Drogenboss-Interview: Ärger für Sean Penn

Von Martina Bay
Foto: Hans Punz/dpa Foto: red

Hollywood-Star Sean Penn ist für sein Interview mit dem mexikanischen Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzmán in den USA scharf kritisiert worden. Ein Sprecher des Weißen Haus sagte, es sei "unerträglich", wie Guzmán mit seinen Verbrechen geprahlt habe. Das "sogenannte Interview" werfe einige "interessante Fragen" an Penn und andere Beteiligte auf, sagte der Stabschef von Präsident Barack Obama. Das Interview ist in der Tat merkwürdig.

 
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Drei Monate, bevor der meistgesuchte Verbrecher Amerikas am Freitag vom mexikanischen Militär geschnappt wurde, hatte er den US-Schauspieler Penn im Dschungel empfangen und einen Tequila mit ihm getrunken. Das US-Magazin "Rolling Stone" berichtete am Samstag in allen Einzelheiten über die konspirative Begegnung, der monatelange Geheimverhandlungen vorausgegangen waren, an denen auch die mexikanische Schauspielerin Kate del Castillo beteiligt gewesen sein soll.

Mit Verbrechen geprahlt

Penn schrieb im "Rolling Stone", er habe sich am 2. Oktober sieben Stunden lang mit Guzmán auf einer Dschungellichtung getroffen. Das Magazin druckte ein Foto, auf dem Penn Guzmán die Hand gibt. Bei einem Tequila habe "El Chapo" dann mit seinen Verbrechen geprahlt: "Ich liefere mehr Heroin, Methamphetamin, Kokain und Marihuana als irgend jemand sonst in der Welt", gab ihn Penn wieder. "Ich habe eine Flotte aus U-Booten, Flugzeugen, Lastwagen und Schiffen."

Mexikos Generalstaatsanwältin Arely Gómez hatte am Freitag berichtet, die Behörden seien über Treffen Guzmáns mit Regisseuren und Schauspielern im Bilde gewesen, und diese hätten bei seiner Ortung geholfen. Der Drogenboss habe offenbar gehofft, es werde ein Film über ihn gedreht. Ein mexikanischer Regierungsmitarbeiter präzisierte am Samstag: "Wir wussten von diesem Treffen."

Hat Penn mit dem Interview gegen Gesetze verstoßen?

Am Sonntag verlautete dann aus Ermittlerkreisen, Penn und del Castillo sollten vernommen werden. Nach Angaben eines mexikanischen Regierungsvertreters ist noch unklar, ob die Schauspieler mit dem Interview gegen Gesetze verstoßen haben. Zwar könne ein Reporter einen mutmaßlichen Drogenhändler interviewen. Penn und del Castillo seien aber "keine Journalisten", sagte der Regierungsvertreter. Das Weiße Haus wollte sich nicht dazu äußern.

Scharfe Kritik kam auch von dem republikanischen Präsidentschaftsbewerber Marco Rubio. Ein Schauspieler, der den Vereinigten Staaten seine Karriere verdanke, habe natürlich das "verfassungsmäßige Recht, sich bei einem Verbrecher und Drogenhändler einzuschleimen", sagte der Senator. "Ich finde das aber grotesk."

Auslieferungsverfahren eingeleitet

Zwei Tage nach der Festnahme von Joaquín „El Chapo“ Guzmán haben die mexikanischen Behörden das Auslieferungsverfahren gegen den Drogenboss offiziell eingeleitet. Mitarbeiter von Interpol Mexiko stellten am Sonntag im Hochsicherheitsgefängnis El Altiplano zwei Haftbefehle mit dem Ziel der Auslieferung an die USA zu, wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Damit hat der Prozess formell begonnen.

Hier sind einige Aussagen aus dem Interview, die doch etwas seltsam wirken

1. Kein gewaltätiger Mensch

Penn sieht Guzmán eher als Unternehmer, nicht als gewaltätigen Menschen.Sean Penn fragt Guzmán, ob er ein gewaltätiger Mensch sei. Dieser verneint die Frage. Er verteidige sich schließlich nur. In Mexikos Drogenkrieg sind zwischen 2006 und 2014 rund 80.000 Menschen gestorben. Nach Guzmáns Festnahme im Jahr 2014 sagte dieser: "Ich habe 2000 oder 3000 Menschen getötet."

2. Keine Verantwortung beim Drogenboss

Auf die Frage, ob er für die Drogensucht in der Welt verantwortlich sei, lautet Guzmáns Antwort Nein. Nach seiner Ansicht gebe es den Drogenhandel gar nicht.

3. Keine Drogengeschäfte aus dem Gefängnis

Als er im Gefängnis gewesen sei, seien die Drogengeschäfte nicht gestiegen, sagt Guzmán. Das Drogengeschäft sei nicht weniger geworden, aber auch nicht mehr.

4. Kein Kartell

Ein Kartell gebe es nicht, so Guzmán. Auch das stimmt so nicht. Das von Guzmán geführte Sinaloa-Kartell macht Milliardenumsätze. Allein mit dem Drogengeschäft setzt das Kartell Schätzungen zufolgen jährlich rund drei Milliarden US-Dollar (2,7 Milliarden Euro) um. Zunächst setzte es auf Marihuana, dann kamen Heroin und Kokain hinzu. In den USA soll das Kartell zeitweise für rund 25 Prozent des Kokain-Angebots verantwortlich gewesen sein. Heute ist das Sinaloa-Kartell faktisch ein multinationaler Großkonzern.

Mit Material von Rolling Stone, afp, dpa