Dschungelcamp 8: Hartnäckige Schwänze

Von Christophe Braun
 Foto: red

Die Camper sind hungrig, riechen streng und fangen an, einander hysterisch anzuschreien: Bergfest beim Dschungelcamp! In unserer Einzelkritik erfahren Sie, ob das Promi-Fallobst von Down Under noch genussreif ist.

 
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Jürgen: Verarscht

Der kölsche Frohnatur ist keine mehr. Jedenfalls nicht, wenn es ums Essen geht. Davon bekommt Jürgen nämlich zu wenig – und das bisschen lässt sich kaum kauen. Das ist zu viel für den Big-Brother-Veteranen: „Wenn man acht Sterne holt und dann ’nen Känguruschwanz zum Essen kriegt, das ist für mich Verarsche!“ Tja, Jürgen. Das mit den Dschungelprüfungen, dem Essen und der Demütigung seitens der Dschungelcamp-Redaktion sollte sich nach zehn Staffeln eigentlich herumgesprochen haben? Immer dran denken: Angemeldet hast Du Dich ganz alleine.

Genussreif? Ja. Jürgen sollte noch ein paar Tage bleiben, schon allein, damit er noch mehr aus der Reserve kommt.

 

Brigitte: Verzückt

Es fällt kaum auf, aber: Brigitte ist immer noch dabei. Betont immer wieder, wie viel Spaß sie hat. Wozu sie zu beglückwünschen ist – wir anderen haben nämlich herzlich wenig von ihr.

Genussreif? Eher nicht. Scheint praktisch keine (Unterhaltungs-)Nährstoffe mehr zu enthalten.

 

Rolf: Vergangen

Erinnern Sie sich an die Geschichte von Diogenes, der am hellichten Tag mit einer Laterne durch Athen gelaufen sein soll – „auf der Suche nach einem Menschen“?

Im aktuellen Dschungelcamp hatte Rolf es sich in der Rolle des spinnerten Philosophen gemütlich gemacht. Er hat Diogenes sogar regelrecht zitiert: Zu Beginn der achten Folge schlurft er lethargisch durchs Camp, vorbei an den anderen Promidarstellern, und brüllt immer wieder unwillkürlich „Halllloooooo ..?“, „Haaaaalllllooooo ..?“, als sei niemand da.

Seine irrlichternde Ich-bin-nicht-wirklich-bei-Euch-Art hat dem Camp eine hübsche Note gegeben. Schade, dass der Arzt ihn aus dem Camp nehmen musste. Wir werden ihn vermissen.

Genussreif? Sehr. Leider hat sein Alter ihn zur verbotenen Frucht gemacht.

 

Natalie: Verraten

David und Natalie inszenieren seit ein paar Tagen eine verlogene Teenie-Romanze. Die lässt sich kaum beschreiben, ohne auf das sprachliche Register eines Arztromans abzurutschen. Deshalb sei sie nur angedeutet – in Zitaten:

 

Natalie: Der Wind ist schön.

David: Sehr sanft, ne? So sanft. Der Wind.

 

David: Hammer, ist bald schon das Ende der Sendung hier. Gibt es jemanden, dem Du das gönnen würdest hier?

Natalie (seufzt): Ja, Dir.

David (schaudernd): Gute Antwort!

 

David wurde dann wenig später rausgewählt. Natalie bleibt zurück. Verraten. Allein.

Genussreif? Weniger. Natalie ohne David ist wie eine Avocado ohne Kern – wird ganz schnell schlecht.

 

Thorsten: Verhindert

Sie haben es bereits geahnt – die „hartnäckigen Schwänze“ aus der Überschrift stammen natürlich von Herrn L. Dabei bezog er sich übrigens auf das Essen, über das Jürgen sich so trefflich echauffiert hat. „Hartnäckige Schwänze“ ist aber auch eine schöne Umschreibung für den Camper-Typus Legat: Er will’s einfach wissen. „Ich möchte doch erst noch anfangen!“, sagt er, und im Gegensatz zu vielen anderen befürchten wir in seinem Fall, dass er es damit wirklich ernstmeint. Muss bleiben.

Genussreif? Ganz bestimmt.

 

Jenny: Vergessen

Jenny „plappert und plappert und plappert – die spürt das gar nicht mehr“ (Rolf). Was sie erzählt, scheint allerdings so belanglos zu sein, dass weder die übrigen Camper noch RTL dem allzu viel abgewinnen können. Elvers’ Dauerbeschallung wird langsam eins mit dem Hintergrundchoral der Dschungelgrillen.

Genussreif? Eher nicht. Ihr Abschied wäre verkraftbar.

 

Ricky: Verzweifelt

Der Ex-Moderator und Ex-Haupthaarbesitzer Ricky bricht zu Beginn der Dschungelprüfung gleich mal in Tränen aus. „Das ist schlimmer als alle Alpträume!“, schluchzt er, als er erfährt, dass er in einen Klettergarten muss. Ausgerechnet er, der doch an Höhenangst leidet! „Ich kann gar nicht reden ..!“ Helena beweist einen Anflug von Empathie („Du schaffst das ...“), ruiniert ihn aber 30 Sekunden später wieder („Du DARFST KEINE PANIK BEKOMMEN!“). Die Dschungelprüfung scheitert grandios, bietet aber ungeahnte melodramatische Momente, auf die wir gleich eingehen wollen. Zunächst aber ein kleiner Exkurs:

Rickys Frisur: Verstörend

Jugendschützer und Medienkritiker beklagen seit einem Jahrzehnt die menschenverachtenden, voyeuristischen und insgesamt asozialen Teile der Show. Und ja, klar, sie haben alle recht. Aber all das Kotzfrucht-Essen, Schlüpfer-Zeigen und Camper-gegeneinander-Ausspielen ist nichts gegen den ästhetischen Malstrom, den Rickys Frisur darstellt. Jedes Mal, wenn der unbedeckte, zu gleichen Teilen beglatzte und rasta-belockte Kopf des Ex-TV-Sternchens ins Bild kommt, rollen sich uns die Fußnägel hoch. Wieso hat die Deutsche Friseurinnung noch keine Pressemitteilung zu dem Thema versendet? Nötig wär’s.

Genussreif? Ricky – ja. Er beweist ungeahnte Bösewicht-Qualitäten. Was Blofeld die weiße Katze, das ist Ricky seine merkwürdige Puppe. An Helena hat er jetzt einen durchaus gelungenen Psychoterror-Anschlag ausgeübt. Rickys Frisur allerdings ist definitiv drüber. Die gehört entsorgt.

 

Helena: Verloren

Die Anti-Heldin der zehnten Staffel wandelt sich vom Täter zum Opfer. Sympathischer wird sie nicht, aber unser Bild der Ex-TV-Anwältin wird differenzierter. Ihr Totalversagen in der Dschungelprüfung – sie steht mit verbundenen Augen auf einer Hängebrücke und ist außerstande, mehr als ein paar Trippelschritte zu machen – ist zwar desaströs, wirkt aber immerhin authentischer als die Vorführung ihres Prüfungspartners Ricky. Der soll auf einer zweiten Hängebrücke stehen und die blinde Helena leiten. Zunächst erklärt er, er könne nicht teilnehmen. Bricht in Tränen aus. Dann reißt er sich zusammen. Taumelt, läuft, springt über die Brücke – und kommentiert seine Wandlung vom Höhen-Zausel zum Möchtegern-Bungeespringer ebenso wort- wie tränenreich. Großartige Heldengeschichte, denkt er vermutlich. Wir fragen uns, wen er damit verarschen will. Fazit: Im Zusammenspiel mit Ricky wird Helena zur tragischen Anti-Heldin. Vielleicht hätte Schiller ihr ein Drama gewidmet.

Genussreif? Ohne Einschränkungen – ja. Helena ist zwar nicht sympathisch, aber interessant.

 

Menderes: Verschont

Ist in der zehnten Folge praktisch nicht in Erscheinung getreten. Spielt weiterhin die Rolle des unglücklichen Camp-Babys.

Genussreif? Geschmackssache. Die einen mögen die Menderes-Tragikomödie, die anderen nicht. Wir könnten verzichten.

 

Sophia: Verkannt

Sophia ist die Überraschung der aktuellen Staffel. Sie mag nicht die hellste Kerze im Leuchter sein, ist aber viel eloquenter und witziger, als man ihr im Vorhinein zugetraut hätte. In der achten Folge kam sie aber kaum zu Wort.

Genussreif? Sie soll ruhig noch ein bisschen bleiben, wir versprechen uns davon einiges.

 

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