Er drohte zu ertrinken Neunjähriger rettet seinem Freund das Leben

Beim Tauchen im Kulmbacher Schwimmbad wird Hanno bewusstlos. Simon reagiert sofort. Nur einer von beiden kann sich erinnern, was vor mehreren Wochen geschah.

 
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Was genau passiert ist, muss Simon erzählen. Sein Freund Hanno erinnert sich nicht mehr. Aber die beiden neunjährigen Jungen wissen: Simon hat Hanno aus einer großen Notlage gerettet. Er hat ihn Ende November im Kulmbacher Hallenbad sofort aus dem Wasser gezogen, als er merkte, dass Hanno offenbar bewusstlos geworden war.

Landrat Klaus Peter Söllner hat Lebensretter Simon Potzel aus Lindau und seinen Freund Hanno Schleiffer aus Tennach ins BRK-Zentrum in Kulmbach eingeladen und hat die beiden Jungs zu der Ausbildung beglückwünscht, die sie bei der Trebgaster Wasserwacht machen. „Cool“ sei es gewesen, wie Simon sofort gehandelt hat, betonte der Landrat und Kreisvorsitzende des Roten Kreuzes. Hanno hat dazu zustimmend genickt und Simon bis über beide Ohren gestrahlt.

Es ist der 23. November, als Simon mit anderen Jugendlichen von der Wasserwacht in Trebgast im Kulmbacher Hallenbad trainiert. Alle Mitglieder der Gruppe sind gute Schwimmer und auch geübte Taucher. Alle wissen: Wenn Streckentauchen geübt wird, sollte einer vom Beckenrand aus aufpassen auf die Person unter Wasser. Das hat einen Grund: Es kann nämlich sein, dass der Taucher einen Schwimmbad-Blackout erleidet. Simon erkennt schnell und als erster, dass mit seinem Freund Hanno etwas nicht stimmt. Sofort springt er vom Beckenrand ins Wasser, taucht ab. Andere Schwimmer schimpfen ihn deshalb sogar kurz. Sie hatten nicht erkannt, was Simon sofort wusste: Da ist jemand in Gefahr. Hilfe wird gebraucht.

Der Neunjährige, seit zwei Jahren bei der Wasserwacht, wusste dank seines Trainings, was zu tun ist, und griff mutig ein. Was er in der Theorie gelernt hatte, setzte Simon in einer aufregenden Situation perfekt in die Realität um. „Hanno ist nicht hochgekommen. Ich hab ihn raufgeholt und zur Treppe gebracht“, erzählt der Junge. Eine erwachsene Begleitperson hat dann übernommen und sich an die Erstversorgung gemacht. Betreuerin Anschi Kraft hat gleich die erweiterte Erste Hilfe angewandt und Hanno versorgt, bis der Rettungswagen samt Notarzt kam. Simon war dabei, während sein Freund betreut wurde: „Erst war er bewusstlos, aber dann ist er gleich aufgewacht“, erzählt er, und man sieht ihm an, dass er immer noch erleichtert ist.

Foto: BRK Kulmbach

Hannos Mutter ist beeindruckt von Simons Leistung: „Er muss Bärenkräfte entwickelt haben. Die beiden sind ja gleich groß.“ Sie hat von dem Zwischenfall erst erfahren, als alles wieder gut und klar war, dass Hanno nicht mehr in Gefahr war. Trotzdem ist sie bis heute dankbar, was Simon für ihren Sohn getan hat.

Hanno hat den Zwischenfall im Schwimmbad gut weggesteckt. Er ist weiterhin die begeisterte Wasserratte wie vorher und macht weiter bei der Wasserwacht. „Es macht ja trotzdem Spaß“, sagt er und lächelt. Landrat Söllner betont: „Wir sind froh, dass Simon so gut reagiert hat.“ Simons Eltern hören stolz zu. „Er hat alles richtig gemacht“, sagen sie über ihren Sohn. Seine Mutter ergänzt: „Wie gut, dass ihr so gut aufeinander aufpasst.“

Der Landrat schenkt jedem der beiden Buben ein Spiel. BRK-Kreisgeschäftsführer Stefan Adam packt noch zwei Spielzeugtrucks mit BRK-Kulmbach-Aufklebern obendrauf. Für Simon und Hanno wird diese Ehrung wohl nicht die letzte sein. Das BRK werde noch eine ganz offizielle Auszeichnung vergeben, kündigt Klaus Peter Söllner an. Aber er habe schnell seinen Dank aussprechen wollen und deswegen diese erste Ehrung so kurz wie möglich nach dem Vorfall vollzogen. „Das ist die beste Werbung für die Jugendarbeit und für die Wasserwacht“, sagt Söllner. „So kann jeder sehen, dass es eminent wichtig ist und Sinn macht, nicht nur schwimmen zu lernen, sondern auch, wie man Menschen im Wasser helfen und sogar den eigenen Freund retten kann.“

Von der Wasserwacht sind Kreisjugendleiterin Ulrike Peschel, die Trebgaster Ortsgruppenleiterin Nadine Kolb und die Betreuerin Anschi Kraft dabei, als der Landrat die beiden Buben empfängt. „Simon hat das, was er gelernt hat, gut in die Tat umgesetzt und sich damit den Respekt aller verdient“, sagt Nadine Kolb. Anschi Kraft ergänzt: „Unfälle geschehen. Man kann sie meist nicht vermeiden. Aber man kann lernen, richtig zu reagieren, wenn etwas passiert.“

Beide Jungs, Simon und auch Hanno, betonen, wie gern sie zum Schwimmtraining der Wasserwacht gehen. Der Landrat bekräftigt, das Wichtigste sei, dass nichts Schlimmes passiert ist. „Ihr werdet sicher immer Freunde bleiben“, nimmt er an und Simon und Hanno nicken mit Nachdruck. Beim nächsten mal, wenn es mit der Wasserwacht zum Schwimmen geht, sind sie wieder dabei. Das ist für beide keine Frage.

Schwimmbad-Blackout

Von einem Schwimmbad-Blackout spricht man, wenn ein Mensch beim Streckentauchen unter Wasser plötzlich bewusstlos wird. Das kommt häufiger vor als man denkt und kann, wie erfahrene Wasserwacht-Trainer wie Nadine Kolb, Anschi Kraft oder Ulrike Peschel wissen, jedem passieren. Auch erfahrenen Schwimmern und Tauchern. Ohne Vorwarnung und ganz plötzlich. Deswegen ist es wichtig, dass Taucher in Schwimmbädern möglichst ständig überwacht werden. Ein Schwimmbad-Blackout, verursacht durch einen Sauerstoffmangel, kündigt sich nur sehr kurz an. Der Betroffene entwickelt unkontrollierte, zuckende Bewegungen, er lässt seine Atemluft ab, dann treibt er regungslos im Wasser.

Jetzt kommt es auf Sekunden an. Der Bewusstlose muss schnellstmöglich mit Mund und Nase über Wasser und dann an Land gebracht werden. Helfer müssen dann den Atem prüfen und gegebenenfalls mit der Reanimation beginnen. Zeitgleich muss auch ein Notruf abgesetzt werden. Verunglückte, die (wieder) atmen, sollten in eine stabile Seitenlage gebracht und warmgehalten werden, bis der Notarzt eintrifft.

Der Schwimmbad-Blackout passiert unter anderem häufiger, wenn ein Taucher vor dem Abtauchen hyperventiliert. Taucher tun das, um vermeintlich mehr Sauerstoff in den Körper zu pumpen. Doch das ist falsch. Durch die Hyperventilation wird zu viel CO2 abgeatmet. Dadurch stellt sich der Atemreiz erst später ein. Das ändert allerdings nichts am Sauerstoffverbrauch im Körper, der ohne spürbaren Atemreiz in die Hypoxie führt und eine Ohnmacht auslöst. red

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