Jetzt steht Feulner auf einer Wiese bei Püttlach. In der Hand hält er zwei Karten. Die eine zeigt mit verschiedenen Farben markiert, wo er schon unterwegs war. 500 Hektar Land wird er für das Projekt „Erhaltung artenreicher Wiesen im Landkreis Bayreuth“ unter die Lupe nehmen. In die andere Karte trägt er seine aktuelle Arbeit ein. Eine halbe Stunde bis eine Stunde braucht er, um zu sagen, wie artenreich eine etwa einen Hektar große Wiese ist.

Und hier am Ortsrand von Püttlach ist ihm nach wenigen Minuten klar: „Hier ist es unheimlich abwechslungsreich.“ Der Landwirt, dem diese Wiese gehört, wird demnächst die Einladung bekommen, beim Projekt des Landkreises mitzumachen. Mit seiner Wiese muss er wahrscheinlich nichts anderes machen als bisher – und kann dafür bis zu 450 Euro pro Jahr und Hektar einstreichen.

Aber Martin Feulner ist überzeugt von dem, was er hier tut. Gerade das Püttlachtal sei aufgrund seiner geologischen Voraussetzungen „ein Brennpunkt der Artenvielfalt“. Eine Vielfalt, die mit dem Einsatz von Dünger und einer vier Mal im Jahr gemähten Wiese verschwinden würde.

Gerhard Bergner vom Landratsamt betreut das Naturschutzprojekt. „Wenn hier einmal gemäht und gedüngt werden würde, würde es Jahre dauern, bis die Artenvielfalt zurückkehrt“, sagt er. „Wenn überhaupt.“ Denn dann setzen sich sofort solche Arten durch, die mit diesen Verhältnissen besser zurecht kommen. Sogenannte Stickstoffanzeiger wie Weißklee oder Löwenzahn zum Beispiel. Und die verdrängen dann alles andere. Wenn die seltenen Arten nicht noch auf benachbarten Wiesen überleben können, sind sie mancherorts für immer verloren.

Aber das steht auf dieser Wiese nicht zu befürchten. Wollgras, Sumpfschachtelhalm, Klappertopf, Wiesenboxkraut, Kleiner Wiesenknopf und Floh-Segge -– hier muss Feulner kaum zwei Schritte machen, um Neues zu entdecken. „Wahnsinn“, entfährt es ihm immer wieder. „Hier kommen wir sicher auf an die 90 Arten.“

Und es geht immer weiter. Schnell hat der Biologe die Arten zusammen, um dieses Stück Land als besonders wertvolle Wiese in seine Karte eintragen zu können. Nach einem gesetzlich genau vorgegebenen System arbeitet er sich durch seine Listen von unten – den weniger wertvollen Wiesen – nach oben. „Hier sind wir schon am oberen Level“, sagt er.

„Die Natur ist perfekt auf nährstoffarme Verhältnisse eingestellt“, sagt Feulner. Er ist guter Dinge, dass die Artenvielfalt auf dieser Wiese dauerhaft erhalten bleibt. Nicht nur, weil sie bald in das Naturschutzprojekt aufgenommen werden soll. Oben am Hang steht der Wasserbehälter, der Püttlach mit Trinkwasser versorgt. In so einem Umfeld werde ohnehin in der Regel nicht gedüngt.

Auch Gerhard Bergner ist begeistert von dem, was hier an Gräsern, Kräutern und Blumen zu finden ist. „Hier ist wirklich alles drin, was Rang und Namen hat“, sagt er. Sogar einige Pflanzen, die auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen. „Es gibt Teile im Landkreis, da findet man keine einzige solche Wiese mehr. Die sind völlig ausgeräumt.“ Kaum hat er das gesagt, reckt ihm hier ein seltener Knöllchen-Steinbrech seine zarten, weißen Blüten entgegen.

Landwirtschaft ist für Feulner und Bergner nicht nur Viehhaltung und Ackerbau. Auch für Bienen und andere Insekten seien solche Wiesen wie hier bei Püttlach ein wahres Paradies. Und wenn Bienen und andere Bestäuber sich wohlfühlen, profitierten wiederum Imker und Obstbauern.

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