"Spiegel": Loveparade-Veranstalter stellt Videos ins Internet

 Foto: red

DUISBURG/DÜSSELDORF. Fünf Wochen nach der Loveparade- Katastrophe in Duisburg mit 21 Toten will der Veranstalter das gesamte Videomaterial seiner Überwachungskameras ins Internet stellen. Damit sollten die taktischen Fehlleistungen der Polizei dokumentiert werden, sagte der geschäftsführende Gesellschafter der Firma Lopavent, Rainer Schaller, in einem Interview mit dem "Spiegel". Der Inspekteur der NRW-Polizei, Dieter Wehe, wies die Vorwürfe am Samstag in einer Pressemitteilung zurück.

 
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"Jeder soll sich selbst ein Bild von den Abläufen machen können", sagte Schaller dem "Spiegel". Er hatte den Einsatz der Polizei am Unglückstag bereits zuvor scharf kritisiert. Bei dem Videomaterial handele es sich um Aufnahmen von sieben Kameras mit einer Laufzeit von mehr als 22 Stunden. Wann die Aufnahmen veröffentlicht werden, ging aus dem Bericht des Nachrichtenmagazins nicht hervor.

Die Polizei habe, als sich vor den Zugängen im westlichen und im östlichen Bereich des Veranstaltungsgeländes ab 15.50 Uhr die Massen stauten, aus unerklärlichen Gründen drei Sperrketten gebildet, sagte Schaller, zwei in den Tunneln und eine auf dem unteren Teil der Zugangsrampe. Diese Ketten seien vermutlich die Ursache der Katastrophe gewesen. "Für uns stellt sich die Frage, warum die Polizei dies tat." Ohne die Polizeikette auf der Rampe würden die Menschen noch leben, behauptet Schaller.

Polizei-Inspekteur: Aussagen Schallers nicht wahrer durch Wiederholung

Der Inspekteur der NRW-Polizei, Wehe, wies Schallers Vorwürfe zurück: "Seine Aussagen werden nicht besser, nur weil er sie wiederholt. Der Veranstalter hat die Polizei um Hilfe gebeten, weil sein Sicherheitskonzept zusammen gebrochen war. Er hatte zugesagt, die Eingangsschleusen zu schließen. Das ist nicht geschehen."

Die Polizei werde den nordrhein-westfälischen Landtag und die Öffentlichkeit am 2. September (Donnerstag) im Innenausschuss weiter über die ihr vorliegenden Erkenntnisse zum Handeln der Polizei bei der Loveparade informieren, sagte Wehe. "Dabei werden wir die Fakten darlegen. Entscheidend werde das Zusammenwirken von Veranstalter Lopavent, der Stadt Duisburg als Genehmigungs- und Gefahrenabwehrbehörde und der Polizei sein. Gerichte, Angehörige der Opfer und die Öffentlichkeit können danach ihre Bewertung vornehmen", erklärte der Inspekteur.

Schaller wird dem Ausschuss dem "Spiegel"-Interview zufolge fernbleiben. Er wird demnach Vertreter seiner Firma schicken. "Ich war Veranstalter, und die Menschen wären nicht gestorben, wenn die Veranstaltung nicht gewesen wäre. Wer Schuld hat, muss juristisch geklärt werden, selbstverständlich stelle ich mich auch hier der Verantwortung", sagte er in dem Interview. Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) dagegen hatte sein Kommen zur der Sitzung des Innenausschusses zugesagt.

Die Ratsfraktionen von SPD, Linken und FDP beantragten am Freitag die Abwahl des umstrittenen Oberbürgermeisters. Das teilten die Ratsfraktionen in Duisburg mit. Die Stadt bestätigte den Eingang des Antrags. Über ihn soll bei einer Sondersitzung Mitte September unter allen Mitgliedern, mit Ausnahme von Sauerland, abgestimmt werden.    Die 38 Ratsmitglieder der drei Parteien hatten zuvor den Abwahl- Antrag unterzeichnet. Der Rat hat 75 Mitglieder. Bei der Sitzung müssen zwei Drittel der Mitglieder dem Abwahl-Antrag zustimmen. Akzeptiert der Bürgermeister das Ergebnis, ist er abgewählt. Akzeptiert er nicht, entscheiden die Bürger. Sauerland gilt vielen als der Hauptverantwortliche der Loveparade-Katastrophe vom 24. Juli. Der Kommunalpolitiker lehnt seit Wochen einen Rücktritt ab und sieht keine persönliche Schuld. Text/Bild: dpa

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