Claudia Stamm will neue Partei gründen

Archivfoto: Frank Leonhardt/dpa Foto: red

Paukenschlag bei den bayerischen Grünen: Die Landtagsabgeordnete Claudia Stamm tritt überraschend aus ihrer Partei aus. Zusammen mit anderen will sie eine eigene, neue Partei gründen.

 
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Das gab die 46-Jährige am Mittwoch in München bekannt. "Es ist an der Zeit: Bayern fehlt eine Kraft, die klar und deutlich für ihre Positionen, ihre Werte einsteht", schrieb die Tochter von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) in einer Mail. "Der Schritt fällt mir nicht leicht, und es ist kein Schritt, der leicht sein wird. Ich weiß aber, es muss sein."

Seit 2009 für die Grünen im Landtag

Stamm sitzt seit 2009 im Bayerischen Landtag. Sie war zuletzt Sprecherin für Haushalt und Gleichstellung, queerpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion und Mitglied des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen sowie Mitglied der Kinderkommission. Stamm hat sich immer wieder nicht nur mit der Staatsregierung, sondern auch mit der jeweiligen eigenen Fraktionsspitze angelegt.

«Es ist kein Geheimnis, dass ich in den letzten Jahren oft nicht mit dem Kurs oder der Positionierung der Landes-, Bundesländer- oder Bundesgrünen übereingestimmt habe», schrieb Stamm selbst in ihrer Mail. «Diesen Kurs habe ich immer wieder versucht durch Anträge, öffentliche Diskussionsbeiträge oder in Gesprächen zu korrigieren.» Sie habe lange mit sich gerungen, doch ihr fehle oftmals eine klare Positionierung der Grünen. «Ein Kurs, der so schwammig ist - mit dem kann ich nicht mitgehen.»

Rechtspopulismus zu viel Raum eingeräumt

Stamm schrieb auf ihrer Webseite: "Die politische Landschaft hat sich in den letzten Monaten merklich verändert, in Deutschland und in Bayern. Und das ganz ohne Umbrüche im Parteiensystem. Es sind die im Bund wie im Freistaat parlamentarisch vertretenen Parteien, die im Angesicht eines grassierenden – zum Teil von ihnen selbst mit befeuerten – Rechtspopulismus Position um Position geräumt haben. Positionen, die für uns zum Kernbestand eines demokratischen Gemeinwesens gehören: die unbedingte Wahrung der Menschenwürde, die Parteinahme für die am schlechtesten Gestellten, den konsequenten Einsatz für den Schutz von Natur und Umwelt.

Genau deswegen wollen wir ein Angebot machen und eine Partei gründen. Wir wollen politisch einstehen für Bürgerrechte und soziale Gerechtigkeit, für gesellschaftliche Vielfalt, ökologische Transformation und nachhaltige Friedenssicherung. Genau dafür rufen wir öffentlich zur Gründung einer neuen politischen Partei für Bayern auf. Wir ergreifen die Initiative – spontan, ungeschützt, von niemandem finanziert. Aber mit vielen Ideen und voller Energie. Wir freuen uns auf und über viele Mitstreiter/innen. Denn wir sind uns sicher: Einer muss den ersten Schritt gehen, damit andere sich auch auf den Weg machen. Nun ist der Anfang gemacht. Denn es ist Zeit zu handeln – jetzt, hier in Bayern."

Vier Mitstreiter

Die ihr wichtigen Themen dabei, die Stamm offensichtlich auch von den Grünen vernachlässigt sieht, sind Asyl/Flüchtlingspolitik, soziale Gerechtigkeit, ökologische Transformation und gesellschaftliche Vielfalt.

Wer dieses "Wir" ist, von dem sie redet, sieht man, wenn man auf die Website der neu zu gründenden Partei geht. Da stehen als Initiatoren neben Barbara Stamm Stephan Lessenich. Er ist Direktor des Instituts für Soziologie an der LMU München, zudem Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Lessenich engagiert sich vielfältig an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik, ist u.a. Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats von Attac Deutschland und des Netzerks Grundeinkommen sowie einer der Sprecher*innen des Kuratoriums des Instituts Solidarische Moderne. Noch mit dabei ist Nikolaus Hoenning, Ex-Vorsitzender der Münchner Grünen und insgesamt vier Jahre im Stadtvorstand. Im Sommer 2012 war er einer von drei Bewerbern bei den Grünen OB-Foren für die OB-Kandidatur. Im August 2015 war er einer der vielen in München, der Hilfe für Flüchtlinge organisierte, die von Budapest nach München kamen.

Auch kein Unbekannter bei den Grünen ist Werner Gaßner. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Aktionsbündnis "Vielfalt statt Einfalt – München", das sich für die Akzeptanz von sexueller Vielfalt in Bildungseinrichtungen und Gesellschaft einsetzt. Bei den Grünen engagierte er sich in der Landesarbeitsgemeinschaft Queer.Grün.Bayern, seit 2016 als Sprecher und als Co-Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik.

Und dann ist noch die Rechtsanwältin Sabine Richly dabei, die sich für Menschenrechte und Flüchtlinge engagiert.

kfe/dpa

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