Betroffene und ihre Eltern treffen sich einmal im Monat zum Erfahrungsaustausch Pegnitz: Selbsthilfegruppe für Kinder mit Diabetes

Von Martina Bay
Kontrolle vor dem Mittagessen: Ein an Diabetes Typ 1 erkranktes Mädchen leitet die festgelegte Insulinmenge mit einer Insulinpumpe über einen an ihrem Bauch befestigten Katheter in ihren Körper. Foto: dpa Foto: red

Diabetes ist eine Volkskrankheit. In Bayern leiden rund 1800 Kinder unter 15 Jahren an Diabetes. Isabell Kaußler möchte die Menschen darüber aufklären. Ihre Tochter Emily erkrankte mit zwei Jahren an Diabetes. Sie ist ein Leben lang auf Insulin angewiesen.

 
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Emily ist erst drei Jahre alt und trägt schon eine Insulinpumpe am Bauch. Vor knapp zwei Jahren stellten die Ärzte bei dem Mädchen Diabetes Typ 1 fest. Diabetes ist ein Organversagen der Bauchspeicheldrüse. Gegen Diabetes Typ 1 gibt es noch kein Gegenmittel. Einmal ausgebrochen, begleitet die Krankheit den Patienten ein Leben lang. Bekommt Emily kein Insulin, fällt sie ins Koma.

"Ich wollte es nicht wahrhaben, da fällt einem die Decke auf den Kopf", sagt Isabell Kaußler, die Mutter von Emily. Ihre Tochter sei zwei Wochen im Krankenhaus gewesen. "Ich hatte im Krankenhaus die Hoffnung, dass es noch vorbeigeht. Aber die Ärzte sagten mir gleich, dass Diabetes Typ 1 für immer und ewig bleibt. Das muss man dann erst einmal schlucken", sagt Kaußler.

Über 150 Kinder in Oberfranken leiden an Diabetes Typ 1

Emily ist eines von rund 1500 Kindern in Bayern unter 15 Jahren, das in Bayern an Diabetes Typ 1 erkrankt ist. Allein in Oberfranken sind es über 150 Kinder. Durch die Zunahme von Übergewicht und falscher Ernährung erkranken immer mehr Kinder an Diabetes Typ 1 und Typ 2, wie aus dem Deutschen Gesundheitsbericht von 2014 hervorgeht.

"Diabetes Typ 1 hat viele Ursachen", sagt Bernd Franz, Vorstandsvorsitzender vom Diabetikerbund Bayern. Die Ursachen könnten Stress, genetische Veranlagung oder äußere Einflüsse sein, die das Immunsystem angreifen. Eine schnelle Diagnose sei sehr wichtig.

Diabetiker haben bei Ausbruch der Krankheit ständig Durst

Emily zeigte beim Ausbruch der Krankheit die typischen Symptome: Sie hatte ständig Durst und machte deswegen dauernd in die Windel. "Nachts musste ich ihr alle zehn Minuten etwas zu trinken geben, ich kam mit dem Windeln wechseln gar nicht mehr hinterher", erzählt Kaußler. In der ersten Woche habe sie sich noch gefreut, dass ihre Tochter mehr trinke, weil sie zuvor sehr wenig Wasser zu sich genommen habe. Aber als es zu extrem wurde, sei sie sofort zum Arzt gegangen.

Die 38-Jährige handelte schnell. Auch weil sie selbst von Diabetes betroffen war. In der 25. Woche ihrer Schwangerschaft bekam sie Schwangerschaftsdiabetes. "Ich war davon überrascht", erinnert Kaußler. Sie habe nicht die typischen Essanfälle gehabt und sich viel bewegt. Sie sei schon immer korpulent gewesen, während der Schwangerschaft habe sie sogar an Gewicht verloren.

Insulinpumpe, Injektionsnadel, Katheter - Emilys ständige Begleiter

Emilys ständiger Begleiter ist die Insulinpumpe. "Die Insulinpumpe stört mich überhaupt nicht", sagt Emily am Telefon. Das Insulin wird nicht mehr mit der Spritze gesetzt, sondern mit einer programmierbaren Pumpe. Über eine Injektionsnadel und einen Katheter an der Pobacke gelangt das Medikament in den Blutkreislauf. Die Krankheit schlägt auf Emilys Immunsystem. "Sie ist sehr oft krank. Sie ist erkältet, hatte Scharlach und eine Lungenenzündung, die im Krankenhaus behandelt werden musste", so Kaußler. Seit September sei sie anderthalb Monate am Stück im Kindergarten gewesen.

Emily muss von der ganzen Familie rund um die Uhr betreut werden. "Mein Lebensgefährte und ich wechseln uns nachts alle drei Stunden ab, um den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren", sagt Kaußler. Auch mit den Erzieherinnen stehe sie regelmäßig in Kontakt. Jedes Essen von Emily muss genau abgewogen werden. Besonders die Berechnung der Kohlenhydrate ist wichtig. Sie machen den Teil der Nahrung aus, der blutzuckerwirksam ist. Bei einer bestimmten Anzahl an Kohlenhydraten muss eine entsprechende Menge an Insulin hinzugegeben werden.

Selbsthilfegruppe für Kinder bis 18 Jahre

Kaußler möchte anderen Eltern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Deswegen hat sie eine Selbsthilfegruppe gegründet. Kinder mit Diabetes Typ 1 bis 18 Jahre sollen sich einmal im Monat mit ihren Eltern treffen. "Es soll nicht nur ein Kaffeeplausch sein, wir wollen Erfahrungen austauschen. Ich möchte auch Fachleute einladen", sagt Kaußler. Mit dem bayersichen Diabetikerbund hat sie schon Kontakt aufgenommen.

Die unterschiedlichen Diabetes-Typen:

Diabetes Typ 1: Bei Diabetes Typ 1 produziert die Bauchspeicheldrüse kein Insulin. Er tritt meist im Kindes- und Jugendalter auf, aber auch Erwachsene können Diabetes Typ 1 bekommen. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung. Dabei zerstört das körpereigene Immunsystem die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Das führt zu einem zunehmenden Insulinmangel. Das fehlende Horman Insulin muss künstlich zugeführt werden. Die genauen Ursachen der Autoimmunerkrankung sind nicht bekannt. Vermutet wird, dass bestimmte Umweltfaktoren wie frühzeitiger Kontakt mit Kuhmilch oder Virusinfektionen die Krankheit fördern.

Diabetes Typ 2: Beim Diabetes Typ 2 erzeugt die Bauchspeicheldrüse weniger Insulin. Das Insulin ist zwar vorhanden, aknn aber nicht mehr richtig wirken. Man spricht dann von Insulinresistenz. In den Anfangsjahren kann die Bauchspeicheldrüse das noch kompensieren und hohe Mengen an Insulin produzieren. Irgendwann kann sie die überhöhte Insulinproduktion nicht mehr aufrechterhalten. Hauptursachen für den Diabetes Typ 2 sind Übergewicht und Bewegungsmangel. Der Diabetes Typ 2 ist auch unter dem Begriff Altersdiabetes bekannt, weil er erst im höheren Alter auftritt.

Info: Die Selbsthilfegruppe Diabetes trifft sich das erste Mal am Freitag, 16. Januar um 19 Uhr in der Pizzeria Calabria in Neudorf, Pegnitz.

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