Bayerns größter Sparkassenkritiker, Rainer Gottwald, liest für den Gemeindetag aus dem Geschäftsbericht der Sparkasse Sparkasse: 9,4 Millionen für die Region

Von Thorsten Gütling
Auf Einladung des Gemeindetages in Bindlach zu Gast: Sparkassenkritiker Rainer Gottwald. Foto: red Foto: red

Die Sparkasse Bayreuth hätte in diesem Jahr 9,4 Millionen Euro an ihre Eigentümer ausschütten können und hat es nicht gemacht. Zu diesem Schluss kommt Rainer Gottwald, der bekannteste Sparkassenkritiker des Landes. Auf Einladung des Kreisverbands Bayreuth des bayerischen Gemeindetags, hat er in Bindlach gesprochen.

 
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Gottwald ist 71 Jahre alt und war früher selbst als in der Buchhaltung mehrerer Banken in München tätig. Seit drei Jahren wühlt er sich durch die Geschäftsberichte der bayerischen Sparkassen. Die Zahlen, die er bei seinem Besuch in Bindlach über die Sparkasse Bayreuth vorträgt, habe er sich nicht ausgedacht, sagt Gottwald. Sie stünden alle im Geschäftsbericht der Sparkasse, man müsse sie nur lesen.

Was er daraus für die Sparkasse Bayreuth liest, müsste den Landkreis und die Städte Bayreuth und Pegnitz eigentlich freuen. Seinen Berechnungen zufolge, hätte die Sparkasse an die Stadt Bayreuth in diesem Jahr 4,2 Millionen Euro ausschütten können, an den Landkreis 3,9 Millionen und an die Stadt Pegnitz 1,3 Millionen. Macht zusammen 9,4 Millionen Euro.

Gottwalds Berechnungsgrundlage

Der Gewinn der Sparkasse belaufe sich auf 18,9 Millionen Euro. Gottwald liest das aus dem Geschäftsbericht, indem er den Jahresüberschuss und Einzahlungen in den Fonds für allgemeine Bankrisiken zusammenzählt. Dass diese Sichtweise richtig ist, habe das Finanzministerium von Nordrhein-Westfalen in einem Streit zwischen der Sparkasse Düsseldorf und der Stadt Düsseldorf bestätigt. Und Gottwald sagt: „Das ist Handelsrecht und damit Bundesrecht und gilt auch für Bayern.“

Aber...

Die Hälfte des Gewinns hätte die Sparkasse Bayreuth zurücklegen dürfen. Das regle die Sparkassenordnung, die kein Ausbluten der Sparkassen zulasse. Dass diese Ordnung für die Sparkasse Bayreuth die Hälfte des Gewinns als Rücklagen zulässt und nicht mehr oder weniger, liege an der sogenannten Kapitalquote. Die beträgt bei der Sparkasse Bayreuth 13,44 Prozent. Die Kapitalquote gibt an, wieviele ihrer genehmigten Kredite die Sparkasse mit eigenem Geld auffangen könnte, so sie denn platzen. Oder anders: Die Sparkasse Bayreuth ist gewappnet, falls jeder siebte Kunde seinen Kredit nicht mehr zurückzahlen kann. Gesetzlich vorgeschrieben ist aber nur, dass die Sparkasse Geld für acht Prozent der Kredite vorhält. Damit könnte jeder zwölfte Kredit platzen.

Zu viele riskante Kredite

Gottwald sagt, die Sparkasse habe zu viele riskante Kredite zugelassen. Er bezeichnet das als Managementfehler und sagt: „Sie hätte lieber einige der riskanten Kredite der Konkurrenz überlassen sollen.“ Diesen Fehler jetzt mit Filialschließungen wett machen zu wollen, laufe dem öffentlichen Auftrag der Sparkassen zuwider. In Artikel zehn des Sparkassengesetzes heißt es: Die Sparkasse hat die Aufgabe, die Spartätigkeit zu fördern und die Spareinlagen insbesondere der „wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreise“ zu sichern. Gottwald sagt: Das sind aber die, die von den Filialschließungen auf dem Land jetzt am stärksten betroffen sind. Weil sie alt sind, wenig Geld haben oder nicht mobil sind.

Zu deren Gunsten hätte der Verwaltungsrat der Sparkasse Bayreuth also über die Verwendung von 9,4 Millionen Euro entscheiden dürfen. Auf Nachfrage heißt es aus der Sparkasse: „Der Verwaltungsrat ist vollumfänglich über die Höhe der Überschüsse informiert. Ihm ist ebenso bekannt, wie viel davon in die Sicherheitsrücklage eingestellt wird.“ Ob ihm signalisiert wurde, dass er über diese Rücklage hätte entscheiden dürfen, sagt die Sparkasse nicht. Sie bestreitet aber nicht, dass es sich um einen Überschuss in Höhe von 9,4 Millionen Euro handelt.

Verstöße gegen die Gemeindeordnung

Die Räte seien sich auch der Tragweite ihrer Entscheidungen nicht bewusst. Gottwald sagt, die Städte Würzburg und Augsburg hätten bereits gezeigt, dass die Gewinnausschüttungen der Sparkassen auf Seite der Kommunen als sonstige Einnahmen verbucht werden müssten. Was belanglos klingt, habe spürbare folgen. Weil nach der Gemeindeordnung geregelt sei, dass solche Einnahmemöglichkeiten ausgeschöpft werden müssten, bevor bestehende Steuern erhöht oder neue beschlossen werden dürften.

Weitere (Gegen-) Argumente

Es gibt viele Argumente gegen eine Gewinnausschüttung der Sparkasse. Für jedes, sagt Gottwald, habe er mittlerweile ein Gegenargument gefunden. Auf die Aussage, die Sparkasse werden ihrem Auftrag gerecht, indem sie Geld spende, sagt er: „Das tun andere Finanzinstitute auch.“ Warnen die Sparkassen vor einer unsicheren Zukunft, sagt Gottwald: „Unsicher ja, aber noch lange kein Grund, ein Horrorszenario zu zeichnen.“

Heißt es, andere Sparkassen würden auch keine Gewinne ausschütten, sagt Gottwald: In Bayern machten das fünf Sparkassen sehr wohl. Und in anderen Bundesländern sei sogar üblich. Warum? Weil die Aufsichtsbehörde dort nicht das Innenministerium, sondern das Finanzministerium sei. Und weil diesem daran gelegen sei, notleidende Kommunen nicht selbst subventionieren zu müssen. Vor wenigen Wochen hat Gottwald daher den Landtag aufgefordert, die Sparkassenaufsicht vom Innenministerium an das Finanzministerium zu verlagern.

Von wegen niedrige Zinsen

Und zu guter Letzt will Gottwald das Argument entkräften, die Sparkasse hätte an den derzeit niedrigen Zinsen zu knabbern. Die Sparkasse, sagt er, habe schon immer von der Differenz gelebt, zwischen Zinsen die sie selbst zahlt und denen, die sie kassiert. Und diese Differenz habe im Falle der Sparkasse Bayreuth in den vergangenen Jahren immer rund 14 Millionen Euro betragen. Sie sei zuletzt sogar leicht gestiegen.

Was Gottwald den Bürgern am Ende seines Vortrags rät? Er sagt: „Einer müsste den Mut haben, ein Bürgerbegehren zu starten oder den Staatsanwalt einzuschalten.“

Gemeindetag: Nicht überzeugt

Stefan Frühbeißer (Freie Wähler) ist der Bürgermeister von Pottenstein und der Vorsitzende des Kreisverbands Bayreuth des Gemeindetages. Auf seine Einladung hat Gottwald in Bindlach seine Argumente vorgetragen. Und Frühbeißer sagt: "Die anwesenden Bürgermeister konnte er geschlossen nicht überzeugen. Das ein oder andere müsste man schon noch konkreter beleuchten."

Was die Sparkasse Bayreuth zu den Vorwürfen sagt

Es sei falsch, dass die Sparkasse Bayreuth nur eine Kapitalquote von acht Prozent benötige, wie Gottwald behauptet. Das regle auch nicht die Sparkassenordnung. Gottwald berücksichtige unter anderem einen Zuschlag an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht. Die Kapitalquote liege auch nicht bei 13,44 Prozent, sondern bei 12,32.
Falsch sei außerdem, dass die Differenz zwischen den Zinsen, die die Sparkasse zahlen muss, und denen, die sie von ihren Kunden bekommt, in den vergangenen Jahren bei rund 14 Millionen Euro lag. Richtig sei, dass diese Differenz seit 2006 um zehn Millionen Euro zurückgegangen sei.

Der Einladung, an der Sitzung des Gemeindetags teilzunehmen, sei man nicht nachgekommen, weil man vermutet hatte, dass dort aufgrund falscher Zahlen und Fakten diskutiert werde.
Die Sparkasse Bayreuth kommt zu dem Schluss: Würde man Gottwalds Forderungen nachkommen, würden man die Sparkasse nachhaltig schwächen und die Stabilität der Sparkasse, auf die Kunden und Mitarbeiter vertrauen, gefährden.
Weiter heißt es, der Personalratsvorsitzende der Sparkasse Bayreuth, Hubert Becker, halte Gottwalds Thesen im Hinblick auf die Sicherheit der Arbeitsplätze der Mitarbeiter für äußerst gefährlich.

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