Versteckt einer Geld, der sich als bedürftig ausgibt? Besteht dieser Verdacht, können Behörden eine Kontenabfrage starten. Wie häufig passiert das in der Region Bayreuth - und dürfen auch Gerichtsvollzieher einen Blick auf die Konten werfen?
Der krasseste Fall in seinem Zuständigkeitsbereich sei ein Schaden von rund 10 000 Euro gewesen. Dafür habe es zehn Monate Gefängnis auf Bewährung gegeben. Ein Hartz-IV-Antragssteller dürfe nicht mehr als 150 Euro je Lebensjahr auf dem Sparkonto haben. Überschreiten die Rücklagen dieses Limit, bestehe kein Anspruch auf Hartz IV beziehungsweise Leistung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II), wie es amtlich heißt. Wer entlarvt wird, weil er Konten hatte, "die uns nicht bekannt waren", so Popp, erhält eine Strafanzeige.
Beim Jobcenter Bayreuth-Land mit rund 1400 registrierten sogenannten Bedarfsgemeinschaften seien 2014 nur sechs Fälle von Sozialbetrug aktenkundig geworden, im Jahr davor elf Fälle. Im Jobcenter Bayreuth-Stadt seien es 2014 lediglich acht Fälle und im Jahr davor neun Fälle gewesen - bei etwa 2500 Bedarfsgemeinschaften. Beim Jobcenter Kulmbach wurden, so die Bayreuther Arbeitsagentur-Sprecherin Martina Bauer, 2014 sechs Fälle und 2013 ebenfalls nur sechs Fälle an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet - bei 1648 Bedarfsgemeinschaften.
Anonyme Tipps machten ab und zu auf möglichen Sozialbetrug aufmerksam, sagt Popp. Doch angesichts der umfangreichen Bedürftigkeitsprüfung spielten Kontenabfragen nur eine untergeordnete Rolle. "Das ist ein Kapitel, das sehr selten vorkommt bei uns", sagt Popp. Die Kontoabfrage wird bei Verdacht auf Leistungsmissbrauch veranlasst.
Seit 2005 dürfen Behörden die Konten von Bürgern ermitteln, um Sozial- sowie Steuerbetrug einzudämmen. Die Ämter haben jedoch nur unter engen Voraussetzungen Zugriff auf Daten aller Konten und Depots.
Eine Kontoabfrage erfolgt erst, wenn ein Bürger Zweifel an Angaben - etwa auf seiner Steuererklärung - nicht ausräumen kann. Zunächst geht es dann nur um die Kontonummer sowie die Stammdaten wie Name, Geburtsdatum und Adresse. Den Kontostand oder einzelne Geldbewegungen auf dem Konto teilen die Kreditinstitute nicht mit.
Seit 2013 dürfen zudem Gerichtsvollzieher ermitteln, wer über welche Konten und Wertpapierdepots verfügt. "Gerichtsvollzieher dürfen Konten abfragen, aber nicht für Behörden", erklärt eine Sprecherin des bayerischen Justizministeriums auf Anfrage. Im Zuge von Zwangsvollstreckungen, im Auftrag von Gläubigern hätten Gerichtsvollzieher dieses Recht. Dabei müsse es um Beträge von mehr als 500 Euro gehen.
Vorverlagert worden sei die Eidesstattliche Versicherung, die ein Schuldner ablegen muss, so dass ein Gläubiger schon eingangs erkennen könne, ob ein Verfahren überhaupt Erfolg verspricht.
Verstärkte Kontenabfragen durch die Stadt Bayreuth bei Beziehern von Sozialleistungen gebe es nicht, betont Rathaussprecher Joachim Oppold. Die Kommunen sind für das Wohngeld zuständig. Oppold erläutert, um Sozialmissbrauch zu vermeiden, führe das Sozialamt einen automatisierten Datenabgleich mit anderen Behörden durch - vor allem mit den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Bundeszentralamt für Steuern.
Nur in ganz wenigen Fällen, in denen Leistungsbezieher trotz Nachfrage nicht an einer Klärung mitwirkten, erfolge eine Kontoabfrage. Die Zahl dieser Fälle habe aber in jüngster Zeit nicht signifikant zugenommen.
"Das Konto-Abrufverfahren wurde bisher nur einmal angewandt - im Jahr 2011", teilt für den Landkreis Bayreuth der Pressesprecher Michael Benz auf Anfrage mit. In dem damaligen Fall sei es darum gegangen, Kapitalerträge aus Vermögen festzustellen, die als Einkommen bei der Wohngeldberechtigung zu berücksichtigen seien.
"Die Antragsteller hatten trotz mehrmaliger Anschreiben hierzu nur unvollständige Angaben gemacht - und wussten von der Kontoabfrage." Doch es habe kein Wohngeldbetrug vorgelegen; das Wohngeld habe trotz Anrechnung von Kapitalerträge bewilligt werden können.
In ganz Bayern seien 2014 insgesamt 1650 Datensätze überprüft worden, mit dem Resultat, dass 97 Prozent aller Wohngeldempfänger korrekte Angaben zu Einkommen und Vermögen gemacht hatten. Es sei erfreulich, dass nur in drei Prozent der Fälle Rückforderungsbescheide wegen falscher Angaben erlassen werden mussten, so Benz.
Um mehr als 60 Prozent gestiegen ist die Zahl der Kontenabrufe bundesweit. 2014 zählte das Bundeszentralamt für Steuern mehr als 230 000 erledigte Kontenabrufe; 2013 waren es erst knapp 142 000, teilt das Bundesfinanzministerium mit. Der hohe Anstieg wird damit erklärt, dass inzwischen auch Gerichtsvollzieher zum Kontenabruf berechtigt sind.