Die Bindlacher Bastardechse Urwelt-Museum deckt wissenschaftlichen Schwindel auf

Von Moritz Kircher
Stefan Eggmaier, Präparator im Urwelt-Museum, hat in seinem Fundus Knochenstücke eines Nothosaurus gefunden, die zu einem Skelett passen, das sich schon in der Sammlung des Museums befindet. Foto: Moritz Kircher Foto: red

Dass Stefan Eggmaier und Hermann von Meyer einmal gemeinsam einen wissenschaftlichen Schwindel aufklären würden, hätten beide nie gedacht. Schließlich ist von Meyer seit 145 Jahren tot. Stefan Eggmaier hingegen ist quicklebendig und arbeitet als Präparator für das Bayreuther Urwelt-Museum. Doch beide ahnten, dass mit dem Skelett eines Nothosaurus, das im Jahr 1834 bei Bindlach gefunden wurde, irgendetwas nicht stimmt.

 
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Der Fund war damals eine wissenschaftliche Sensation. Das Skelett, das in einem Steinbruch am Oschenberg auftauchte, gehört zur bis dato unbekannten Art der Nothosaurier. Ein bis zu drei Meter langer, flinker Unterwasser-Jäger. Zuerst gelangten die Knochen in die Hände von Georg Graf zu Münster - ein in Bayreuth tätiger Beamter und Pionier der Saurierforschung.

Er habe die Knochen zuerst verschiedenen Tieren zugeordnet, sagt Joachim Rabold, Leiter des Bayreuther Urwelt-Museums, das im Besitz des Skeletts ist. Doch dann merkte Graf Münster, dass es doch die Knochen eines einzigen Tieres waren. "Das brachte dem Fund den Namen Wundersame Bastardechse ein", erklärt Rabold. Der Holosaurus mirabilis feierte mehr als 200 Millionen Jahre nach seinem Aussterben eine wissenschaftliche Wiedergeburt.

Rabold: Die haben offenbar getrickst

Doch kurz nach dem Fund muss sich irgendjemand an dem Skelett noch einmal schöpferisch betätigt haben. "Ich kann mir nicht erklären, was die damals getrieben haben", sagt Rabold. "Die haben offenbar getrickst und sich ein schönes Exponat gebastelt." Diese Lunte muss auch Hermann von Meyer gerochen haben. Denn als er das Stück im Jahre 1840 erstmals wissenschaftlich beschrieb, beschränkte er sich auf die vollständig erhaltene Wirbelsäule des Sauriers - und hatte damit den richtigen Riecher.

Denn die Wundersame Bastardechse hatte ihren Namen zu diesem Zeitpunkt tatsächlich verdient. Einige Knochen saßen nicht an der richtigen Stelle. Andere Knochen - so zum Beispiel der komplette Kopf - stammten zwar von einem Nothosaurus, aber von einem anderen Tier. Und dennoch gilt die Bindlacher Bastardechse in der Wissenschaft seit jeher als so genannter Holotypus. Sprich: Alle weiteren Funde werden anhand diese Skelets bestimmt.

Nothosaurus mit falschem Kopf

Ein Abguss des Nothosaurus mirabilis ist derzeit im Urwelt-Museum ausgestellt. Das Original befindet sich in der Werkstatt von Stefan Eggmeier. Er stolperte in seinem Fundus über einen Knochen, der irgendwie zum Nothosaurus zu passen schien. Er hat das Teil drangehalten und - "die Brüche waren da".

Da war Eggmaiers detektivische Neugier geweckt und er begann ein gut sechs Monate dauerndes Puzzlespiel. "Da hat mir das Buch von Hermann von Meyer ziemlich geholfen", sagt er. Ein Stück eines Oberarmknochens hat der Präparator nur wieder gefunden, weil sein Vorgänger vor 174 Jahren ein kleines Loch im Knochen beschrieben hatte. Er zeigt den Knochen vor, das Loch ist noch da.

Immer mehr Stücke des Skeletts traten im Fundus des Museums zutage. Und immer mehr der kleinen wissenschaftlichen Schwindel deckte Eggmeier auf. Neben dem falschen Kopf wurde damals einige Knochen nicht dort platziert, wo sie hingehörten, sondern wo sie schön aussahen. Ein Beckenknochen zierte zum Beispiel den Arm des Nothosaurus. Und einige Wirbel wurden damals von anderen Tieren geborgt oder gleich ganz aus Gips geschnitten.

Der echte Schädel bleibt verschwunden

"Das ist schon okay so", sagt Eggmeier. "Wenn man es auch so dokumentiert." Damals wurde der Fund aber als Original verkauft. "Ein gut gemeinter Schwindel", nennt das der Präparator. Er ist nun dabei, das Skelett der Wundersamen Bastardechse aufzubereiten. Dabei hat er kaum Hoffnung, dass der echte Schädel des Reptils irgendwann noch auftaucht. Im Fundus des Urwelt-Museums befindet er sich nicht. Und der Steinbruch am Oschenberg ist längst Vergangenheit.

Joachim Rabold will den Holtypus bei sich im Museum ausstellen, wenn er fertig präpariert ist. Wann es soweit sein wird, kann er noch nicht sagen. Aber wenn der Wissenschaftskrimi endgültig gelöst ist, wird er neben dem Abguss von damals und einer Nachbildung eines lebenden Nothosaurus mirabilis zu sehen sein.

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