Angeklagter will nur Strohmann für betrügerischen Fahrzeugkauf gewesen sein Automärchen vor Gericht

Von Manfred Scherer
 Foto: red

Kleider – oder auch Autos – machen Leute: So ein Vermögensberater zum Beispiel, der kann nicht mit einer Klapperkiste beim Kunden vorfahren. Und so dachte sich ein Bayreuther Autoverkäufer im Oktober 2015 nichts dabei, als ein „Berater“ einen Audi Q7 orderte. In Wahrheit war der Autokauf per Leasingvertrag Betrug. Das SEK machte im Autohaus den Gauner dingfest. Am Mittwoch stand der Mann vor dem Bayreuther Schöffengericht. Das verpasste ihm für 14 Monate Gefängniskleidung.

 
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Den 17. November 2015 werden sie bei Motor Nützel so schnell nicht vergessen. Augenzeugen sprechen von einer „Hundertschaft“, die die Polizei aufgeboten hatte, um einen Mann zu fassen, der einen Verkäufer des Hauses ausgetrickst hatte und denselben Trick erneut versuchte. Bei der vereinbarten Abholung eines Audi A4 wurde ein 45-jähriger Mann aus Holland festgenommen. Von einem Kommando des SEK.

Ein Geständnis mit einem "Aber"

Seither sitzt der Niederländer in U-Haft. Im Prozess erklärte er dies: Ja, er habe seine Unterschrift auf den Leasingvertrag gesetzt. Ja, er habe gefälschte Verdienstbescheinigungen einer Beratungsfirma vorgelegt, die in Wahrheit längst insolvent sei; ja, er habe eine falsche Meldebescheinigung der Stadt Bad Bentheim vorgelegt; ja, eigentlich habe er über der Grenze in Enschede gelebt; ja, er habe den Q7 im Wert von rund 45.000 Euro mitgenommen. Aber: Nein, er habe damit niemanden schädigen wollen. Der Angeklagte behauptete, er habe im Auftrag eines Menschen gehandelt, dem er absolut vertraue. Er erklärte, seine Rolle sei lediglich die des Abholers, den Kauf eingefädelt habe sein Bekannter, den er nicht verraten wolle. Der habe ihm für die Abholung des Q7 eine monatliche Belohnung zahlen wollen. Der habe auf seinen Namen ein Konto eingerichtet, von dem die hohen Leasingsraten für den Audi an Motor Nützel bezahlt hätten werden sollen.

Der Verkäufer schaute erst mal "blöd"

Hätte, hätte Fahrradkette. Der Vertrag für den Q7 wurde von der VW Bank gestoppt, als dort eine Bankerin merkte, dass der Verdienstnachweis eine Fälschung war. Doch der Q7 war erst mal weg. „Man schaut erst mal blöd“, sagte der Verkäufer als Zeuge vor Gericht. Er bestätigte, dass der Verkauf des Autos via Internet in Gang gekommen war und er zunächst Email und Unterlagen bekommen habe, die von einer Mailadresse auf den holländischen Namen des Angeklagten lautete. Der Verkäufer erklärte auch, dass er mit dem Angeklagten telefoniert habe und die Stimme des Käufers bei Abholung des Autos wieder erkannt habe. Der Zeuge berichtete, er habe den Fahrzeugbrief des Q7 auf den Namen des Angeklagten bei der Zulassungsbehörde in Bad Bentheim hinterlegen lassen, noch ehe der betrügerische Hintergrund offenbar wurde.

Plötzlich meldet der Betrüger sich erneut

Der Puls des Verkäufers beschleunigte sich, als der Niederländer sich vier Wochen nach dem „Kauf“ des Q7 erneut meldete: Er sei mit der Transaktion „sehr zufrieden“ und interessiere sich nun für einen gebrauchten Audi A4. Für diesen Wagen legte der Angeklagte erneut einen gefälschten Gehaltsnachweis vor. Warum der Mann nun ein weiteres Auto brauchte, das habe er „bewusst nicht weiter nachgefragt. Wir wollten ihn ja unbedingt wieder da haben.“

Der Staatsanwalt liest lieber Grimms Märchen

Nach dem SEK-Einsatz fand die Polizei in der Reisetasche des Angeklagten ähnliche Unterlagen, wie sie der Angeklagte für den Autokauf verwendet hatte – nur ausgestellt auf eine andere Person. Diese Person hatte den Niederländer nach Bayreuth begleitet, konnte aber mangels Verdacht nicht verhaftet werden. Bei den folgenden Ermittlungen ergab sich dies: In München, Nürnberg und Berlin waren Leasinggeschäfte für Autos mit Unterlagen vorbereitet worden, die auf die Personalien des Angeklagten lauteten – für Verteidiger Andreas Angerer ein Indiz dafür, dass der Angeklagte benutzt worden sei. Angerers Argumentation, dem Niederländer könne keine Schädigungsabsicht unterstellt worden, hielt Staatsanwalt Bernhard Böxler entgegen: „Wenn ich Märchen hören will, lese ich die Gebrüder Grimm.“

Mysteriös: Der große Audi wird in Barcelona abgegeben

Das Gericht unter Vorsitz von Torsten Meyer sah den Betrugsvorwurf als erfüllt an. Selbst wenn man dem Angeklagten glauben wolle, dass er nur als Strohmann benutzt worden sei, habe er die Betrugsabsichten erkannt. Der Niederländer ist vielfach vorbestraft, nicht nur wegen Vermögensdelikten, sondern auch wegen Gewaltdelikten. Die vielen Vorstrafen waren auch der Grund, warum das Gericht eine Bewährung ausschloss.

Nach der SEK-Aktion in Bayreuth wurde der Q7 übrigens von einem bislang nicht bekannten Fahrer bei einer Audi-Niederlassung in Barcelona abgegeben.

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