Eltern wollen Epilepsiezentrum

Von Moritz Kircher
Am Klinikum Bayreuth kam am Montag, 29. Januar 2017, erstmals die neue Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit Epilepsie zusammen. Foto: Moritz Kircher Foto: red

Barbara Rybka ist begeistert. "Wir hätten nie damit gerechnet, dass die Resonanz so groß ist", sagt sie und meint das Interesse an einer Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit Epilepsie, die sie mit initiiert hat. Rund 70 Betroffene waren am Montagabend zu einem Vortrag ins Klinikum gekommen. Etwa 30 Eltern schlossen sich am Ende zur Selbsthilfegruppe zusammen. Demnächst wollen sie mit einem Herzensanliegen auf die Führungsebene des Krankenhauses zugehen.

 
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Dass eine Selbsthilfegruppe gerade bei Epilepsie eine sinnvolle Einrichtung sei, unterstrich der Ärztliche Direktor und Chefarzt der Kinderklinik, Thomas Rupprecht. "Ich kann das nur begrüßen", sagte er. "Meines Wissens fehlt eine solche Gruppe in der Region bisher komplett."

Eltern in Selbsthilfegruppen helfen ihren Kindern besser

Es gebe wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigten: Eltern, die sich untereinander vernetzen, erreichten für ihre chronisch kranken Kinder einen besseren Therapieerfolg. Das bestätigt auch Doris Wittig-Moßner, betroffene Mutter und engagiert im Landesverband Epilepsie Bayern. Sie sagt: "Ich habe eine Selbsthilfegruppe immer als sehr bereichernd empfunden." Gemeinsam mit anderen könne man die Krankheit "ganz anders tragen".

Derweil sparte Thomas Rupprecht nicht mit Lob für seine Leute an der Kinderklinik. Seit zwei Jahren habe er mit der Oberärztin Sylvia Vieker eine engagierte und anerkannte Expertin auf dem Gebiet der Kinderepilepsie, die junge Patienten dank ihrer Zulassung auch ambulant versorgen könne. "Dafür bin ich sehr dankbar", sagte der Chefarzt.

Kinder mit Epilepsie wollen ein normales Leben führen

Vieker war es auch, die die Anwesenden in ihrem Vortrag über die Schwierigkeiten im Umgang mit der Krankheit aufklärte. Epilepsie sei keine Krankheit, die man ausschließlich medikamentös behandeln könne. Eltern und Ärzte müssten immer im Blick haben, wie sich die Diagnose Epilepsie auf die Psyche von Kindern auswirkt.

Man müsse akzeptieren, dass Kinder und Jugendliche mit Epilepsie dieselben Wünsche und Träume haben wie ihre Altersgenossen. Dass sie feiern gehen wollen, ihren Traumberuf lernen, die erste Liebe erleben oder ganz einfach den Führerschein machen wollen. "Eine gute Behandlung ist immer auch eine Sozialtherapie", zitierte Vieker den Lehrsatz eines führenden Forschers, der schon aus den 1960er Jahren stammt.

Auch Erwachsene interdisziplinär behandeln

Besonders schwierig sei der Zeitpunkt, wenn die Jugendlichen volljährig werden. Dann ende automatisch die Rundumbehandlung in der Kinderklinik. Die jungen Erwachsenen müssen sich einen Neurologen suchen, der sie weiter begleitet.

Nichtsdestotrotz bleibe die Epilepsie auch im Erwachsenenalter eine interdisziplinär zu behandelnde Erkrankung. In den Fachverbänden werde das Problem seit den 1990er Jahren debattiert. Ein Rahmenkonzept für die interdisziplinäre Behandlung im Erwachsenenalter liege aber erst seit rund zwei Jahren vor.

Sachverstand für ein Epilepsiezentrum bündeln

Dass das nicht nur eine Diskussion unter Experten ist, zeigten die zahlreichen Wortmeldungen der betroffenen Eltern am Abend im Klinikum, die mit ihren Teenagern an genau diesem Punkt stehen. Die sich fragen: Wie geht die Behandlung meines Sohnes oder meiner Tochter weiter, wenn sie 18 werden? Sie befürchten, dann alleine dazustehen.

Das ist der Grund, warum die Initiatoren der Selbsthilfegruppe zur Zeit fleißig Unterschriften sammeln. Sie wünschen sich, dass der aus ihrer Sicht am Klinikum vorhandene Sachverstand für den Aufbau eines Epilepsiezentrums gebündelt wird. Knapp 2000 Unterschriften sollen es schon sein, die Barbara Rybka und ihre Mitstreiter gesammelt haben und die sie demnächst der Klinikleitung übergeben wollen.

Eltern schwören auf die Kinderklinik in Bayreuth

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie gibt es in Bayern vier Epilepsiezentren: Vogtareuth (Oberbayern), München, Schwarzenbruck (Mittelfranken) und Erlangen. In Oberfranken gibt es ein solches Zentrum aktuell nicht. Die betroffenen Eltern sind aber überzeugt, dass es sich aufgrund der Zahl der Betroffenen und des vor Ort vorhandenen medizinischen Sachverstandes lohnen würde, in Bayreuth ein solches nun aufzubauen.

"In der Außenwelt ist gar nicht bekannt, welche Koryphäen wir hier in der Epilepsiebehandlung haben", sagt Barbara Rybka, die mit ihrer Tochter schon lange zur Behandlung in die Ambulanz der Kinderklinik kommt. Sie hofft nun auf einen zeitnahen Termin, um ihr Anliegen gemeinsam mit anderen Betroffenen bei den Leitungsgremien des Klinikums vortragen zu können.

Info: Wer Kontakt zur neuen Selbsthilfegruppe aufnehmen will, kann diese per Mail an epi-selbsthilfe-bt@gmx.de erreichen.

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