Energetische Sanierung „Nichtstun könnte teuer werden“

Alle Plätze waren besetzt: 45 interessierte Zuhörer verfolgten die Podiumsdiskussion zur energetischen Sanierung bei Wohnungseigentümergemeinschaften mit (von links) Moderator Andreas Schmitt (Kurier), Manuel Peetz (Architekt), Erich Goldammer (Bechert Haustechnik), Stephanie Kollmer (Energieberaterin) und Andreas Waibel (Stadtwerke Bayreuth). Foto: Andreas Harbach

Warten oder Machen? Vor der Frage stehen in Zeichen von Klimawandel, teurer Energie und neuem Gebäudeenergiegesetz (GEG) viele Wohnungseigentümer. Infos, Tipps und Kontroversen gab es am Montag im Bayreuther Rathaus.

 
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Klartext auf dem Podium, viele – und teils kritische – Fragen von den 45 sehr interessierten Zuhörern. Die Auftaktveranstaltung zum neuen Beratungsangebot der Stadt für Wohnungsbesitzer in Eigentümergemeinschaften zeigte: Die Debatte um Zeitpunkt und Umfang von energetischen Sanierungen bewegt die Menschen.

Das Klimaschutzmanagent der Stadt greift dass Thema auf. Künftig sollen nicht nur private Haus- und Grundbesitzer, sondern auch Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) profitieren. Zum Auftakt des neuen Infoangebots diskutierten Experten am Montagabend im Raum „Festspielhaus“ im zwölften Stock des Rathauses Experten bei einer lebhaften Podiumsdiskussion.

Was gilt ab 1. Januar 2024 für Wohnungseigentümer, Vermieter und Hausverwaltungen? Um die Frage ging es bei der Veranstaltung „Energetisch Sanieren als Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)“. Auf dem Podium standen Architekt Manuel Peetz, der Leiter für Contracting, Wärme und Erzeugung der Stadtwerke, Andreas Waibel, Gebäudeenergieberaterin Stephanie Anna Kollmer und der Geschäftsführer von Bechert Haustechnik, Erich Goldammer. Moderator der Debatte war Kurier-Redakteur Andreas Schmitt.

65 Prozent Erneuerbare sind gefordert

„Ab 2024 muss jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. In Neubaugebieten greift die Regel direkt ab 1. Januar“, erläuterte Kollmer die Folgen des neuen GEG. Für Gebäude und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten gebe es längere Übergangsfristen: In Bayreuth würden klimafreundliche Energien beim Heizungswechsel spätestens ab 30. Juni 2028 Pflicht, sollte die Stadt vorher keine kommunale Wärmeplanung vorgelegt haben. Gibt es in Kommunen früher eine Entscheidung zur Gebietsausweisung etwa für ein Wärmenetz, die einen kommunalen Wärmeplan berücksichtigt, können frühere Fristen greifen. Vor diesem Hintergrund tritt ab 1. Januar die GEG-Novelle in Kraft und betrifft in hohem Maße auch WEG-Eigentümer. Demnach dürfen Heizkessel maximal bis 31. Dezember 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Deshalb fragen sich aktuell viele: Soll ich meine Heizung reparieren oder tauschen?

„Nichts-Tun ist das Falsche“, sagte Bechert-Geschäftsführer Goldammer. Eine Sanierung bedinge stets eine Individualbetrachtung des Gebäudes. Eine allgemeingültige Handlungsempfehlung gebe es nicht. Funktionierende Heizungen könnten weiter betrieben werden, solange die maximale Nutzungsdauer von 30 Jahren noch nicht erreicht sei. Dies gelte auch für eine defekte Heizung, die noch repariert werden kann. Muss eine zentrale Erdgas- oder Ölheizung wegen Havarie oder Ende der Nutzungsdauer komplett getauscht werden, gebe es mehrjährige Übergangsfristen, für Etagenheizungen Sondervorschriften. In Härtefällen könnten Eigentümer von der Pflicht zum erneuerbaren Heizen befreit werden.

Im Gegensatz dazu werden Mieter künftig mehr vor hohen Kosten geschützt. Zwar dürfen bis acht Prozent der Kosten bei Heizungserneuerung und -modernisierung umgelegt werden. Die Umlage ist aber gedeckelt: Die Monatskaltmiete darf pro Quadratmeter binnen sechs Jahren um maximal 50 Cent pro Quadratmeter steigen. Darüber hinaus kommt ein weiteres Gesetz ins Spiel, erläuterte Kollmer: das Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz. Je schlechter eine Hausfassade gedämmt ist, je älter Heizung oder Fenster sind, desto höher sind die CO2-Kosten. Seit 2023 müssen Vermieter die CO2-Abgabe fürs Heizen mit Erdgas und Öl mit Mietern teilen. Die Beteiligungshöhe sei abhängig vom Energieeffizienzgrad des Hauses und rangiere zwischen null und 90 Prozent der Kosten für C02, erläuterte die Expertin.

Vermieter und Wohnungseigentümer werden stärker in die Pflicht genommen

„Vermieter und Wohnungseigentümer werden stärker in die Pflicht genommen, um für ein klimafreundliches Heizsystem sowie für eine gute Dämmung zu sorgen“, sagte Kollmer. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) stelle in ihrer Neufassung ab 1. Januar attraktive Fördermittel für Wohn- und Nicht-Wohngebäude in Aussicht. „Hier heißt es, der frühe Vogel fängt den Wurm.“ Ausschlaggebend für die Sanierung seien neben gesetzlichen Rahmenbedingungen auch regenerative Möglichkeiten für Heiz-, Strom – und Wärmestrukturen. Bei der Debatte wurden viele Heizarten angesprochen, die für Eigentümer in Frage kommen: PV-Anlagen, Pellet-Heizung, biogenes Flüssiggas oder Wärmepumpe. Andreas Waibel berichtete über das Fernwärmenetz der Stadtwerke: „Es werden dringend Flächen für den unmittelbaren Ausbau von regenerativen Heizkraftwerken benötigt.“ Interessierte könnten sich gerne melden.

Soweit die Grundlagen. Doch wie überzeuge ich andere Wohnungseigentümer einer WEG? „Ein Hauptproblem bei WEGs kann das Akzeptanzproblem sein. In vielen Fällen ist ein Mehrheitsbeschluss notwendig. Oft gibt es aber nur eine Eigentümerversammlung im Jahr“, griff Manuel Peetz die Problematik unterschiedlicher Interessen und finanzieller Ressourcen auf. Er empfahl, die Eigentümer auf Augenhöhe abzuholen und bei informellen Veranstaltungen Optionen aufzuzeigen. Es sei wichtig, sich einen mit Sanierungen vertrauten Architekten ins Boot zu holen und das Projekt entsprechend zu analysieren. „Jedes Gebäude muss individuell betrachtet werden“, betonte Peetz.

INFO: Individuelle Beratungstermine zum Thema bietet die Stadt am 5. Dezember, 17. Januar, 21. Februar und 13. März an. Anmeldungen unter klimaschutz@stadt.bayreuth.de oder unter 09 21/25 20 20.

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