Eine noch wichtigere Frage ist weniger spektakulär, nämlich diese: Ist der NKD überhaupt ein Schaden entstanden? Mehrere Zeugen haben bestätigt, dass die nach Hongkong transferierten 3,7 Millionen auf Provisionsforderungen der Hongkong-Tochter Sun Fortune verrechnet wurde. Formal könnte das bedeuten: Kein Schaden bei der NKD, also auch keine Untreue. Deshalb hatte die 3. Wirtschaftsstrafkammer einen Ausweg gesucht und geglaubt, ihn in einem rechtlichen Hinweis gefunden zu haben: Dass statt Untreue eine Verurteilung wegen Betrugs in Betracht kommt. Das fußt auf der Zeugenaussage der Geschäftsführerin der Sun Fortune. Die hatte angegeben, sie habe sich vorgestellt, dass die Erklärungen des Geschäftsführers Krause, man kaufe kriegsentscheidende Information, wahr sein könnten.
Das bestätigte am Dienstag ein ehemaliger Sun Fortune-Manager nicht. Der Mann hatte eng mit der Chefin zusammengearbeitet und dabei mit ihr noch vor der letzten und größten der vier Überweisungen an die Zarando gesprochen. Thema: Die Zahlungen ohne erkennbare Gegenleistungen hätten mit dem Gebaren eines „redlichen Kaufmanns“ nichts zu tun. Nach Ansicht der Verteidigung kann nunmehr von einer Täuschung der Geschäftsführerin durch Vorspiegelung falscher Tatsachen – und somit von einem möglichen Betrug nicht mehr die Rede sein.
Der Zeuge sagte überdies, dass er als langjähriger Einkäufer auf dem Textilmarkt in Asien Krauses Märchen nicht glaube: „So schwer ist das nicht, an Preise von Herstellern oder Mitbewerbern heranzukommen.“
Der Prozess wird fortgesetzt.