Bujard sieht aber auch noch andere Gruppen: Familien, in denen die Erwerbsarbeit der Väter hoch bleibt oder gar zunimmt, etwa, weil diese in Krisenstäben vertreten sind. "In diesen Familien droht eine Retraditionalisierung der Arbeitsverteilung." Väter, die dagegen nicht erwerbstätig und vollständig zu Hause sind, weil sie etwa in der Gastronomie arbeiten oder in Kurzarbeit sind, seien dagegen nun "ungeplant in einer aktiveren Vaterrolle".
Nach Einschätzung von Manuela Bariic von der Bertelsmann Stiftung "deutet vieles darauf hin, dass sich die Ungleichheitsdynamiken zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt verschärfen werden". Dazu komme, "dass Frauen und Mütter in der aktuellen Krise auch einen Großteil der zusätzlichen Last zu Hause tragen, da Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen geschlossen sind". Die Folge: eine Verstärkung geschlechtsspezifischer Ungleichheiten in der "Care-Arbeit".
Die Wissenschaftlerin sieht aber auch eine Chance: "Da zurzeit auch viele Männer und Väter von zu Hause arbeiten und sehen, was Frauen und Mütter an Arbeit leisten, könnte dies zu einer wichtigen Erfahrung werden und einen kulturellen Wandel einläuten." Um langfristig nachhaltige Veränderungen zu erzielen, müsse dieser allerdings durch eine Reihe institutioneller Rahmenbedingungen flankiert werden - vom Ausbau qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung bis zu Anreizen im Steuersystem.
Das Zusammenleben zu Hause unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie bietet auch nach Einschätzung des Soziologen Schulz die Chance für wachsendes Verständnis der Abläufe und neue Abmachungen. Es könne aber auch Stress entstehen, weil klare Absprachen und Regelungen viele Diskussionen und Verhandlungen erforderten. Oder etwa wenn die Frau, die normalerweise die Spülmaschine einräumt, nicht zufrieden damit sei, wie ihr Mann sie einräume.
Boll, Abteilungsleiterin Familie und Familienpolitik beim Deutschen Jugendinstitut, geht davon aus, "dass sich durch Corona etwas ändern wird". Viele Väter müssten jetzt zu Hause bleiben. In Kombination mit den Müttern, die in den sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiteten - wie etwa im Krankenhaus, Einzelhandel oder Pflege - ergebe sich zwangsläufig ein Rollentausch. Der "externe Schock Corona" bringe die Paare in die Bredouille, das irgendwie regeln zu müssen, sagt Boll. Und die Großeltern dürften wegen des Kontaktverbots nicht eingreifen. Wie nachhaltig der "Corona-Effekt" wirke, hänge aber von der Dauer der Krise ab, sagt auch Boll.