Der bayerische Verwaltungsgerichtshof vermutet, dass am Busbach nicht ordentlich geplant wurde Planungsfehler: Gericht stoppt Windpark

Von Thorsten Gütling
Baustopp am Windpark Vogelherd zwischen Busbach und Lochau. Wegen Planungsfehlern hat der bayerische Verwaltungsgerichtshof das umstrittenen Projekt vorerst auf Eis gelegt. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Seit vergangenen Herbst wird gebaut. Zwischen Busbach und Thurnau recken acht künftige Windkraftanlagen ihre Hälse in den Himmel. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat den Bau gestoppt. Zeugen behaupten, es würde dennoch gebaut.

 
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Im April 2015 erlaubte das Landratsamt Bayreuth den Bau auf Eckersdorfer Gebiet. Seit November 2014 gilt in Bayern die sogenannte 10-H-Regel. Demnach muss der Abstand eines Windrads von Wohnungen mindestens zehn Mal so weit sein, wie die Anlage hoch ist. Bei dem 199 Meter hohen Windrädern im Windpark Vogelherd wären das 1999 Meter. Alle Windräder, die nicht bis November 2014 genehmigt waren, müssen diese neue Abstandsregelung berücksichtigen. Andrea Balzer wohnt im Thurnauer Ortsteil Lochau. Sie sagt, nur 800 Meter von ihrem Haus entfernt, entstehe eines der insgesamt acht Windräder. Das Landratsamt Bayreuth hält dagegen: Der Antrag zum Bau wurde bereits 2013 gestellt und man habe schon vor Inkrafttreten der 10-H-Regel einen Vorbescheid erteilt. Balzers Rechtsanwalt Stefan Kollerer bestätigt: „Die Windräder bei Eckersdorf könnten die 10-H-Regel umgehen, die zwei Anlagen bei Thurnau aber nicht.“

Anwohnerin aus Lochau klagt

Balzer hat geklagt. Vor dem Verwaltungsgericht in Bayreuth hat sie verloren. Am 8. Februar läuft der Berufungsprozess vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München. Wo die 10-H-Regel gilt, ist nicht die einzige Streitfrage, die das Gericht klären will. Es geht auch um die Frage, ob das Landratsamt Bayreuth bei der Genehmigung der Windräder nicht ein Auge zuviel zugedrückt hat. Schon vor dem Prozess verhängt das Gericht einen Baustopp. zur Begründung heißt es: „Es spricht vieles dafür, dass die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22. April 2015 rechtswidrig sein dürfte.“ Die Prüfung der Umweltbelastung genüge den gesetzlichen Anforderungen nicht.

Keine schützenswerten Tierarten

Warum nicht? Der Eckersdorfer Gemeinderat Matthias Schaub (FWG), der sich im Gemeinderat von Anfang an gegen den Windpark ausgesprochen hat, beschreibt es so: Ein Umweltgutachten des Investors Primus Energie mit Sitz in Regensburg habe keine schützenswerten Tierarten festgestellt. Daraufhin habe ein hinzugezogener Experte die Messmethoden in Frage gestellt. Manche Vogel- und Fledermausarten seien nicht bemerkt worden, weil das Gebiet zu kurz beobachtet worden sei.

Nachgebessert statt verworfen

Weil sowohl Investor als auch Landratsamt daraufhin um die Aussagekraft des Gutachtens gebangt hätten, habe man nachgebessert, sagt Schaub. Anstatt ein neues zu erstellen. Ein Verfahrensfehler, findet Schaub, den offenbar auch der bayerische Verwaltungsgerichtshof sieht. Rechtsanwalt Kollerer sagt: „Man hatte es eben eilig. Sei es wegen der 10-H-Regel oder der Einspeisevergütung.“

Gemeinde äußert immer wieder Bedenken

Eckersdorfs Bürgermeisterin Sybille Pichl (FWG) blickt gespannt auf das Urteil. Der Gemeinderat habe schließlich immer wieder seine Bedenken, was den Naturschutz betrifft, geäußert. Unter anderem hatte man zum Schutz der Fledermäuse geschrieben: „Alleine in Neustädtlein sind durchschnittlich 700 bis 800 Wochenstubentiere anwesend. Daher ist im Rahmen der naturschutzrechtlichen Prüfung der Windräder auf jeden Fall eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung durchzuführen.“

"Die Firma hat uns ausgebootet"

Auf den Investor ist man in Eckersdorf aber nicht nur sauer, weil Primus diese Warnung nicht ernst genommen habe. Pichl sagt auch: „Die Firma hat uns rüde ausgebootet.“ Entgegen vieler Lippenbekenntnisse habe der Investor nie die Absicht gehabt, die Gemeinde an den Kosten und Gewinnen der Windräder zu beteiligen. Ziemlich schnell habe der Investor sich die Grundstücke der privaten Eigentümer gesichert und der Gemeinde damit jegliche Einflussmöglichkeit genommen. Pichl sagt: „Wir haben darauf vertraut und wurden bitterlich bestraft.“ Über 100 Bürger hätten damals Interesse gezeigt, sich an den Windrädern zu beteiligen. Mittlerweile hat Primus den Windpark verkauft. Eigentümer ist jetzt die Firma Trianel mit Sitz in Aachen. Pichl sagt, sie habe Eigentümer und Investor Anfang Dezember noch einmal um eine Stellungnahme gebeten und bis heute keine Antwort erhalten.

Firma antwortet nicht

Auch zwei Anfragen des Kuriers hat Primus unbeantwortet gelassen. Das Landratsamt Bayreuth bittet um Verständnis, dass es sich nicht zu Dingen äußern wolle, die ein Gericht zu klären habe.

Aus der Anordnung des Verwaltungsgerichtshofs zum Baustopp bei Eckersdorf geht aber hervor, dass Primus Energie mit Sitz in Regensburg der Klägerin Andrea Balzer vorhält, sich zu spät gegen den Bau der Windräder gewehrt zu haben. Und dass der Firma jetzt „erhebliche Vermögensschäden“ entstünden. Balzer soll seit Juli 2016 gewusst haben, dass mit dem Bau der Räder begonnen wurde. Die Baustellenzufahrt verlaufe schließlich durch ihren Wohnort Lochau. Der Verwaltungsgerichtshof hält dagegen, dass Balzer erst mit dem Bau der Türme im November 2016 sicher vom Baubeginn wissen konnte, nicht aber mit Beginn der Erdarbeiten.

Foto zeigt Bauarbeiten nach dem Baustopp

Kurier-Recherchen fordern zudem ein pikantes Detail zutage. Auf einem Foto, das dem Kurier vorliegt, ist zu sehen wie am 29. Dezember Rotorblätter mit Hilfe eines Krans an einem der Windräder angebracht werden. Den Baustopp verhängte der bayerische Verwaltungsgerichtshof am 20. Dezember. Nach Aussage von Rechtsanwalt Kollerer hätte Primus spätestens am 25. Dezember von dem Baustopp wissen müssen. Kollerer zufolge habe das Unternehmen dem Gericht schriftlich versichert, dass es seit dem Baustopp lediglich zu Sicherungsmaßnahmen gekommen sei. Ein Mast habe verlängert werden müssen, damit er stabil stehe und sich keine Spannungsrisse bildeten. „Rotoren montieren hätten sie nicht dürfen“, sagt Kollerer. Bis Montag muss der Anwalt zu dem Schreiben des Investors Stellung beziehen.

Tod der Rotmilane ungeklärt

Schon im vergangenen Jahr sorgte der Windpark Vogelherd für Schlagzeilen. Im März wurden dort, wo heute die Masten der Windräder stehen, zwei tote Rotmilane gefunden. In der Nähe der toten Tiere wurde Mäusegift gefunden. Gerüchte machten die Runde, wonach ein Befürworter des Windparks in den Tieren eine Gefahr gesehen haben und die Tiere deshalb vergiftet haben könnte. Nach einem Dreiviertel Jahr stellte die Staatsanwaltschaft Bayreuth die Ermittlungen ein. Zwei Gutachter konnten keine Verletzungen und kein Gift in den Körpern der Tiere nachweisen. Der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel sagte: „Die Todesursache lässt sich nicht ergründen. Wahrscheinlich war akutes Herzversagen, ausgelöst durch Stress, die Todesursache.“

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