Einheimische Mitarbeiter sollen wohl durch osteuropäische ersetzt werden Kulmbacher Schlachthof entlässt Lohnschlächter

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Der städtische Schlachthof will ab Februar nicht mehr mit Lohnschlächtern aus Kulmbach zusammenarbeiten. Ihre Kündigung haben sie bereits erhalten. Trotzdem hat die SPD im Stadtrat vor, das Thema in der nächsten Sitzung am 5. Februar noch mal aufzurollen. 

 
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Der lange Jahre defizitäre Kulmbacher Schlachthof ist auf dem Weg aus den roten Zahlen. Die Schlachtzahlen waren zuletzt stark rückläufig, im Jahr 2009 erreichten sie ihren völligen Tiefpunkt. Der Stadtrat beschloss jedoch damals, am Schlachthof festzuhalten. Die Leistung sollte verbessert, neue Kunden gewonnen werden. Unter der Leitung von Dirk Grühn gelang es, die Schlachtzahlen zu erhöhen: von 22 245 im Jahr 2009 auf 31 088 im Jahr 2014 nach Angaben der Stadt. An der Schlachtkette hätten "schon immer die Kopfschlächter mitgewirkt", sagt Uwe Angermann, geschäftsführender Beamter der Stadt am Dienstag auf Nachfrage.

Auch Konrad Schmidt aus Leuchau arbeitete seit 35 Jahren im Schlachthof als Kopfschlächter. Keine einfache Arbeit. Montag, Dienstag, Donnerstag und alle 14 Tage am Samstag. Aber jetzt ist Schluss damit. Der Sprecher der Lohnschlächter ist sauer über seine Kündigung und die seiner acht Kollegen: "Wir fühlen uns ganz schön über den Tisch gezogen." Denn die Arbeit der Gekündigten wird ab dem nächsten Monat voraussichtlich die Lohnschlächterei Riedl aus Hof übernehmen.

Mitarbeiter fühlen sich "brutal ausgebootet"

Die Stadt habe die Mitarbeiter aus Kulmbach "brutal ausgebootet", schimpft Schmidt. Zuerst sei ihnen vorgeworfen, sie wären zu alt und würden nicht für genug nachkommende Kräfte sorgen. Dann habe es geheißen, sie würden ihre Arbeit nicht ordentlich erledigen. "Wir hätten jeden Tag geschlachtet, wenn es hätte sein müssen", sagt Schmidt zu den Vorwürfen. "Wir waren immer bereit und haben unser Soll erfüllt." Doch bereits im Dezember seien Reinigungskräfte aus Osteuropa von der Riedl GmbH eingestellt worden. Während die Kulmbacher Lohnschlächter nach Tarif bezahlt werden wollen, 15 Euro in der Stunde ("darunter will keiner die Arbeit machen"), bekommen die auswärtigen Arbeiter anscheinend nur den Mindestlohn bezahlt. "Wir sind das Bauernopfer und nun werden wir durch Billiglöhner aus Osteuropa ersetzt", übt Schmidt Kritik. "Uns haben sie über den Tisch gezogen."

Warum die Stadt Zweifel an der Qualität der Schlachtung durch die einheimischen Lohnschlächter hegte, will die SPD jetzt von Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) wissen. Und ob mit osteuropäischen Arbeitern an den Lohnkosten gespart werden solle. "Warum hat die Stadt Kulmbach nicht versucht, die Arbeit mit den heimischen Lohnschlächtern fortzusetzen?", fragt SPD-Stadtratsfraktionsvorsitzender Ingo Lehmann.

Zukunftsfähigkeit des Schlachthofs sichern

Ohne dem Stadtrat vorgreifen zu wollen, erklärte Angermann: "Es geht um die Zukunftsfähigkeit des Schlachthofs." Dort arbeiteten im Moment sechs Festangestellte. Die Lohnschlächter seien keine Arbeitnehmer der Stadt und würden nach Stückzahlen entlohnt. Von den zehn Personen hätten zwei ihren Rückzug angekündigt. Es habe im Raum gestanden, dass noch zwei weitere aufhören. "Da sind bei Herrn Grühn die Alarmglocken angegangen." Die Tiere würden lebend angeliefert, eine zeitnahe Verarbeitung müsse gewährleistet sein.Und der Schlachthof habe noch Kapazitäten frei.

Doch bei den einheimischen Lohnschlächtern seien keine Personalreserven mehr vorhanden gewesen. Dank der erhöhten Schlachtzahlen habe das Defizit von 400 000 Euro auf 100 000 Euro verringert werden können, so Angermann. "Daher standen wir personell am Scheideweg." Der Umgang mit den Kulmbacher Lohnschlächtern sei "fair" gewesen. Diese hätten Ausfälle nicht mehr kompensieren können, weshalb nach Alternativen gesucht worden sei. Die Hofer Firma sei einfach "fachlich besser", es gehe nicht um niedrigere Löhne.

Dem widerspricht Schmidt vehement: "Zuletzt waren wir wieder neun und hatten zwei Aushilfen." Und es wären neue nachgekommen, ist er überzeugt. Persönlich enttäuscht ist er zudem von OB Schramm, den er vergeblich um einen Gesprächstermin gebeten habe. "Es ist erschreckend, wie mit uns umgegangen wird", sagt er bitter. "Acht von uns sind bei der städtischen Feuerwehr und halten ihren Kopf hin, wenn's brennt."

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