Glücklicherweise hat er einen Gegenpart, der Frank Kolb die Chance gibt, in einer reich instrumentierten, wenn auch meist karikaturistischen Hauptrolle zu agieren. Vom hoffnungsvollen, aber schon hybriden Kunstjünger zum durchgeknallten Diktator: Kolb erspielt sich die Sympathien des Publikums, aber im Sinne des You love to hate him. Trotzdem: Auch dieser Hitler ist am Ende mehr als eine Karikatur, denn das Stück düstert sich am Ende denn doch merklich ein, wenn selbst Herzls Herzschatz, das unschuldige Gretchen (Gretchen! Die letzte Jungfrau über 14 in Wien, sozusagen ein Wesen zwischen den Arten, ohne die evolutionäre Kluft zwischen dem Frosch und dem Homo sapiens), wenn also selbst Gretchen sich zu preisverdächtigen siebenbürgischen Schimpfwörtern und das ist nicht das Schlimmste hinreißen lässt. Lara Marlou-Metzlaff macht das wirklich gut; auch hier merkt der Hörer, dass viel über die Stimme und ihren Ausdruck geht, die man nicht anders denn als rein bezeichnen kann.
Schlomo hat einen Freund, er heißt Lobkowitz und ist gleichfalls durchgeknallt, gleichfalls auf jüdischste Weise witzig. Horst Möller macht das sehr, sehr trocken, also komisch, und schließlich wäre ein Stück über Hitler und unsere Kämpfe unvollständig ohne den Tod, der hier die Tod ist. Beate Sturm spielt sie wie eine elegante Dame der Jahrhundertwende, vornehm und weise. Wer Annie Lennox Weihnachtsvideo God Rest Ye Merry Gentlemen kennt, könnte sich ein bisschen an sie erinnert fühlen. Bleibt noch Himmlischer, der fürchterliche Hühnerbrater: Frank Ammon gibt ihn eher unauffällig, was vielleicht auch daran liegt, dass er Mizzi, das Huhn (gespielt von Mizzi, dem ausgestopften Huhn), nicht live brät, nur verbal.
Völlig egal denn die Studiobühne hat mit diesem erstklassigen, komischen wie intelligenten Stück der Theatermoderne eine ebenso erstklassige Inszenierung herausgebracht, die permanent ausverkauft sein sollte.
INFO Nächste Vorstellungen am 28. und 30. Dezember.