Bayreuth: Das Knast-Spezialkommando

Von Christophe Braun und Tim Felder

Ein Gefangener verbarrikadiert sich in seiner Zelle. Droht, sich zu töten. In solchen Situationen greift die Sicherungsgruppe der JVA Bayreuth ein – ein speziell trainiertes Krisenteam.

 
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Gerd Weißflach ist ein Hüne. 1,94 Meter groß, gut 110 Kilo schwer. Der Spreizer – ein gewaltiges Werkzeug zum Aufbrechen verbarrikadierter Zellentüren – sieht in seinen Händen aus wie eine größere Zange. Eigentlich, sagt er, müsste er jederzeit einen kleinen Schlagstock und Pfefferspray bei sich tragen. „Ich nehme die Dinger aber selten mit“, sagt er und stellt sich breitbeinig auf. „So reicht's schon.“



Weißflach, 41, ist Sicherheitsbeamter im Bayreuther Knast. Einer von mehreren hundert. Und er ist stellvertretender Leiter der Sicherungsgruppe der Anstalt – einer kleinen Einheit, die speziell für Krisensituationen trainiert. Für den Fall, dass ein Gefangener andere angreift, in seiner Zelle randaliert, mit Suizid droht. Dann schlägt die Stunde der Sicherungsgruppe. „Wir trainieren besondere Zugriffe – zum Beispiel die Stürmung einer Zelle“, erklärt Weißflach. „Wenn wir anrücken, atmen die anderen Beamten erstmal durch.“ Die Mitglieder der Sicherungsgruppe leisten ihren Job freiwillig, zusätzlich zu ihrer Arbeit als JVA-Beamte. „Die meisten von uns machen das, weil sie helfen wollen, weil sie bereit sind, den einen Schritt mehr zu gehen“, sagt Weißflach. In Bayreuth müssen sie im Schnitt alle paar Wochen ran.



Der gelernte Schreiner ist mit Ende 20 in die Justizvollzugsanstalt gekommen; zunächst als einfacher Sicherheitsbeamter. „Ich hatte einen strengen Schreinermeister“, erzählt er. „Bei dem habe ich viel gelernt, was ich hier einsetze: dass man ehrlich ist, dass man zu seinem Wort steht, dass man Verantwortung übernimmt.“ Das Engagement in der Sicherungsgruppe war für den ehrenamtlichen Feuerwehrmann naheliegend: „Das gehört für mich einfach dazu. Ich finde, da schließt sich ein Kreis.“



Im Knast hat Weißflach mit Gewalttätern zu tun, mit Vergewaltigern, Kinderschändern. Schlaflose Nächte bereitet ihm das nicht. „Ich weiß, dass dieser Mann etwas Schreckliches getan hat“, sagt er. „Aber trotzdem muss ich ihn wie einen Menschen behandeln.“ Mit Respekt. Freundlich, aber verbindlich: „Es muss jederzeit klar sein, wer der Beamte ist und wer der Gefangene.“ Mit seiner klaren Art verschafft er sich bei den Gefangenen Respekt. Als er noch in der JVA Ansbach beschäftigt war, hat sich ein Häftling schützend vor ihn gestellt, als ein anderer Häftling ihn angreifen wollte. „Das sind so die Momente, in denen man merkt: Es funktioniert“, sagt Weißflach.

Das ist die JVA Bayreuth:
Die Justizvollzugsanstalt Bayreuth ist eine Haftanstalt für Ersttäter. Gut 900 Männer sind zurzeit inhaftiert, vom Einbrecher bis zum Mörder. Rund 30 Häftlinge sind „Lebenslange“, ihre Haftstrafe wegen Mordes wird wegen besonderer Schwere der Schuld verlängert. Etwa 300 Uniformierte bewachen und betreuen die Insassen; hinzu kommen zahlreiche Angestellte der JVA und der angeschlossenen Betriebe. Die Justizvollzugsanstalt Bayreuth bietet ihren Insassen zahlreiche Möglichkeiten der Beschäftigung, der Aus- und Fortbildung. Auf dem Gelände befinden sich unter anderem eine Kfz-Werkstatt, eine Bäckerei, eine Schlosserei und eine Gärtnerei.

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