Dieser Abend wird eine Unverschämtheit - Stadtschreiber a.D. als Ehrengast Erster Kurier-Hate-Slam am 5. Februar im Zentrum

Von Florian Zinnecker
Foto: red Foto: red

Immer wieder passiert es, dass ein Leser sich ärgert über etwas, das wir geschrieben haben. Manche Leser ärgern sich so sehr, dass sie uns einen Brief schreiben. Und manchmal ist die Wut so groß, dass ein Leser beim Verfassen seiner Beschwerde allen Anstand und all seine guten Manieren vergisst. Am Mittwoch, 5. Februar, öffnen wir diese Schublade. Und lesen beim ersten Kurier-Hate-Slam (sprich: Häit-Släm) „Best of Kurier-Leser“ im Zentrum aus den größten Unverschämtheiten vor. Worum es geht, hat Kulturredakteur Florian Zinnecker vorab mit seinem Chef Joachim Braun besprochen.

 
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Herr Braun, was ist lustig daran, wenn sich Leser bei ihrer Zeitung beschweren?
Joachim Braun: Das wird erst dann lustig, wenn diese Leser vergessen, dass sie irgendwann einmal eine Erziehung genossen haben. Wenn sie einfach drauflosschimpfen, als ob Journalisten der letzte Dreck sind. Manche Beschwerdeführer schreiben anonym, andere unterzeichnen mit vollem Namen.

Was glauben Sie: Was veranlasst Leser, so überzureagieren?
Braun: Eigentlich ärgert es mich, wenn Leute mit anderen Leuten so umgehen. Weil ich glaube, wir Journalisten tun das in dieser Form auch nicht. Andererseits ist es sogar eine Qualität, wenn Journalisten beschimpft werden. Weil das zeigt, wie emotional die Menschen mit ihrer Zeitung umgehen. Es ist für Journalisten nicht immer bequem, dass – ähnlich wie die Zuschauer beim Fußball – viele Zeitungsleser meinen, sie wüssten selbst am besten, wie Journalismus geht. Aber es zeigt natürlich eine starke Verbundenheit mit der Zeitung. Diese Verbundenheit äußert sich manchmal in überschwänglichem Lob, aber viel häufiger in teilweise bodenloser Kritik. Die landet bei unseren Leserbrief-Redakteuren, die dann rückfragen: Wollen Sie das wirklich so formulieren?

Hätten Sie mal ein Beispiel?
Braun: (sucht) „Ihr könnt kein Deutsch, und Eurem Chefredakteur ist alles schnurz und piepe. Seid ihr nur bockig oder wirklich dumm, oder seht gar nicht ein, dass man nach Hinweisen Änderungen durchaus machen kann. Lest Euren Scheiß doch durch, ehe er ins Netz geht.“ Reicht das? Die harten Sachen kann man doch hier nicht abdrucken.
 

Was antworten Sie den Absendern?
Braun: Anfangs habe ich noch versucht, zu antworten. Ich habe dann geschrieben, dass wir den Leserbrief gern abdrucken, wenn er in einer Art und Weise verfasst ist, dass man etwas damit anfangen kann. Wenn der Umgangston einigermaßen zivil ist. Das habe ich irgendwann aufgegeben, denn die Antworten, die ich darauf bekommen habe, waren noch grober.
 

Man muss aber nicht fürchten, dass man als Leser auf großer Bühne lächerlich gemacht wird, nur weil man sich mal beim Kurier beschwert hat?
Braun: Nein. Die meisten Leser haben ja auch recht mit ihrer Kritik – es passieren ja tagtäglich viel zu viele Fehler, in dieser Zeitung wie in anderen. Damit müssen wir umgehen, und auch mit der Reaktion der Leser. Mit sachlicher Kritik setze ich mich jederzeit gern auseinander. Aber nicht mit dumpfer Polemik. Da ist nichts zu machen. Ich denke mir dann aber immer, besser, dieser Mensch schreibt uns jetzt so einen Brief, als dass er in seiner Wut seine Kinder schlägt.

Hoffen Sie, dass der Kurier-Hate-Slam etwas bewirkt? Eine neue Kritik-Kultur?
Braun: Nein. Ich gehe nicht davon aus, dass das aufhört. Der Hate-Slam soll Unterhaltung sein. Außerdem finde ich’s einen nicht zu unterschätzenden Aspekt, dass Journalisten mal aus ihrer Redaktionsstube rauskommen und sich den Leuten stellen, für die sie schreiben. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt: dass wir unseren Lesern – und anderen, die es interessiert – zeigen, wir sind auch Menschen. Mit Fehlern. Auch wenn wir mit unseren journalistischen Formaten oft den Eindruck erwecken, wir würden uns für fehlerlos halten. Das stimmt nicht, das tun wir nicht.
 

Was genau wird am 5. Februar passieren?
Braun: Wir lesen aus Leserbriefen vor, selbstverständlich anonymisiert. Wir lesen auch unsere eigenen Stilblüten – wir bieten also einen unterhaltsamen Einblick in den Papierkorb der Redaktion.


INFO: Karten für den Kurier-Hate-Slam „Best of Kurier-Leser“ am Mittwoch, 5. Februar, im Zentrum – mit Ex-Stadtschreiber Volker Strübing als Ehrengast – sind in der Kurier-Geschäftsstelle, an der Theaterkasse und in der Buchhandlung Hugendubel für 5 Euro erhältlich.