Sex statt schlafen Igelbaby kommt mitten im Winter auf die Welt

Von Sonny Adam
Er wiegt 367 Gramm - und wird jeden Tag kräftiger. Trotzdem ist der kleine Igel, der in Limmersdorf gefunden wurde, eine Kapriole der Natur. Foto: Adam Foto: red

Er ist klein - und jung: An seinen Milchzähnen kann man sehen, dass der Igel, der in Limmersdorf gefunden wurde, mitten im Winter geboren wurde. Bis er groß genug ist, um draußen zu überleben, wohnt er bei Igel-Expertin Sabine Witt.

 
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Normalerweise paaren sich Igel zwischen Mai und Ende August. Nach einer Tragzeit von 35 Tagen kommen dann im Durchschnitt vier bis fünf Igelbabys zur Welt – die meisten Igelbabys erblicken in Deutschland also im September das Licht der Welt: Sie sind anfangs blind und taub und werden von der Igelmutter tagsüber gesäugt. Nachts geht die Mutter auf Nahrungssuche. Nach ungefähr zwei Wochen öffnen die Igelbabys ihre Äuglein und die Ohren. Und nach 21 Lebenstagen stoßen auch die Milchzähnchen durch.

Genau solch einen Babyigel hat Sabine Witt von der Wildtierauffangstation Oberfranken in Stadtsteinach aufgenommen. Jetzt, Anfang März. Der kleine Igel wurde in Limmersdorf gefunden.

„Das ist wirklich ein Igelkind, ich konnte es selbst kaum glauben. Es war etwa sechs Wochen alt, das sieht man an den Milchzähnen“, erklärt Sabine Witt. Auch die anderen Merkmale weisen eindeutig darauf hin, dass es sich um einen Babyigel handelt: Der Igel hat im Verhältnis zum Körper riesengroße Füße und ganz weiche Stacheln, die man anfassen kann. Auch ein Tierarzt hat Sabine Witt bestätigt, dass es sich nicht einfach um einen kleinen Igel handelt, sondern eindeutig um ein Igelbaby.

Das bedeutet, dass der Igel mitten im Winter geboren worden sein muss, zu einer Zeit, in der die Igel normalerweise Winterschlaf halten. Denn zur Überbrückung der nahrungsarmen Monate fressen sich Igel im Herbst ein Speckpolster an und schlafen dann.

Während des Winterschlafs fahren sie Herztätigkeit und Energieverbrauch herunter, pro Minute atmen sie nur noch drei bis vier Mal. Und die Körpertemperatur sinkt von 36 Grad auf bis zu fünf Grad ab. Dass in diesem Jahr einige Igel den Winterschlaf wegen der warmen Witterung ausfallen haben lassen, belegen auch andere Findlinge: So beherbergt Sabine Witt derzeit ein Dutzend weiterer Igel und hilft ihnen über den Winter. „Viele Igel sind einfach zu spät geboren worden. Ich habe noch im November einen Igel bekommen, der nur 220 Gramm gewogen hat. Der hätte das nie geschafft“, sagt Witt.

Bei der Betreuung der Igelchen wird Sabine Witt durch Anne Will und deren Mann unterstützt. Bei ihnen logieren derzeit weitere acht Igel – und die brauchen vor allem abends Aufmerksamkeit. „Denn abends haben Igel am meisten Hunger“, sagt Anne Will und streichelt einem noch immer viel zu kleinen Wintergast den Bauch.

Als er gefunden wurde, wog auch der kleine Igel aus Limmersdorf viel zu wenig. „Er hatte Flöhe, Zecken und Lungenwürmer. Aber davon habe ich ihn befreit. Er entwickelt sich prächtig“, sagt Sabine Witt. Inzwischen hat er sein Gewicht schon fast verdoppelt. Aktuell wiegt er 367 Gramm – und legt täglich zu. „Sobald keine Gefahr mehr besteht, dass es gefriert, werde ich ihn in Limmersdorf wieder freilassen“, sagt Witt. Vorher lernt der Kleine im Auswilderungskäfig, lebende Insekten zu fangen und sich selbst zu ernähren.

Dass der Igel wieder an seinen Fundort zurückgebracht wird, ist für Sabine Witt selbstverständlich. Denn Igel verfügen über ein außerordentliches Orientierungssystem. Die Expertin geht davon aus, dass sich der kleine Igel in Limmersdorf sofort wieder wie zu Hause fühlen wird.

Helfer gesucht

Sabine Witt sucht noch ehrenamtliche Helfer, die ihr bei der Betreuung der Igel, von Wildtieren und von Vögeln helfen. Denn inzwischen betreut die Wildtierauffangstation nicht nur Wildvögel aus der Region, sondern auch aus den benachbarten Bundesländern. Im Frühling möchte sie für die Wildvögel und Wildtiere eine neue Voliere bauen.

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