Thema Stadtschreiber: Geglückte Premiere

Von Michael Weiser

Experiment abgeschlossen, Experiment geglückt: Bayreuth hat sich in diesem Jahr zu Ehren des 250. Geburtstags von Jean Paul einen Stadtschreiber geleistet, zum ersten Mal in seiner Geschichte, und hat damit Ehre eingelegt. Für diese Idee sollte man denn auch das Kulturamt ausdrücklich beglückwünschen.

 
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Für ihr Stipendium erhielt die Stadt einen Autor, der sich Bayreuth als ein rechter Schelm angesehen, ein Blog geführt, Fotos geschossen, Texte geschrieben und Lesungen gehalten hat. Volker Strübing ist tief ins Bayreuther Leben eingetaucht. Zwischen SpVgg und Jean Paul, zwischen Bier und Wagner-Geburtstag hat sich der Berliner als Bayreuth-Versteher entdeckt – und Bayreuth konnte sich in seinen Texten wiederentdecken, als Stadt mit kleinen Macken, aber insgesamt als liebenswerter Ort.

Bayreuth hat keine Villa Concordia mit Künstlern aus In- und Ausland. Es hat seine Festspiele, es hat das Festival junger Künstler, das Iwalewa-Haus, aber keine eigentliche Spielwiese mitten in der Stadt, auf der Leute von weither zusammenkommen. In den vergangenen fünf Monaten konnte man sich vorstellen, wie das wäre, wenn Kunst die Menschen ganz selbstverständlich zusammenbrächte, nicht nur für ein, zwei Stunden im Konzertsaal, sondern auch zum Feiern. Der Leseabend in der Lamperie war so ein Ereignis. Keine Biergartenlesung (das Wetter!) und dennoch ein Ereignis, wie man es in Bayreuth nicht allzu oft erlebt: Kultur als ganz unverkrampfte Angelegenheit mitten in der Stadt, als lockere Ergänzung des etablierten Betriebes.

Es wäre schade, sollte das Stadtschreiber-Stipendium ein einmaliges Experiment gewesen sein. Bayreuth als Kulturstadt sollte daran denken, dass ein Stadtschreiber nicht nur Beobachter, sondern auch Botschafter sein kann. Es gibt zwar keine Garantie dafür, dass die Chemie immer so gut stimmt wie im Falle Strübing – aber seit wann gibt es in der Kultur überhaupt Garantien? Man hat in Bayreuth schon mehr Geld mit weniger Ergebnis investiert.

Am heutigen Samstag liest Volker Strübing zum Abschied bei der Jean-Paul-Literaturnacht im RW 21 aus seinen Bayreuth-Erfahrungen und zeigt Bilder, die er in Bayreuth geschossen hat. Ein Blick zurück in guter Laune, davon kann man ausgehen: Strübing wird seinen Aufenthalt sicher nicht „bayreuth“ haben.