Die Staatsanwältin will Beweisaufnahme
Im Prozess konnte Amtsrichter Meyer nicht den Grund für die Attacke herausfinden. Denn die Sprayerin blieb dem Verfahren fern. Ein Polizist, der als Zeuge geladen war, sagt: "Das hab' ich mir fast gedacht, dass sie nicht kommt." Auch der Vorladung zur polizeilichen Vernehmung sei die Frau nicht gefolgt. Verteidiger Andreas Angerer warf einen Blick auf die zwei Opfer und versuchte eine andere Verfahrenserledigung anzuregen: Angesichts des Erscheinungsbildes der zwei Männer, beide groß und breit, einer mit einem Rauschebart, könne er sich vorstellen, dass seine Mandantin vielleicht schon große Angst gehabt habe. Ob nicht eine Einstellung des Verfahrens oder eine Erledigung über einen Strafbefehl möglich wäre...? Dem trat Staatsanwältin Ramona Eichelsdörfer mit Vehemenz entgegen: "Wir verhandeln hier eine gefährliche Körperverletzung. Ohne Anhörung der Angeklagten und der Zeugen mache ich da nicht mit."
Briefkasten oder doch nicht?
Doch, wo war die Frau? Verteidiger Angerer sagt, er habe seine Mandantin bislang auch nur einmal gesprochen. Telefonanrufe des Amtsrichters auf zwei unterschiedliche Nummern der Angeklagten - sie soll Unternehmensberaterin sein - wurden nur durch Bandansagen beantwortet. Vielleicht hatte die Angeklagte die Ladung zum Prozess nicht bekommen? Mysteriös: der Postbote hatte die Ladung mangels Briefkasten bei der nächsten Poststelle niedergelegt, die Benachrichtigung für diese Niederlegung aber dann in den Briefkasten geworfen.
"Eine seltsame Geschichte", meinte der Richter und stellte in den Raum, dass die Angeklagte psychisch beeinträchtigt sein könne. Die Staatsanwältin empfahl zu recherchieren, ob die Frau sich möglicherweise in einer Therapie befinde.
Das Rätsel bleibt vorerst ungelöst. Das Verfahren wurde ausgesetzt. Wenn die Justiz die Sprayerin gefunden hat, gibt es einen neuen Versuch.