Ex-Stadtförster Gotthard Eitler wird 80

Von Peter Engelbrecht
Gotthard Eitler mit Ehefrau Marianne. Foto: Eric Waha Foto: red

80 Jahre – und kein bisschen leise. Gotthard Eitler ist ein aufrechter Mann, der offen seine Meinung sagt, auch wenn sie dem einen oder anderen nicht gefällt. Anpassung und Unterwürfigkeit sind nicht die Sache des früheren Bayreuther Stadtförsters. Am heutigen Donnerstag feiert Eitler seinen 80. Geburtstag.

 
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Noch immer kampfeslustig nimmt er zu den Themen Wald und Naturschutz Stellung. Er hofft auf die menschliche Vernunft und sagt: „Die Menschen sind zu unkritisch.“ Geboren in Albernau im sächsischen Erzgebirge, erlernte er das Waldarbeiterhandwerk. 1957 floh er als junger Mann in den Westen. Von 1967 bis 2002 war er Stadtförster. „Die Verantwortung für die Natur war mein Beruf“, sagt er bescheiden. Und die Liebe zum Wald liegt in der Familie: Der Großvater war Waldaufseher.

Seiner Zeit war der Forstmann weit voraus. Bereits Ende der 70er Jahre wühlten ihn erste Aufnahmen aus dem Erzgebirge auf, die einen von sauren Niederschlägen zerstörten Wald zeigten. Hauptursache: Die ungehemmte Kohleverbrennung in den Kraftwerken in Sachsen und Böhmen mit großem Schwefeldioxidausstoß ohne jegliche Filter. Das ließ ihm keine Ruhe, „die Sauerei“ auf dem Keilberg im Erzgebirge hatte er sich damals mit eigenen Augen angesehen – 70 Kilometer von Oberfranken entfernt. Die giftigen Wolken zogen über die Grenzen ins Fichtelgebirge und in den Frankenwald, verursachten hier ein massives Waldsterben. „Nicht mehr schwafeln, sondern entschwefeln“, war eine Forderung von Eitler.

Aufklären und Aufrütteln

Auch seinem unerschrockenen, jahrelangen Aufklären und Aufrütteln ist es zu verdanken, dass die Politik das Entschwefeln von Kohlekraftwerken in Ost und West durchsetzte. „Ich habe von vielen Seiten Unterstützung bekommen“, erinnert er sich. Für den damaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß waren die warnenden Worte der Naturschützer schlichtweg „Panikmache“. Strauß wandte sich gegen den Begriff Waldsterben, der „panikartige psychologische Wirkungen“ erzeuge. Der Wald hat sich inzwischen einigermaßen erholt, doch die Stickoxidbelastung unter anderem aus dem Straßenverkehr nahm zu.

Kampf gegen Rotmainspeicher

Eitler kümmerte sich nicht nur um den siechenden Wald, sein Horizont ist weiter. Der umstrittene Rotmainspeicher oberhalb von Bayreuth in den 70er Jahren, der das unberührte Tal bis hinauf nach Creußen bedrohte, die Südtangente durch den Studentenwald am Rande von Bayreuth und auch der Püttlachspeicher in der Fränkischen Schweiz stießen bei dem überzeugten Naturschützer auf Protest. Doch er gibt keine Ruhe. Seit Jahren kämpft er gegen den Einsatz von tonnenschweren Holzerntemaschinen, den sogenannten Harvestern, im Wald. Das eingesetzte Hydrauliköl stellt seiner Meinung nach eine Gefahr für das Grundwasser dar, die Maschinen verdichten den Waldboden massiv. „Die Grenzen der Wasserschutzgebiete im Fichtelgebirge müssen erweitert werden“, fordert der streitbare Forstmann, doch seine Mahnungen stoßen bislang auf taube Ohren.

Brief an Bundespräsident

Ein langer Atem ist notwendig, das weiß Eitler. Als Pensionär mischt er sich weiter ein, Resignation scheint er nicht zu kennen. Erst am 2. April 2017 schrieb er einen Brief an den neuen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Berlin, in dem er davor warnte, unsere Wälder aus Profitgier zu maschinengerechten „Holzäckern“ zu machen. Der Wald dürfe seine lebenswichtigen Funktionen für die Menschen nicht verlieren. Entspannung findet er beim gelegentlichen Musizieren im Freundeskreis in der Gastwirtschaft „Zum stillen Zecher“ in Rödensdorf. Dort spielt er das Tenorhorn, liebt fränkische und böhmische Volksmusik. Rückhalt findet er in seiner Familie, zu der Ehefrau Marianne, zwei Kinder und fünf Enkel gehören. Zwei Tage nach seinem Geburtstag feiert er goldene Hochzeit. 80 Jahre – und kein bisschen leise. Das ist Gotthard Eitler.

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