Ausstellung: Ein Maler ist wiederzuentdecken

Von Michael Weiser
Jula Isenburger, gemalt von ihrem Man nEric (1929). Foto: Uwe Dettmer/Kunstmuseum Foto: Uwe Dettmar

Bayreuth Von Michael Weiser Er experimentierte noch und war doch schon auf dem Sprung zur großen Karriere: Der Maler Eric Isenburg musste mit seiner Frau Jula vor den Nazis fliehen und geriet später in Vergessenheit. Jetzt ist der großartige Künstler in Bayreuth wiederzuentdecken.

 
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BAYREUTH.

Das Gewaltregime hatte von einem Tag zum anderen meine glänzende Karriere, alle Pläne und die ganze Entwicklung über den Haufen geworfen“, schrieb Eric Isenburger später, gut 20 Jahre nach dem Einschnitt der so genannten Machtergreifung. „Ich fühlte mich völlig entwurzelt, denn ein Künstler ist abhängig von dem Lande, wo er aufgewachsen ist, wo er geschaffen hat und erfolgreich gewirkt hat.“

Diese Sätze finden sich in einer eidesstattlichen Erklärung, die der Maler 1954 gegenüber bundesdeutschen Behörden abgab. Isenburger beanspruchte Wiedergutmachung gemäß dem Bundesentschädigungsgesetz, einen Ausgleich für etwas, was sich eigentlich nicht ausgleichen ließ: für die 600 Gemälde, die verschwunden waren, für die verlorene Heimat und die Lebenszeit, für das Bangen davor, den Nazis in die Hände zu fallen.

Der Vergessenheit anheimgefallen

Und in diesen paar Zeilen lässt sich die persönliche Katastrophe Isenburgers ablesen, die aber doch typisch für eine ganze Generation von Künstlern und Denkern wurde, die auf einmal vor dem Nichts standen. Viele bauten sich im Exil ein neues Leben auf, manche blieben berühmt – wie Thomas Mann. Viele aber fielen irgendwann, abgeschnitten von ihrer Umgebung, ihrer Heimat, ihren Netzwerken, der Vergessenheit anheim. „Der Maler Eric Isenburger ist uns unbekannt“, gab der Deutsche Künstlerbund 1964 zur Auskunft.

Somit ist er nun in Bayreuth, fernab der Kunstmetropolen, wiederzuentdecken, als Maler in einer Qualität, die einen im Kunstmuseum staunen lässt. Eric Isenburger malte Stilleben, Interieurs, Landschaften, Portraits, besonders gerne seine Frau Jula, eine Tänzerin. „In wieweit die Kunstformen der beiden einander gegenseitig befruchtet haben, ist eine spannende Frage“, sagt Marina von Assel, die Chefin des Bayreuther Museums.

Befeuert von widersprüchlichsten Trends

Im Berauschtsein von der Stadt, in der Sehnsucht nach Natur, im Faible für Jazz und Kneipen und in der tänzerischen Eleganz vieler seiner Bilder vereint Isenburger viele Tendenzen der 20er und frühen 30er Jahre. Ebenso äußerte er sich aber auch in den Stilsprachen seiner Zeit: Kubismus findet sich neben Expressionismus neben Neuer Sachlichkeit neben Orphismus neben Impressionismus. Mal erinnert ein Bild von ferne an Lyonel Feininger, mal an Henri Matisse. Einige Aquarelle könnten auch von Hermann Hesse in Montagnola stammen. Zukunftsweisend ist, wie Isenburger manchmal den Hintergrund behandelt: Als gleichsam schwebende Fläche eigener Gültigkeit, aus der er Umrisse treten lässt, die er mit dem Messer hervorschabt.

Im Leben der Eheleute Isenburger, ihrem Auszug ins Exil erst in Frankreich, dann in den USA, spiegeln sich die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts, in Isenburgers Malerei die einander widersprechenden und befruchtenden Stile jener Zeit. Das allein wäre spannend: Eric Isenburgers wachem und liebevollen Blick auf seine Frau Jula und ihren tänzerischen Ausdruck verdanken wir aber auch noch einfach hinreißend schöne Bilder. Isenburger war auf dem Sprung, ein Star zu werden: Der angesehene Galerist Wolfgang Gurlitt, Onkel von Cornelius Gurlitt, widmete ihm eine erste Einzelausstellung. Kurz darauf waren die Nazis an der Macht, und Gurlitt, der mitbekommen hatte, dass die Isenburgers bereits im Visier der neuen Machthaber waren, riet ihnen zur schnellen Ausreise nach Paris. Man arbeitete später, nach dem Zweiten Weltkrieg, übrigens wieder zusammen. Da lebten die Isenburgers in New York, Eric unterrichtete in Yale und war immer noch ein gefragter Portraitmaler.

Ein Bild mit Geschichte

Alles in allem die vielleicht wichtigste, sicher aber schönste Ausstellung dieses Jahres in Bayreuth, auch weil sich übers Sehvergnügen hinaus lernen lässt: Wir sehen ein Atelierinterieur mit Rissen, Knicken, Stellen, an denen die Farbe abgeblättert ist. In Zeiten der Verfolgung wurde es aus dem Rahmen genommen, gerollt, gefaltet, geknickt, ziemlich sicher nicht immer gut aufbewahrt. Aber es wurde gerettet. Immerhin. So kann man auch noch einige der Bilder erahnen, die später verschwunden sind - sie hat der Maler noch abgebildet.

Das Programm zur Ausstellung

Info: Zur Ausstellung „Von Frankfurt nach New York. Eric und Jula Isenburger.“ bietet das Kunstmuseum ein Programm an. Am Donnerstag, 28. Juni, (18 Uhr) gibt es im Kunstmuseum ein Gesprächskonzert „Musik aus dem Exil“, moderiert von Albrecht Dümling, mit Liying Zhu (Gitarre) und Changhuan Xia (Flöte). Außerdem ist im Kunstmuseum derzeit eine Ausstellung mit Werken Geflüchteter zu sehen, die an der Wilhelm-Busch-Straße in Bayreuth untergebracht sind. Titel: „Bürger von hier, da und dort.“ Am 15. Juli wird außerdem die Tanz-Performance wiederholt, die zur Vernissage der Isenburger-Ausstellung zu erleben war (wir berichteten).

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