In einem Leserbrief an den „Nordbayerischen Kurier“ am 8. Oktober machte Christine Hundsdörfer ihrer Empörung Luft. Sie hat ein Zimmer an einen jungen Mann vermietet, der in der Stadt studiert. Christine Hundsdörfer und ihr Ehemann Roland wundern sich über die Tatsache, dass Stockau nur wenige Kilometer von Bayreuth entfernt ist, aber nicht mehr im Geltungsbereich des Semestertickets liegt, während in Richtung Kulmbach Züge mit dem Freifahrschein benutzt werden dürfen. So wie der Mieter der Hundsdörfers müssen auch andere Studenten aus dem östlichen Landkreis für die tägliche Fahrt zur Uni extra bezahlen. Der Redaktion sind rund ein Dutzend Betroffene gemeldet worden. Markus Holzinger, Vorsitzender des Studierendenparlaments (Stupa), spricht von etwa zehn Protest-E-Mails, die ihn erreicht haben.

Strecken nach Studenten-Umfrage nicht stark frequentiert

Was die Betroffenen besonders ärgert: Alle Studenten sind verpflichtet, das Semesterticket zu kaufen. Aktuell kostet es 40,30 Euro und berechtigt zur Benutzung von Bus und Bahn in Stadt und Landkreis. Freie Fahrt gewähren unter anderem die Bayreuther Verkehrs- und Bäder-GmbH (BVB), der Omnibusverkehr Franken (OVF), die Deutsche Bahn und das Bahnunternehmen Agilis. Auf den Agilis-Linien nach Weidenberg und Kirchenlaibach gilt das Ticket jetzt nicht mehr. „Wo bleibt da die Gleichbehandlung?“ fragen sich die Hundsdörfers.

Bastian Goßner, bei dem Regensburger Unternehmen für Tarife und Vertrieb zuständig, erläutert die Hintergründe: „Bei den Preisverhandlungen im Januar/Februar dieses Jahres haben die Vertreter der Studierenden es abgelehnt, die beiden Linien weiterhin im Geltungsbereich des Semestertickets zu belassen. Sie nannten als Begründung, dass Umfragen nur eine geringe Nachfrage auf diesen Strecken belegten.“ Deshalb einigten sich die Verhandlungspartner darauf, dass freie Fahrt ab dem Wintersemester 2013/14 nur noch auf der Agilis-Strecke nach Kulmbach gewährt wird.

An den Verhandlungen damals war Tim Pargent für das Studierendenparlament beteiligt. Er bestätigt, dass die Herausnahme der beiden Strecken mit Billigung der Studenten erfolgte: „Die Frage ist, wie weit wir mit den Quersubventionen gehen wollen. Die Fahrt von Weidenberg nach Bayreuth kostet 1,30 Euro, bei 12.000 Studenten kommen 15.600 Euro zusammen, die von allen Studenten getragen werden müssen.“ Bei knapp 2,40 Euro für eine Fahrt nach Kirchenlaibach entstehen weitere 28.800 Euro, die von der Gemeinschaft finanziert werden müssten. Daher habe man abgewogen, welche Strecken durch geringe Nutzung auffallen und deshalb eingespart werden könnten.

Preis für Semesterticket gleichgeblieben

Das Semesterticket kostet unverändert 40,30 Euro, obwohl die beiden Strecken wegfielen – das liegt daran, dass die Verkehrsunternehmen mit höheren Preisvorstellungen in die Verhandlungen gingen. Den Schwarzen Peter will Markus Holzinger deshalb nicht alleine beim Stupa sehen: „Agilis hat deutliche Preiserhöhungen vorgeschlagen.“ Tim Pargent ergänzt: „Insgesamt wäre ein Ticketpreis von 44 oder 45 Euro erforderlich geworden.“ Markus Holzinger bestätigt das: „Unser Problem: Beim Semesterticket handelt es sich um einen Solidarbeitrag, der von allen Studenten bezahlt wird. Wir mussten also abwägen, ob wir alle 12.000 Studierenden mit der Erhöhung belasten.“

Kritische Worte findet Tim Pargent für das Studentenwerk: „Dort läuft die Organisation des Semestertickets zusammen. Leider wurde die Herausnahme der beiden Strecken nicht kommuniziert. Dann hätten die Betroffenen es spätestens beim Validieren der Ausweise gewusst.“ Josef Tost, Geschäftsführer des Studentenwerks, ist derzeit im Urlaub, für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auf der Internetseite der Einrichtung kann eine zweiseitige Information über den Geltungsbereich des Semestertickets heruntergeladen werden – dort sind alle Linien aufgelistet, auf denen das Ticket gilt. Dass Linien herausgenommen wurden, steht aber nirgends.

Der Agilis-Vertreter hat nach der Kurier-Anfrage Bereitschaft zu Nachverhandlungen signalisiert. Dennoch ist der Zug in diesem Semester abgefahren: Die Verträge zwischen den Verkehrsunternehmen und dem Studentenwerk Oberfranken sind vom Ministerium abgesegnet, die Beiträge der Studierenden eingezogen. Und die Frage nach der Solidarität? Darauf hat keiner der Beteiligten eine Antwort.

Foto: Lammel