Das Hollfelder Kintopp und die Kirche laden zu kontroverser Diskussion ein Filmgespräch: Thema aktive Sterbehilfe weckt großes Interesse

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Hannes (Florian David Fitz) und seine Frau Kiki (Julia Koschitz) haben nur noch wenige gemeinsame Nächte miteinander. Foto: dpa Foto: red

Kiki kämpft mit sich. Ihr Mann Hannes will mit ihr und Freunden eine letzte Reise machen. Nach Belgien, wo sich der kranke Hannes eine tödliche Spritze geben lassen will. Eine Szene aus dem Film „Hin und weg“ über den Umgang mit Sterbehilfe.

 
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Der Kinofilm lockt fast hundert Zuschauer ins Kintopp. Aus der Stadt Bayreuth und dem Umland von Nürnberg, Bamberg und Kulmbach kommen die Kinobesucher. Das Interesse an dem Thema Sterbehilfe ist groß. Und der Redebedarf darüber.

Im Gespräch mit dem Leiter der Palliativstation am Klinikum Bayreuth erzählen viele nach dem Kinofilm von ihren privaten Erlebnissen, Ängsten und Vorurteilen. Reden hilft.

Zu der Diskussion hat Wolfgang Stahl von der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) eingeladen. Der Bundestag diskutierte kürzlich über ein Gesetz zur Sterbehilfe und löste damit eine gesellschaftliche Debatte aus.

Als erstes erhebt sich eine burschikos wirkende Frau mit kurzen, grauen Haaren von ihrem Kinosessel. „Sterbehilfe ist ein toller Ausweg“, sagt Uta von Pezold mit lauter Stimme, „denn ich will mit Würde sterben.“ Das Schlagwort vom „würdevollen Tod“ taucht in der Folge immer wieder auf in der Debatte. Wer gewährleistet, dass ich einen würdevollen Tod sterbe? Sollte der Mensch selbst darüber entscheiden, wann es genug ist? Uta von Pezold meint ja: „Jeder soll das selbst entscheiden können. Weder der Staat noch die Kirche haben ein Recht darauf, sich dabei einzumischen.“

Das hört sich radikal an. Eine Frau wirft ein, sie habe ihren an Krebs erkrankten Mann gepflegt: „Wir haben diese Zeit gemeistert – und es war wahrlich nicht immer leicht.“ Dennoch solle jeder das Recht haben, für sich selbst zu entscheiden. Als Arzt eine tödliche Spritze verabreichen so wie im Film? Dr. Wolfgang Schulze kann sich das keinesfalls vorstellen. „Weil ich nicht weiß, was noch sein könnte.“ Als Palliativmediziner erlebe er ein Auf und Ab, was den Gesundheitszustand der todkranken Patienten anbelangt. „Es wäre mir unmöglich, willkürlich einen Tag festzulegen, an dem das künstliche Ende herbeigeführt wird.“

Allerdings: Mit dem Gedanken der passiven Sterbehilfe kann er sich anfreunden. Zum Beispiel: Patienten verweigern das Essen und Trinken und Infusionen, um früher zu sterben.

Trauerbegleiterin Cornelia von Aufseß meldet sich zu Wort: „Ich kann mir vorstellen, bis zum Ende auszuhalten. Aber ich will niemanden in eine Ecke stellen, der sich anders entscheidet. Dass es die Möglichkeit zur Sterbehilfe gibt, reicht mir aus.“ Für Schulz stellt es einen entscheidenden Unterschied dar, ob jemand an einer Krankheit oder einer tödlichen Injektion stirbt. „Euthanasie halte ich für gefährlich.“ Einer Krankheit ihren natürlichen Lauf zu lassen, halte er für vertretbar. Patientenverfügungen, der Zustand der Altenpflege, der freie Wile – Themen, die an diesem Abend nur gestreift werden können. Die Positionen bleiben konträr. Uta von Pezold findet es schrecklich, wenn Menschen noch lange künstlich am Leben gehalten werden, womöglich gegen ihren eigenen Willen. „Alte Menschen sind zunehmend allein. Lieber nehme ich die tödliche Pille selbst, bevor eine Ethik-Kommission darüber entscheidet.“ Cornelia von Aufseß mahnt: „Sterben ist nie leicht. Jeder sollte sich frühzeitig mit dem Tod befassen.“

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