Christa Ludwig wird 90

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Christa Ludwig im Jahr 1967 als Kundry in Bayreuth. Foto: Archiv/Lauterwasser Foto: red

Bei den Bayreuther Festspielen sang sie Kundry und Brangäne. An diesem Freitag feiert Christa Ludwig ihren 90. Geburtstag.

 
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Offenbar war das Opernpublikum vor einem halben Jahrhundert weitaus begeisterungsfähiger und standfester als heute. 36 Vorhänge sind verbürgt für eine Aufführung von „Tristan und Isolde“ bei den Bayreuther Festspielen im Jahr 1966. Ein Novum bezüglich der Beifallskultur musste man auf dem Grünen Hügel dann im Jahr 1967 hinnehmen. Ausgerechnet im „Parsifal“. Nach dem zweiten Akt setzte ein solch donnernder Beifall mit Getrampel ein, dass sich spontan der Vorhang für die Solisten öffnen musste. Im „Parsifal“ eine Neuheit für Bayreuth.

Man kann daraus schlussfolgern, dass an diesen Abenden formidabel gesungen wurde. Eine, die beides mal mit auf der Bühne stand, war Christa Ludwig. Sie sang Brangäne und Kundry und zählte zu den besten Belcanto-Sängerinnen ihrer Zeit. Mozart und Strauss waren ihre Domäne. Die ganz großen Wagner-Partien versagte sie sich. Sie wusste um die Gefahren für die Stimme, was die junge Christa Ludwig bereits an ihrer Mutter beobachten konnte. Diese war einst am Stadttheater Aachen engagiert, wo sie unter anderem die Elektra sang, was zu einem baldigen Karriereende für Eugenie Ludwig-Besalla führen sollte.

Zarte Stimmbänder

Die Tochter agierte vorsichtiger. Sie hat später immer wieder betont, dass ihre Stimme diesen Belastungen nicht stand gehalten hätte. Nach ihren Worten hat sie Stimmbänder so zart wie ein Wollfaden gehabt, während Birgit Nilssons so dick wie ein Daumen waren.

Diese These lässt sich auch heute noch leicht überprüfen, indem man sich die als „Parsifal“-Referenzaufnahme geltende Schallplatte mit Georg Solti aus den frühen 70er-Jahren auflegt. Man kann hier, etwa zu Beginn des zweiten Aktes, bewundern, mit welch hohem Grad an Textausdeutung Christa Ludwig ans Werk ging. Sie gestaltet die Partie stimmlich so differenziert, als handle es sich dabei um Liedgesang und nicht um große Oper. Selbst bei Kundrys Schrei – der etwa bei Gwyneth Jones durch Mark und Bein geht – scheint sie Wert auf den perfekten, Stimmband schonenden Sitz der Stimme zu legen. Bei „da dient’ ich“ im Dialog mit Klingsor scheint ihr Mezzo gleichsam zu ersterben. Im Weiteren schmückt sie ihren Gesang mit Verzierungen, wie sie Wagner tatsächlich in der Partitur notiert hat, wie man es heute aber selbst an den besten Opernhäusern nicht mehr zu hören bekommt.

Christa Ludwigs Umsicht bei der Wahl ihrer Partien sollte sich auszahlen. Jahrzehntelang war sie an den großen Häusern eine gefragte Sängerin. 1994 beschloss sie ihre Karriere mit der Klytämnestra in einer „Elektra“-Aufführung an der Wiener Staatsoper. Heute feiert Christa Ludwig ihren 90. Geburtstag.

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