Thema Bischofssynode: Zeichen der Bewegung

Von Julius Müller-Meiningen

Die Bischofssynode im Vatikan ist eine Zäsur in der jüngeren Geschichte der katholischen Kirche. Niemals zuvor haben sich die Spitzenexponenten der Kurie und der Bischofskonferenzen so offen mit dem Thema Familie befasst. Wenn die katholische Kirche über Familie spricht, dann bedeutete dies bisher eines: die Bestätigung der bestehenden, rigorosen Lehre zu Themen wie Ehe, Partnerschaft und Sex. In diesem Zusammenhang hat sich im Vatikan die Perspektive geändert.

 
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Die Mehrheit der Kirchenführer verschanzt sich nun nicht mehr hinter den sogenannten nicht verhandelbaren Prinzipien. Zum ersten Mal forderten die Synodenväter einen neuen Blick auf die Familie. Anstatt explizit homosexuelle Handlungen oder nichteheliche Partnerschaften zu verurteilen, erkannten die Bischöfe erstmals positive Elemente an in Situationen, die nicht dem Ideal der katholischen Doktrin entsprechen. Es ist wirklich so, wie ein Synodenteilnehmer es formulierte: Die katholische Kirche blickt erstmals nicht mehr in die Schlafzimmer der Menschen, sondern in ihre Wohnzimmer.

Auch wenn im Schlussdokument eine explizite Öffnung gegenüber Homosexuellen, wie sie noch im Zwischenbericht zu lesen war, wieder kassiert wurde: Die Bischöfe haben eine Türe zur Wirklichkeit der Menschen geöffnet, anstatt sie zum unzähligsten Male zuzuschlagen. Diesen offenen Spalt werden auch die Traditionalisten im Klerus nicht so leicht wieder verschließen können. Wenn man so will, hält Papst Franziskus, Garant und Initiator dieser Entwicklung, die Tür gegen die Widerstände auf. Denn die sind, wenn auch in der Minderheit, nicht zu überhören.

Seit Franziskus Papst ist, weht ein frischer Wind in der katholischen Kirche. Er ist Dreh- und Angelpunkt dieser mehr als symbolischen Öffnung. Mit seiner steten Forderung nach Barmherzigkeit hat Franziskus den Bischöfen den Weg gewiesen. Der Papst bekommt nun von den Konservativen noch mehr Widerstand als bisher. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet jetzt in Italien ein viel beachtetes Buch herauskommt, das die Wahl Bergoglios im Konklave 2013 als ungültig bezeichnet. In Rom wird mit allen Mitteln um die Vorherrschaft gekämpft.

Doch Franziskus hat das letzte Wort. Er wird nach der Synode im nächsten Jahr die Empfehlungen der Bischöfe in ein verbindliches Programm gießen. Und dessen Wirkung dürfte erheblich sein.