60 Jahre waschen, schneiden, lieben

Von Andrea Pauly
Salon Kreger, Friseursalon am 13.04.2016. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Zusammen leben, zusammen arbeiten - kaum einen Tag haben Willi und Annemarie Kreger in den vergangenen 60 Jahren nicht miteinander verbracht. Auch im stolzen Alter von 80 und 88 Jahren sind sie noch an drei Tagen in der Woche für ihre Stammkunden da, schneiden, föhnen und tönen Haare.

 
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Heute allerdings interessieren sich die beiden nicht für ihr Geschäft. Heute feiern sie ihre diamantene Hochzeit und stehen selbst im Mittelpunkt. Der 88-Jährige erinnert sich noch genau daran, wie er von Annemarie erfuhr: "Ich hatte ein Auto zu verkaufen", erzählt der gebürtige Tirschenreuther. Ein Interessent kam aus Hollfeld - und empfahl ihm die dort lebende junge Friseurin für sein Geschäft. Sie wurde nicht nur seine Angestellte, sondern auch seine Ehefrau.

Nach zehn Jahren ein Haus mit Salon gebaut

In den ersten zehn Ehejahren waren die beiden in gemieteten Salons tätig, darunter in Neudrossenfeld und in Rieden bei Amberg. Dann fanden sie den Bauplatz in St. Johannis. Sie hatten lange nach einem Ort gesucht, an dem sie Wohnen und Arbeit in einem eigenen Haus vereinen konnten. Die räumliche Verbindung ist auch der Hauptgrund dafür, dass sie bis heute gern arbeiten. "Wenn wir Mieter gewesen wären, dann wären wir schon 20 Jahre weg", sagt Willi Kreger. "Aber wenn man seine Arbeit gerne macht und sie dann auch noch im Haus ist, braucht man doch nicht aufzuhören." Dass der Weg in den Feierabend nur drei Schritte weit war, hat Willi Kreger immer als Vorteil empfunden. "Der Haushalt, die drei Kinder und abends noch die Vorbereitung auf die Meisterprüfung 1961: Das ging nur, weil alles im Haus war", erinnert sich seine Frau an stressige Zeiten.

Wenn genervt, dann nur privat

Tag für Tag standen die beiden gemeinsam in ihrem Salon. Zuviel Nähe gab es nicht. "Im Geschäft haben wir uns am besten verstanden", sagt die 80-Jährige. "Wenn wir uns mal auf die Nerven gegangen sind, dann höchstens privat." Ihr Mann ergänzt: "Es hat jeder seine Ecke gehabt: sie die Damen und ich die Herren." An zwei Tagen pro Woche übernahm sie auch das Frisieren der männlichen Kunden. Denn ihr Mann war  ab 1966 auch an der Markgrafen-Kaserne beschäftigt und schnitt dort den Soldaten die Haare. Dann verließ er den Salon, um dort zu arbeiten. Schere und Rasierer packt er auch heute noch ab und an ein: Bei einigen langjährigen Kunden, die selbst nicht mehr laufen können, macht der 88-Jährige Hausbesuche.

Nicht immer einer Meinung

Die beiden Eheleute sind längst nicht immer einer Meinung. Sie sagt: "Unser Leben bestand vor allem aus Arbeit." Er schaut sie an, mit einem halb belustigten, halb tadelnden Blick, und sagt: "Naja. Beschäftigung kann man sagen."  Sie sagt: "Wenn einer von uns beiden nicht mehr kann, machen wir das Geschäft ganz zu." Er sagt: "Auch wenn sie nicht mehr arbeiten könnte, würde ich meinen Stammkunden noch weiter die Haare schneiden." Sie sagt: "30 Lehrlinge hatten wir bestimmt". Er sagt: "Naaaa, so viele waren es nicht." Aber immer ist der Ton voller Respekt.

Eine Liebeserklärung

Einig sind sich die Eheleute darin, dass sie ihren Beruf lieben. Das Friseurhandwerk ist das verbindende Element zwischen ihnen. Was er an seiner Frau besonders schätzt? "Gut kochen kann sie", sagt er, ohne zu zögern. Doch wer glaubt, er habe sie nur aus praktischen Gründen geheiratet, der irrt. Denn dann folgt doch noch eine Liebeserklärung: "Wir sind eine Einheit."

Urlaub, Tanzen, Enkelkinder

Auch, wenn Urlaube selten waren und sie viel Arbeit hatten: Annemarie und Willi Kreger haben sich immer auch Zeit füreinander genommen. Bis heute geht das Ehepaar gemeinsam zum Tanzen. Ein paar Mal im Jahr fahren sie in ihr Appartement in Bad Füssing, um Urlaub zu machen. Die drei Töchter sind alle im nahen Umfeld geblieben: Evi in Destuben, Steffi in Eckersdorf und Ute in Emtmannsberg. Die fünf Enkel und die Urenkelin sehen die beiden sehr oft. Aber die Kinder wissen,  dass ihre Großeltern nur sonntags bis dienstags Zeit haben. Schließlich ist von Mittwoch bis Samstag der Salon geöffnet.

 

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