Das Ukraine-Tagebuch „Die Welt darf sich wegen Israel nicht von uns abwenden“

Thomas Simmler Foto: privat

Thomas Simmler sieht eine Achse des Bösen am Werk und erkennt Parallelen zwischen Israel und der Ukraine. Dort gibt es heute noch viel jüdisches Leben – und für ihn eine ganz persönliche Begegnung.

 
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Die schrecklichen Bluttaten in Israel sind mit der Ukraine in einem Punkt gut vergleichbar. Hier wie dort richten sich die Angriffe gegen die Demokratie. Viele Ukrainer haben jetzt Angst. Die Sorge ist, dass die Welt sich abwendet und die Aufmerksamkeit schwindet. Das wäre fatal. Aber genau darauf setzen die Russen. Mit Unterstützung anderer Verbrecherstaaten wie Nordkorea und Iran haben sie ihr Arsenal an Munition und Waffen wieder aufgefüllt. Diese Achse schreckt vor nichts zurück. Sie will die Welt ins Elend stürzen.

Die russischen Truppen haben zuletzt an einigen Stellen enorme Verluste erlitten. Wenn das passiert, reagieren sie immer gleich: Feige, brutal und unmenschlich. In der Region Mykolajiw haben sie wohl eine Schule und eine Turnhalle attackiert. Zwei Menschen sind tot. Aber es gibt auch Orte, wo es anders aussieht. Bei Cherson sind die Ukrainer stark unter Druck geraten.

Jüdisches Leben und die Ukraine sind untrennbar verbunden. Hier lebte einst die zweitgrößte jüdische Bevölkerung Europas. Heute gibt es in allen größeren Städten jüdische Gemeinden. Trotz der Zerstörung der Schoa sind Juden dort weiterhin präsent. Der Kampf um Unabhängigkeit des Landes hat eine neue Identifikation geschaffen. In der Stadt Uman gibt es im September immer ein großes jüdisches Neujahrsfest. Da kommen immer zehntausende Juden. Die Anreise gestaltet sich viel schwieriger als früher. Da flog man nach Kiew und fuhr dann mit Bus oder Taxi bis Uman. Wegen des zivilen Flugverbots müssen die Pilger jetzt über Nachbarländer wie Polen oder Tschechien einreisen. Trotzdem haben sich viele nicht abhalten lassen.

Ich selbst habe in der Zeit eine Frau aus Israel in Truskawez kennengelernt. Ich weiß nicht, ob sie aus Uman kam. Wir kamen in einem Cafe ins plaudern und haben über dies und das gesprochen. Am Ende umarmten wir uns. Einfach so. Einfach so. Ein friedliches Zeichen des Miteinanders in einer gar nicht friedlichen Welt.

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