Medizinern unabhängig voneinander durchgeführt und protokolliert werden. Um Interessenkonflikte auszuschließen, dürfen diese beiden Mediziner nicht an der Organ- und Gewebeentnahme beteiligt sein.

Könnte man nach einem Hirntod nicht vielleicht doch wieder zurück ins Leben geholt werden?
Nein, wenn alle Funktionen des Groß- und Kleinhirns sowie des Hirnstamms ausgefallen sind, ist das nach anerkanntem naturwissenschaftlich-medizinischem Erkenntnisstand ein sicheres Todeszeichen des Menschen. Denn mit dem Ausfall der Gesamtfunktion des Gehirns ist die leiblich-seelische Einheit unwiederbringlich beendet, die jeder Mensch darstellt. Auch wenn auf einer Intensivstation die anderen Organe künstlich beatmet und die Herztätigkeit aufrecht erhalten werden können – das Gehirn bleibt von der Durchblutung abgekoppelt. Seine Zellen zerfallen, auch wenn der übrige Körper noch künstlich am Leben erhalten werden kann.

Wie kann es sein, das bei einem Toten die Organe noch funktionieren?
Zu Organspendern können nur Menschen werden, die einen Hirntod – zum Beispiel durch Hirnblutung – erlitten haben. Dabei sind die Funktionen des gesamten Gehirns, also des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms, irreversibel erloschen. Durch Beatmung und Medikamente werden aber die Herz- und Kreislauffunktion des Verstorbenen künstlich aufrechterhalten.

Ist der Leichnam nach einer Organ- und Gewebespende entstellt?
Nein, der Leichnam wird durch eine Organ- und Gewebespende nicht entstellt. Das Transplantationsteam geht zu jedem Zeitpunkt respektvoll mit dem Körper des Toten um. Die Entnahme findet in einem normalen Operationssaal statt, und die Ärzte verschließen die Einschnitte nach der Entnahme wieder, um den Körper zur Beisetzung an die Angehörigen zu übergeben.

Kann ich vorher erfahren, wer im Falle einer Spende meine Organe bekommen wird?
Der künftige Spender eines Organs kann im Voraus nicht bestimmt werden. Es gibt viele Faktoren, die entscheiden, wer ein bestimmtes Organ bekommt. Dazu gehören zum Beispiel Blutgruppe, Alter, Gewicht und die Gewebemerkmale. Je ähnlicher sich die Merkmale von Spender und Empfänger sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass nur geringe Abstoßungsreaktionen bei der Transplantation auftreten. Bei sehr unterschiedlichen Gewebemerkmalen ist eine Abstoßung wahrscheinlicher. Die gemeinsame Warteliste des Verbundes von Eurotransplant, dem Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Kroatien, Österreich, Slowenien, Ungarn und Deutschland angeschlossen sind, erleichtert es, die optimalen Empfänger für Spenderorgane zu ermitteln.

Ich würde gern Organspender sein, aber meine Tochter lehnt das total ab. Dann wird sie wohl – falls ich einen Hirntod erleide – gegen meinen Willen entscheiden. Oder zählt der Spenderausweis mehr?
Ist das Einverständnis des Spenders schriftlich dokumentiert, hat der Wille des Verstorbenen Vorrang. Die Organentnahme ist dann rechtlich zulässig, auch ohne Zustimmung der Angehörigen. Die Angehörigen müssen allerdings über den Schritt informiert werden.

Welche Organe kann man nach dem Tod spenden?
Zurzeit können Niere, Herz, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm nach dem Tod gespendet werden.

Wie lange muss man auf ein Spenderherz warten?
Zurzeit liegt die Wartezeit für ein Spenderherz nicht selten bei neun bis zehn Monaten. Diese Zeit verbringen die Patienten im Krankenhaus, oft in Mehrbettzimmern, ohne Privatsphäre. Psychisch wird ihnen eine enorme Stärke abverlangt.

INFO: Das gebührenfreie Infotelefon Organspende 0800/90 40 400 ist von Montag bis Freitag von 9-18 Uhr für alle Fragen zum Thema Organspende zu erreichen.

Im Internet gibt es viele Infos unter www.organspende-info.de oder unter www.dso.de.

Autor