Call-Center Baur setzt den Rotstift an

Von Tim Birkner
Kürzlich hatten sich an die 30 Personen auf dem Vorplatz des Baur Versands in Burgkunstadt versammelt. Zu den Eingangstüren weisend, loderten Grablichter, im Wind flackernde Teelichter bildeten den Schriftzug „HELP“, der aus den oberen Etagen des Gebäudes gut zu lesen war. Foto: Neue Presse/Daniel Vogl

Das Unternehmen will die Callcenter in Neustadt, Burgkunstadt und Bayreuth umstrukturieren. Dafür sollen 67 alte Verträge aufgelöst werden. Und zwar bis Ende Juni.

 
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Neustadt/Burgkunstadt - Der Baur-Beirat hat am Montagabend grünes Licht für das Konzept gegeben, mit dem die Callcenter in Neustadt, Burgkunstadt und Bayreuth umstrukturiert werden sollen. Von den rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben noch 96 einen alten Baur-Vertrag, der ihnen ein höheres Gehalt und andere tarifliche Leistungen zusichert als den neueren Kolleginnen und Kollegen, die bei BFS (Baur Fulfilment Solutions) angestellt sind.

Baur möchte diese 96 alten Verträge auflösen, um Geld zu sparen. „Jetzt werden Baur-typisch viele Gespräche geführt und jeder bekommt ein individuelles Angebot“, sagt Manfred Gawlas, Pressesprecher der Baur-Gruppe. Im Raum stehen durchschnittlich 70 000 Euro pro aufgelöstem Vertrag. Die Summe ist unter anderem von der Betriebszugehörigkeit abhängig. Gawlas möchte die Summe weder dementieren noch kommentieren.

Betriebsratsvorsitzender Horst Bergmann hat in den vergangenen Wochen einen Kompromiss mit der Geschäftsführung verhandelt. Die Mitarbeiter bekamen in der ersten Information am 30. November noch gesagt, dass mindestens 76 Kolleginnen und Kollegen dem Angebot zustimmen müssen, sonst würden die Callcenter komplett geschlossen. Der Zeitraum lief damals bis Ende Februar. „Wir haben beide Größen zu Gunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verändern können“, sagt Bergmann. In der jetzt vom Baur-Beirat abgestimmten Version müssen nur noch 67 Verträge aufgelöst werden – und das bis Ende Juni. „Es handelt sich um ein Freiwilligenprogramm: Jeder darf, keiner muss“, sagt Bergmann. Der 27-köpfige Betriebsrat stimmte dem mehrheitlich zu. Jetzt sei die Frage, ob Baur sein Ziel erreiche, so Bergmann: „Wenn die Arbeitgeber mit dem Ergebnis zufrieden sind, dann haben die Callcenter einen Bestandschutz bis Ende 2024.“ Die drohende Schließung sei mit diesem Beschluss nicht vom Tisch. Er gehe aber davon aus, dass man das gesetzte Ziel schaffe, so der Betriebsratsvorsitzende. Die Mitarbeiter seien dennoch geschockt und frustriert. „Sie haben immer ihre Arbeit super gemacht und viel dazu beigetragen, dass Baur fortbestand. Da ist eine drohende Schließung immer mit Frust verbunden“, sagt Bergmann.

Im Kuratorium der Baur-Stiftung sitzt auch der Lichtenfelser Landrat Christian Meißner. „Ich halte die Drohkulisse der Schließung für überflüssig und hätte sie gerne raus diskutiert“, sagt er.

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Betriebsratsvorsitzender Horst Bergmann hat schon viele Veränderungen erlebt. Auch die Gründung der Tochterfirma BFS, die die Mitarbeiter mit niedriger dotierten Verträgen beschäftigt. „Bei der Gründung 2004 waren es noch rund 300 Baur-Agents“, erinnert er sich. Die meisten von ihnen sind in Rente gegangen. Mit dem aktuellen Freiwilligenprogramm soll die Fluktuation der letzten verbliebenen 96 Baur-Originale beschleunigt werden. „Wir schauen jetzt nach vorne“, sagt Pressesprecher Gawlas. „Wir haben eine exzellente Personalabteilung, die mit jedem und jeder nach Lösungen sucht.“

Die Betriebsvereinbarung sieht vor, dass Baur im Ausland weitere 60 Callcenter-Stellen schaffen darf. „Die Technik schreitet voran“, sagt Bergmann. Jeder Konzern nutze Möglichkeiten, um Geld zu sparen. „Die Entscheidung bedeutet aber ganz sicher einen Qualitätsverlust. Das wird auch unmittelbar Auswirkungen auf die Kunden haben.“

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