Strahlend wie der Abendstern Neujahrskonzert in der Schlosskirche mit Kantor Krückl

 Foto: red

BAYREUTH. Schon das Einstimmen ist ein Vergnügen: Wenn sich drei Trompeten, eine Pauke und ein rasselndes Cembalo über dem Urgrund der Streicher einspielen, ergibt das einen schlichtweg verzaubernden Klang. Der Klang ist majestätisch, repräsentativ und prachtvoll.

 
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Das Wörterbuch der Gebrüder Grimm übersetzt „Pracht“ mit einem „hohen Grad von Glanz und Schönheit (äußerlich oder innerlich)“. Es passte: auch am Neujahrsabend, an dem der Kantor Christoph Krückl sein alljährliches, nun schon 30. Jahresanfangsfestkonzert mit dem erstrangigen Kammerorchester Musica Juventa Halle veranstaltete. Eine Musik des Herkömmlichen, mit dem sehr temporären Bayreuther Kapellmeister Telemann noch einmal an der Spitze, mit einem Händel-Concerto, mit Corellis „Weihnachtskonzert“ und Bachs D-Dur-Suite BWV 1068 – herkömmlich, aber immer wieder neu zu entdecken, immer wieder entzückend, wenn ein derartiges, mit Pauken und Trompeten bewaffnetes Ensemble vor uns steht.

Nein, man spielte hier wahrlich nicht die „Bratensymphonien“, als die der ältere Telemann seine Jugendwerke bezeichnete. Die Concerti mit einer oder drei Trompeten und mit oder ohne Pauken sind glanzvolle Beispiele höfischer und stolzer patrizischer Musik. Am Neujahrstag gelten die Aufzüge und Grave-Sätze zugleich dem „Göttlichen“ wie dem Irdischen (Zuhörer). Man macht eine Musik in permanenter Bewegung – jaja, ich weiß: Musik ist immer Bewegung, aber es gibt doch auch mindere, eher steife Interpretationen. Man hört an diesem Festabend: Corellis Concerto grosso op. VI/8 – so bekannt wie deliziös durchgearbeitet – ist in Wahrheit ein Drama, das von der Verkündigung über den Gang der Hirten zur Anbetung führt.

Schön die butterweich, samtig wie schon bei Telemann, sich überlagernden Streicher; charmant des Kantors cembalozirpendes „Stille Nacht“-Zitat am Schluss des natalen Tonstücks. Dann schallen wieder die Trompeten, das neue Jahr kann beginnen, strahlend wie der Glanz der modernen Ventiltrompeten und der aufgehende Abendstern – und schon vorher hörte man den zärtlichen Mozartton, der in der Kantilene der Sarabande in Händels g-Moll-Oboenkonzert herausschwebt (Ulrich Hellem an der Oboe!).

Das Schönste, natürlich (denn der Kantor weiß, was Dramaturgie bedeutet), das beziehungsweise der Schönste: Bach. Mit der D-Dur-Suite kommt die Musik in eine sehr eigentümliche Bewegung. Das Barock lebt – wenn denn der aus jeglichem Rahmen fallende Bach der Barockmusik zugeschlagen werden sollte. Nach der Air kommt wieder der Swing, schließlich der Abschlusstanz: auch er bezwingend musiziert, womit man wieder auf und mit einer der schönsten Weisen in das neue Jahr hineintanzen konnte.

pio/Foto: Kolb

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