Bayreuth: Technologie-Roadmap Oberfranken zeigt Chancen für Schlüsselbranchen Fraunhofer macht Firmen zukunftsfit

Von Norbert Heimbeck
Ein intelligenter Teller mit eingebautem Chip, der zum Beispiel die Abrechnung in der Mensa automatisiert: Solche innovativen Produkte müssten die oberfränkischen Unternehmen auf den Markt bringen, um fit für die Zukunft zu sein. Das ist das Ergebnis einer Analyse der Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die gute Nachricht: Viele oberfränkische Firmen stellen tolle Produkte her, einige von ihnen sind deshalb in ihrem Bereich sogar Marktführer. Trotzdem haben sie eine Schwäche: „Sie verdienen nur einmal, nämlich beim Verkauf“, sagen Stefan Freiberger und Martin Süchting von der Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation. Welche Ideen sie zur Beseitigung des Problems haben, lesen Sie hier.

 
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Die verarbeitenden Betriebe Oberfrankens sind aufgrund ihrer überwiegend klein- und mittelständischen Struktur stark vom Wandel der Märkte betroffen. Für viele Produkte, die heute gebräuchlich sind, könnte morgen kein Bedarf mehr sein.

Service Engineering

Die Bayreuther Wissenschaftler empfehlen daher, neue Dienstleistungen und Services rund um die bekannten Produkte anzubieten: So wie Apple nicht nur am Verkauf des Iphones verdient, sondern auch mit den Leistungen aus dem App-Store und der Musikdatenbank Itunes, sagt Freiberger. Unternehmen, die solche Entwicklungen verpassen, werden es schwer haben. Als Beispiel nennt der Wissenschaftler Nokia: Der einstige Weltmarktführer baut heute kein einziges Mobiltelefon mehr.

Vom Wirtschaftsministerium gefördert

Damit die oberfränkische Wirtschaft von diesem Schicksal verschont bleibt, hat Fraunhofer die fünf wichtigsten Branchen der Region untersucht. Die Wichtigkeit wird nach der Anzahl der Beschäftigten gemessen. Das Ergebnis ist in der „Technologie-Roadmap Oberfranken“ zusammengefasst. Das bayerische Wirtschaftsministerium hat das Forschungsprojekt über dreieinhalb Jahre mit rund 1,1 Millionen Euro gefördert.

Smarte Teller, schlaue Stühle

Der rund 200 Seiten umfassende Abschlussbericht enthält nicht nur die Analyse des Ist-Zustandes, sondern nennt auch Empfehlungen, wie die Unternehmen fit für die Zukunft werden könnten. „Manche Idee mag als Spinnerei bezeichnet werden,“ sagt Stefan Freiberger. Etwa die Vorstellung eines intelligenten Stuhls, der das Smartphone des Menschen auflädt, der gerade auf ihm sitzt und sich automatisch an Gewicht und Körperhaltung des Sitzenden anpasst. Oder die Idee vom Teller mit eingebautem Chip, der in der Kantine die Abrechnung automatisiert. „Denkbar wäre auch, dass der Chip an die Spülmaschine meldet, wenn das Geschirr sauber ist, die dann abschaltet und Energie spart,“ nennt Freiberger eine weitere Vision. Das Denken in solchen Geschäftsmodellen sei in der Region aber „noch nicht so verbreitet“.

Megatrends als Treiber

Solche Ideen klingen fantastisch, sind jedoch nicht aus der Luft gegriffen. Bereits heute sind in der Automobilbranche intelligente Systeme alltäglich: „Dahin wollen wir auch in anderen Branchen kommen,“ sagt Freiberger. Abgeleitet werden die Ideen der Fraunhofer-Forscher von sogenannten Megatrends, sagt Martin Süchting. In der Studie haben die Unternehmen die Megatrends „Umsteuern bei Energie und Ressourcen“, „Klimawandel“ und „Globalisierung“ als diejenigen eingestuft, die positive Auswirkungen auf ihre Geschäfte haben werden. Der demografische Wandel gilt den Unternehmern in Oberfranken als größtes Problem.

Die Bedeutung solcher Megatrends zeigen diese Zahlen: 1950 machte das Textilgewerbe 31 Prozent der oberfränkischen Wirtschaft aus, 2009 waren es noch ganze sechs Prozent. Statt Bekleidung stellen die überlebenden Firmen heute zum Beispiel Filter und Textilien für technische Anwendungen her. Das sind völlig neue Produkte und Geschäftsbereiche – „gerade das sichert den Unternehmen ihr Überleben“, sagen die Autoren der Roadmap.

Deshalb haben sie nicht nur Schwächen und Stärken analysiert und Ideen aufgeschrieben, sondern ganz praktische Leitfäden zur Umsetzung in den Unternehmen entwickelt. Und das Interesse daran ist groß: In dieser Woche kamen täglich zwei Anfragen zur Roadmap. Fraunhofer stellt die Ergebnisse interessierten Unternehmen kostenlos zur Verfügung.

Alle Infos: www.roadmap-oberfranken.de

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