AWO wirft braune Hilfspflegerin raus

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Die Frau präsentiert sich im Internet gern als „das Mädel mit der Fahne“, eine Anspielung auf einen Song des braunen Barden Frank Rennicke. Foto: red Foto: red

Die Frau liebt es wie kaum eine andere, sich im Netz zu präsentieren - und macht dabei aus ihrer rechtsextremistischen Gesinnung keinen Hehl. Das hat sie jetzt ihren Arbeitsplatz in einem Altersheim in Rödental (Kreis Coburg) gekostet.

 
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Der Bezirksverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) für Ober- und Mittelfranken hat über 1900 Beschäftigte in seinen Heimen und Einrichtungen. Seit Dienstag ist es eine weniger: Mit sofortiger Wirkung hat sich der Verband von einer Beschäftigten des Seniorenzentrums Rödental getrennt. An sich ist die Entlassung einer Pflegehilfskraft kein großes Ereignis, doch bei dieser Frau liegen die Dinge anders:

Sie tut alles dafür, um eine der bekanntesten Rechtsextremisten der Region zu sein. Ihr Aktionsfeld ist vor allem Südthüringen, wo sie nicht nur mit bekannten Neonazis wie Tommy Frenck verdrahtet ist, sondern auch immer wieder als Anmelderin von Demos auftritt.

Wie kaum eine andere nutzt sie das Internet zur Eigendarstellung. So ist sie bei Facebook nicht nur mit einer persönlichen Seite, sondern auch als „Persönlichkeit des öffentlichen Lebens“ angemeldet. Dort präsentiert sie sich in Dirndl und mit Reichsfahne als „das Mädel mit der Fahne“ – eine Anspielung auf einen gleichnamigen Song des deutschnationalen Barden Frank Rennicke, der bekanntlich in Unterhartmannsreuth im Landkreis Hof lebt.

Auf der Facebook-Seite wirbt sie ferner für „Druck 18“, einen braunen Damen- und Herrenausstatter mit Sitz in Hildburghausen, der Tommy Frenck gehört. Die Zahl 18 ist ein beliebtes Szene-Kürzel, sie steht für den ersten und achten Buchstaben des Alphabets und wird als Synonym für die Initialen Adolf Hitlers verwendet.

„Ich bin stolz darauf, intolerant zu sein“

Auf YouTube hat die Frau einen eigenen Kanal mit etlichen Videos, den sie auch offen bewirbt. Darunter ist auch ein Video von ihrem ersten Rednerauftritt bei einer NPD-Kundgebung am 9. Oktober 2015 in Bad Salzungen. Schon damals bekannte sie, dass sie es nicht als Diffamierung bezeichnet, wenn sie als Nazi bezeichnet würde. Wörtlich verkündete sie: „Ich bin stolz darauf, intolerant zu sein.“ Wenn sie dies ihren Arbeitsplatz kosten würde, sei ihr das „scheißegal“.

Im Internet sind aber auch andere unrühmliche Höhepunkte im Leben der Pflegehelferin dokumentiert: Sichtlich betrunken hopst die gebürtige Ingolstädterin im himmelblauen Dirndl in einem Festzelt auf den Bierbänken – um dann den rechten Arm blitzschnell zum „Hitlergruß“ zu heben. Sie ist nach „drei Mass“ allerdings nicht zu betrunken, um einzuschätzen, was sie getan hat. Sie bitte ihre Facebook-Freunde, das – inzwischen verschwundene – Video „wegen dem HG“ (Szenekürzel für Hitlergruß, die Red.) nicht zu teilen. Denn es sei auch nicht für alle sichtbar gewesen.

Geburtstag: 20. April

Wenn es noch eindeutiger werden soll, wählt aber selbst sie ein Pseudonym: Nach Recherchen des Blogs „Thüringenrechtsaußen“ ist die Frau mit einer „Marianne Lullemann“ auf dem russischen Netzwerk VK identisch. Dort gibt sie den 20. April als ihren Geburtstag, und „Braunau am Inn“ als ihren Geburtsort an. „Thüringenrechtsaußen“ hat dort Beiträge gesichert, auf denen die Frau mit einem Hakenkreuz und einem Hitler-Porträt posiert und Hetz-Gedichte gegen „jüdische Teufel“ vorträgt.

Mit Werten der AWO nicht vereinbar

Der AWO ist die Angelegenheit merklich peinlich. „Ein solches Verhalten widerspricht allen Grundwerten unseres Verbandes“, sagte gestern Randolf Spang, der Geschäftsführende Vorsitzende des Bezirksverbandes. „Wir stehen für Gleichheit, Gerechtigkeit und Weltoffenheit. Rechtsextremistisches Gedankengut ist mit der AWO unvereinbar, und eine solche Betätigung erst recht.“ Spang schilderte, dass die Frau seit dem 1. Oktober in Rödental arbeite, sie habe sich noch in der Probezeit befunden. Vom Zweitleben der Pflegehelferin habe die AWO erst am Wochenbeginn erfahren. Am Dienstag sei ihr dann die sofort wirksame Kündigung überreicht worden. Am Montag habe man die Frau nicht hinauswerfen können, weil sie sich krank gemeldet hatte.

Vielleicht hatte sie sich auch verkühlt. In diesen Tagen veranstaltet die braune Szene ein „Heldengedenken“ nach dem anderen und sie ist als Fackelträgerin immer gern gesehen.

Anfragen lässt sie unbeantwortet

Ein anderes Problem hat sich dagegen gelöst: Auf ihrer Facebook-Seite hatte die Frau ein Foto ihres „Begrüßungs-Sets“ für die neue Stelle in Rödental veröffentlicht. Mit Blick auf eine Tasse mit AWO-Emblem beschwerte sie sich, wie sie da „eine halbe Bier“ hineinbekommen solle. Anfragen zu ihrer Kündigung beantwortete sie nicht.

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