Ein Jahr auf kleiner Flamme

Von Michael Weiser

Die Kulturfreunde starten am 5. Oktober mit Klavierkonzert von Florian Glemser in eine weitere Saison auf kleiner Flamme und ohne Stadthalle. Und sie bereiten sich damit auf schwere Zeiten vor.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wilfried Laudel hat eine Vorstellung, wie’s gehen könnte, vielleicht schon nächste Saison. 600 Menschen passen ins Parkett, 60 Musiker auf die Bühne, „auch die Bamberger Symphoniker könnten dort spielen“, sagt Laudel. Also: Man könnte Konzerte auch im Reichshof veranstalten, nur – mit diesem Ort gibt es bekanntermaßen Probleme. Der Eigentümer bewegt sich nicht wirklich, und ob die Stadt den Reichshof als eine Ersatzspielstätte akzeptiert und sich so weit engagiert, dass das Haus für Kulturveranstaltungen einigermaßen in Stand gesetzt wird – da ist sich Nitt auch nicht sicher. „Die Frage ist, bekommt die Stadt das auf die Reihe?“, sagt er. Am Montag tagt der Kulturausschuss, und der Reichshof ist noch im Rennen. So oder so aber müssen die Kulturfreunde fürs erste improvisieren.

Zieht Bayreuth gegen Bamberg den kürzeren?

Die Bayreuther Konzertveranstalter starten in eine Spielzeit ohne Stadthalle, mit dem Gratis-Klavierkonzert von Florian Glemser am 5. Oktober in eine Saison auf kleiner Flamme. In Bayreuth wird es - überwiegend im Europasaal des Zentrums - nur Kammermusik, symphonische Werke geringeren Umfangs oder Solokonzerte geben. Für zwei größere Veranstaltungen gehen die Kulturfreunde auf Reisen: Mit dem Bus fahren sie zu Heimspielen der Bamberger Symphoniker. Einerseits begrüßt Laudel den Shuttle-Service, auf der anderen Seite fürchtet er um die Zukunft des Vereins. Denn: „Damit betreiben wir Export von Bayreuther Kulturinteressierten nach Bamberg.“ Tatsächlich gehen schon jetzt zahlreiche Bayreuther lieber in Bamberg zu Konzerten der Symphoniker – gegen den Keilberth-Saal und das Kongresszentrum kommt die Bayreuther Stadthalle einfach nicht an. Das Zentrum hat ebenfalls nicht die Atmosphäre einer klassischen Konzerthalle, "hat aber eine hochflexible Truppe", sagt Laudel.

Starker Schwund

Ohnehin befindet sich der Verein in einer schwierigen Lage. Schon die vergangene Saison war überschattet von Unsicherheit. Wie würde es mit der Stadthalle weitergehen? Das Interesse an klassischer Musik in Bayreuth schwand aber auch davor schon. Einst standen die Interessenten an für Karten. In den vergangenen Jahren aber schafften es allenfalls die Bamberger Symphoniker, die angestaubte Stadthalle zu füllen. Auch das aufrechte Fähnlein der Kulturfreunde schmilzt zusammen. Rund 205 Abonnenten zählen die Kulturfreunde noch, jüngere Menschen sind kaum vertreten. Zehn Prozent der Abonnenten habe der Verein im vergangenen Jahr verloren, sagt Laudel.

Ein Verein als Talentscout

Ob eine neue, schicke Stadthalle mit brillanter Akustik zum Publikumsmagneten werden kann? Es könnte knapp werden. Erst in vier, fünf Jahren dürfte die Stadthalle ihre Pforten wieder öffnen, in welcher Gestalt auch immer. Schon jetzt zehrt der Mitglieder und Publikumsschwund am Spielraum der Kulturfreunde: Die Verpflichtung prominenter Künstler ist da stets ein schwer zu kalkulierender Kraftakt. „Die Kosten sind explodiert“, sagt Laudel, der in der Zurückhaltung aber auch eine große Chance sieht. Der musikalische Nachwuchs spiele aktuell auf einem Niveau von einsamer Höhe, es gilt – mit Hilfe von Beziehungen und fleißigem Konzertbesuch –, Talente zu orten und nach Bayreuth zu ziehen. Man erinnere sich an Alina Pogostkina, die vor drei Jahren in Bayreuth mit Peteris Vasks Violinkonzert "Fernes Licht" das Publikum bezauberte und nun international große Erfolge feiert.  

Da sieht Laudel seinen Verein auch in der Funktion des Scouts, der Stars erkennt, bevor sie Stars sind. Und auf ein Versprechen vertraut, das noch seiner Einlösung harrt. „So mancher Künstler, der heute hoch berühmt ist, hat bei uns noch als Talent gespielt“, sagt Laudel.

Die Termine

Mittwoch, 5. Oktober, 20 Uhr, Klavierkonzert mit Florian Glemser. Werke von Johann Sebastian Bach, Claude Debussy, Robert Schumann.

Mittwoch, 12. Oktober, 20 Uhr, Stuttgarter Kammerorchester, Leitung: Matthias Foremny; Solistin: Alexandra Conunova, Violine. Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Peteris Vasks, Franz Schubert: „Der Tod und das Mädchen“ D 810 Fassung für Streichorchester.

Sonntag, 30. Oktober, 17 Uhr, Klavierkonzert: Claire Huangci spielt Werke von Domenico Scarlatti, Johannes Brahms, Franz Schubert.

Sonntag, 13. November, 17 Uhr, Trio Kontra mit Johanna Pichlmair, Violine, Andreas Ehelebe, Kontrabass, Georg Michael Grau, Klavier. Werke von Johann Sebastian Bach, Krzysztof Penderecki, Giovanni Bottesini, Sergej Rachmaninow und Astor Piazzolla.

Sonntag, 4. Dezember, 17 Uhr, Das Arcos Orchester New York, Leitung: Christopher Lyndon-Gee, Solist: Benedict Kloeckner, Violoncello, spielt Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Pehr Henrik Nordgren, Christopher Lyndon-Gee:, Robert Schumann.

Samstag, 17. Dezember, 19.30 Uhr, In Bamberg: Die Bamberger Symphoniker, Dirigent: Louis Langrée, Solistin: Claire-Marie Le Guay, Klavier; spielen Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Maurice Ravel, Claude Debussy und George Gershwin.

Freitag, 13. Januar, 19.30 Uhr, In Bamberg: Die Bamberger Symphoniker, Dirigent: Christoph Eschenbach, Solistin: Ye-Eun Choi, Violine, spielen Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Felix Mendelssohn Bartholdy: Konzert für Violine und Orchester, Gustav Mahler.

Mittwoch, 8. Februar, 20 Uhr, Das Aris-Streichquartett (Anna Katharina Wildermuth, Violine, Noémi Zipperling, Violine, Caspar Vinzens, Viola, Lukas Sieber, Violoncello) spielt Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, György Kurtág, Felix Mendessohn Bartholdy.

Mittwoch, 22. Februar, 20 Uhr, Die Staatskapelle Weimar, Leitung von Frank Dupree, Solist: Simon Höfele, Trompete, Werke von Johann Sebastian Bach, Alessandro Marcello, Igor Strawinsky, Sergei Prokofiev, Dmitri Schostakowitsch.

Freitag, 10. März, 20 Uhr, Die Staatsphilharmonie Nürnberg unter, Leitung: Marcus Bosch, Solistin: Hrachuhi Bassenz, Sopran, präsentiert Werke von Ludwig v. Beethoven.

Freitag, 24. März, 20 Uhr, Das Kammerorchester des Nationaltheaters Prag, Leitung: Jakub Klecker, Solistin: Anastasia Kobekina, Violoncello, spielt Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Peter Tschaikowski und Ludwig van Beethoven.

Mittwoch, 5. April, 20 Uhr, Schlosskirche Bayreuth, Lautten Compagney / ensemble amarcord, Leitung: Wolfgang Katschner: Monteverdis Marienvesper.

Samstag, 13. Mai, 20 Uhr, Das Hungarian Chamber Orchestra, Leitung: Béla Bánfalvi, Solist: Leonard Eschenbroich, Violoncello, spielt Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Gustav Holst, Nicolò Paganini, Antonio Vivaldi, Edward Elgar, Peteris Vasks. Alle Konzerte der Kulturfreunde in der kommenden Saison finden – soweit nicht anders angegeben – im Zentrum statt.

Bilder