Betroffene melden sich beim Kurier Patientendaten benutzt? Hinweise mehren sich

Von Andreas Gewinner
Drei Mann bewerben sich um das höchst Amt der Stadt Goldkronach. Der Kampf um die Stimmen wird härter. Repro: Gewinner Foto: red

Die Hinweise mehren sich, dass ein Arzt aus Goldkronach tatsächlich Patientendaten benutzt hat, um Wahlwerbung zu verschicken. Der Mediziner hatte dem Kurier gegenüber erklärt, die Namen und Adressen von der Stadtverwaltung beziehungsweise aus dem Telefonbuch zu haben.

 
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Auf großes Echo ist der Kurierbericht über die Aktivitäten von Friedrich Nüssel gestoßen. Nüssel hat eine neurologische Facharztpraxis in Bayreuth und ist in Goldkronach Stadtrat für die UBL, die mit Günter Exner den Bürgermeister stellt. Zahlreiche Goldkronacher hatten Post von Nüssel bekommen mit der Empfehlung, Exner am kommenden Sonntag die Stimme zu geben. Alle dem Kurier bekannten Empfänger waren auch Patienten in der Praxis von Nüssel.

Zwei von ihnen geben deutliche Hinweise darauf, dass die Daten doch aus der Praxis und nicht aus dem Rathaus oder dem Telefonbuch stammen. Eine Ausländerin (die am Sonntag nicht wählen kann) bekam den Brief persönlich an sie addressiert. Sie ist Patientin von Nüssel. Ihr deutscher Mann, der kein Patient ist, bekam den Brief nicht.

Eine andere Frau, die sich gestern beim Kurier meldete, erhielt den Brief ebenfalls. Er war adressiert an ihren Mädchennamen, unter dem sie als Patientin bei Nüssel war. Bei der Stadt sei sie aber mit ihrem angeheirateten Namen gemeldet. Und im Telefonbuch stehe sie nicht. In beiden Fällen wollten die Betroffenen Ihren Namen nicht in der Zeitung oder im Internet stehen haben, beide Namen sind jedoch dem Kurier bekannt.

Kein Problem, ihren Namen zu nennen, hat Karin Kratzer aus Goldkronach. Auch sie ist Patientin Nüssels, auch sie hat den Brief bekommen. Sie spricht gegenüber dem Kurier von einer "Unverschämtheit". Aus dem Telefonbuch könne ihre Adresse jedenfalls nicht sein. Sie hätte Exner vielleicht am Sonntag ihre Stimme gegeben, aber nun habe sie es sich anders überlegt. Dem Vernehmen nach sind unter den Empfängern des Briefes auch Minderjährige und bereits Verstorbene.

Bernd Dannreuther, Verwaltungsleiter im Rathaus, teilt auf Nachfrage mit, dass für politische Gruppierungen die Möglichkeit besteht, gegen eine Verwaltungsgebühr Wähleradressen zu bekommen. Auch die UBL habe davon Gebrauch gemacht. Im Januar habe sie die Wähleradressen für Brandholz und Dressendorf bezogen. Und am 6. März die Daten für Goldkronach selbst und Nemmersdorf. Drei Tage, nachdem der Brief Nüssels in den Briefkästen seiner Goldkronacher Patienten gelandet war.

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern sagt, dass Patiendaten nur für Abrechnungs- und Dokumentationszwecke verwandt werden dürfen, alles andere bedürfe der Einwilligung der Betroffenen.

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