Bindlacher Schweinemäster setzen auf die Region Gegen Antibiotika: Schweinemast in der Region

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 Foto: red

Routinemäßiger Antibiotikaeinsatz in der Schweinezucht? Billigstfleisch zweifelhafter Herkunft? Kein Thema für die Bindlacher Landwirte Stefanie und Erwin Will. Sie setzen auf die Region. Und sagen: "Unseren Tieren geht es saugut".

 
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Nein, beim Namen kennt Stefanie Will ihre Tiere nicht. Dafür sind es dann doch zu viele: 1200 Schweinemastplätze betreibt die junge Landwirtin im Bindlacher Ortsteil Röthelbach, dazu kommen noch 1800 von ihrem Vater Erwin. Aber sie hat ihren ganz eigenen Blick für das Borstenvieh. „Das da drüben entwickelt einen schönen Schinken“, sagt sie. Und bewundert bei einem anderem Tier die Lende.

Der Besucher, der sich bislang unter dem Begriff „Saustall“ etwas ganz anderes vorgestellt hatte, staunt derweil über etwas anderes: Sauberkeit ist Trumpf in den Stallungen. Neugierig laufen die Borstentiere auf den ihnen unbekannten Menschen zu, beschnuppern ihn, widmen sich wieder ihren Artgenossen, jagen sich durch den Stall, andere schlafen. Von Hysterie, von Hektik keine Spur. „Unseren Tieren geht es saugut“, sagt die 28-jährige Landwirtin, die gestern im Vorfeld der Berliner Agrarschau Grüne Woche gemeinsam mit Kreisbäuerin Katrin Lang die Fahne der regionalen Landwirtschaft hochhielt.

Vor allem der in der Massentierhaltung routinemäßige Einsatz von Antibiotika zur Vorbeugung von Infektionskrankheiten ist Will ein Dorn im Auge. „Bei uns werden Antibiotika nur gezielt eingesetzt, wenn das Tier tatsächlich krank ist“, sagt Will. Schließlich habe der Bauer nur von gesunden Tieren etwas. Und damit das auch so bleibt, werden die Ställe bei den Wills regelmäßig gereinigt und desinfiziert. Eine große Gefahr für die oberfränkischen Betriebe stellt nach Angaben des Bayerischen Bauernverbandes derzeit die afrikanische Schweinepest dar, die durch Schwarzwild übertragen wird. Mit ihren insgesamt 3000 Mastplätzen gelten die Wills in Oberfranken zu den großen Betrieben: Durchschnittlich hat jeder der 1900 Schweinehalter im Bezirk 86 Tiere. Bayernweit werden rund 3,2 Millionen der Borstentiere gehalten, bundesweit 27 Millionen – mit Schwerpunkt Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Alleine in den Ställen dieser beiden Bundesländer tummeln sich 15 Millionen Schweine.

Mit einer derartigen Massenzucht haben die Wills nichts am Hut. Ihr Credo ist: „Aus der Region, für die Region“. „Unsere Ferkel kommen von zwei Erzeugern, aus Mistelgau und aus der Nähe von Marktschorgast“, so Stefanie Will. Mit 30 Kilogramm Gewicht kommen die Tiere in die Bindlacher Ställe, werden dort unter anderem mit Getreide aus eigenem Anbau in kleinen Gruppen hochgepäppelt, bis sie nach 100 bis 120 Tagen ein Lebendgewicht von 115 bis 120 Kilogramm erreicht haben. Unter unabhängiger Kontrolle im Qualitätssicherungssystem QS. „Die Tiere werden von mir selber zum Schlachthof gefahren“, sagt die Landwirtin; maximal eine halbe Stunde seien die Schweine auf dem Anhänger unterwegs. Dass es derart erzeugtes Fleisch nicht zum Sensationspreis im Supermarkt gibt, ist verständlich, genauso wie Wills Tipp: „Man sollte sein Fleisch beim Metzger kaufen.“ Und Kreisbäuerin Lang ergänzte: „Wenn sich alle an die Standards halten würden, hätten wir keine Probleme mit der Fleischqualität.“

Ob man davon leben kann? „Geht so“, meint Bauer Erwin Will. Auf dem Markt für Schweinefleisch gebe es zwar ein ständiges Auf und Ab, derzeit würden die Preise aber sinken – auch eine Folge des Russland-Embargos und des damit verbundenen Überangebots in der EU.

Davon unbeeindruckt, schlurft ein Schwein mit ein paar seiner Artgenossen im Will’schen Stall zum Futtertrog – aus der automatischen Anlage strömt der Getreidebrei. Zehn Tage hat das Tier noch zu leben.

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