60 Jahre Herzschrittmacher Der Taktgeber fürs Herz

Von Laura Fassold

BAYREUTH. Seit 60 Jahren retten Herzschrittmacher Leben. Die unsichtbaren Helfer werden ständig weiterentwickelt. Heutzutage ist ein solcher Eingriff Routine für die Mediziner und Lebensretter für Patienten wie den Bayreuther Erwin Pflaum (82).

 
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Bis heute hat sich die Technik enorm weiterentwickelt, wie Christian Stumpf, Chefarzt der Kardiologie im Klinikum Bayreuth, erklärt. Heute ist ein Herzschrittmacher ungefähr so groß wie eine flache Streichholzschachtel.  Patienten brauchen ihn, wenn das Herz zu langsam schlägt oder gar Aussetzer hat. Symptome dafür sind unter anderem wiederkehrender Schwindel, Schwächegefühl und Bewusstlosigkeit.

Jährlich werden im Klinikum Bayreuth zwischen 250 und 300 Herzschrittmacher eingesetzt. Einen davon trägt Erwin Pflaum (82) in sich. 2010 wurde ihm zum ersten Mal ein Schrittmacher eingesetzt. In zwei Jahren soll dieser ausgetauscht werden.

Linken Arm ruhig halten

Pflaum war damals eigentlich für einen anderen Eingriff im Krankenhaus. Als der damals 74-Jährige seine Koffer schon gepackt hatte und er wieder heim gehen wollte, wurde ihm auf einmal übel. Dann brach er neben der Toilette zusammen. Sofort kam er in die Kardiologie, wo sein Herz noch drei weitere Male aussetzte.

Für die Ärzte des Klinikums war sofort klar: Pflaum benötigt einen Herzschrittmacher. Auch sein Sohn, der ebenfalls Arzt ist, hat ihm zu diesem Eingriff geraten. Für Pflaum war  wichtig, einen modernen zu bekommen, mit dem er auch in der Zukunft in den Kernspin kann. „Innerhalb von weniger als 24 Stunden hatte ich das Gerät drin.“

Das unangenehmste war für Pflaum die Nacht direkt nach der OP, da man vor allem den linken Arm möglichst ruhig halten muss. „Das war für mich schlimmer als die Operation an sich.“ Danach war er aber sehr schnell wieder auf den Beinen und konnte alles tun, wie zuvor auch. Er bemerkt den Schrittmacher in seinem Körper nicht. Das Einzige, was er sich ab und zu fragt ist, wie lange das Gerät noch hält. Aber dafür geht er alle sechs Monate zur Kontrolle ins Krankenhaus, wo der Schrittmacher ausgelesen wird. Im Juli dieses Jahres stellten die Experten fest, dass die Batterie noch ungefähr zwei Jahre hält.

Das wird schon

Patienten, die einen Schrittmacher benötigen und sich eventuell davor fürchten, rät er folgendes: „Informieren Sie sich gut und sprechen Sie mit den Ärzten. Dann atmen Sie tief durch, sehen ihrem Arzt tief in die Augen und dann wird das schon.“

Die Zahl der benötigten Herzschrittmacher ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Gründe dafür sind laut Kardiologie-Chefarzt Stumpf die steigende Lebenserwartung der Menschen, aber auch der technische Fortschritt in der Diagnostik. So gibt es heute bessere technische Möglichkeiten den Ursachen für plötzliche Bewusstlosigkeit und Schwindelattacken auf den Grund zu gehen.

Ein Herzschrittmacher regt durch elektrische Impulse das Herz an, wenn der eigene Herzrhythmus zu langsam ist oder gar Aussetzer hat. Er misst ständig den Herzrhythmus und setzt ein, wenn dieser die voreingestellte Herzfrequenz unterschreitet. In einigen Fällen kann es auch sein, dass der Herzschrittmacher durchgehend arbeiten muss. Davon merkt der Patient in der Regel nichts. „Er ist ein Taktgeber, der die Zündung wieder einstellt“, sagt Stumpf.

In der Regel werden Schrittmacher auf der linken Seite eingesetzt. Durch einen kleinen Schnitt – nicht größer als zwei bis drei Zentimeter – wird unter dem Schlüsselbein die Vene punktiert, über welche mithilfe eines Katheters die Elektroden ins Herz geführt werden. Anschließend wird eine kleine Tasche unter dem Brustmuskel präpariert, um den Schrittmacher dort einlegen zu können. Hierfür ist keine Vollnarkose notwendig. In vielen Fällen werden die Patienten nur sediert und örtlich betäubt, was die Operation vor allem für ältere Patienten schonender macht.

Vorsicht vor Magnetfeldern

Zwischen acht und zwölf Jahren hält ein Gerät, bis die Batterie erschöpft ist. Diese kann aber nicht einzeln ausgetauscht oder wieder aufgeladen werden, sondern wird durch ein neues Herzschrittmacheraggregat ersetzt. Nach dieser Zeitspanne bietet dies natürlich auch Vorteile, denn in der Regel ist der medizinische und technische Fortschritt so groß, dass der Patient dann wieder ein medizinisch top modernes Gerät erhält.

Einzige Einschränkung für die Patienten: Starke Magnetfelder, wie sie zum Beispiel aufgrund elektromagnetischer Interferenzen bei manchen Schweißgeräten auftreten können, sollten unbedingt gemieden werden. Eine Ausnahme bieten neuere Herzschrittmachermodelle, die zumindest im Magnetfeld eines Kernspins verwendet werden können, aber hierfür im Vorfeld entsprechend umprogrammiert werden müssen.

Das tägliche Leben, die meisten Sportarten und andere Hobbys werden nicht beeinträchtigt, solange man sich nach dem Eingriff an die Ruhephase und ärztlichen Vorschriften hält. Um Unsicherheiten im täglichen Leben oder bei sportlicher Aktivität zu vermeiden, sollte der Patient über diese Dinge ausführlich mit seinem Kardiologen sprechen. „Beim Tauchen ist es zum Beispiel so, dass man prüfen muss, wie viel Druck das Schrittmacheraggregat aushält.“, sagt Stumpf. „Allerdings ist beim Tauchen meistens die Grunderkrankung das Problem und nicht das Gerät.“

Alternativen zu einem Herzschrittmacher gibt es bis heute nicht. Medikamente helfen meist nur kurzfristig zur Überbrückung bis der Patient operiert werden kann. „Viele Patienten haben natürlich einen hohen Leidensdruck, wenn sie regelmäßig Aussetzer haben und dadurch sogar bewusstlos werden“, sagt Stumpf. Für sie sei der Schrittmacher ein großer Segen.


Herzschrittmacher

Vor 60 Jahren wurde der erste komplett im Körper liegende Herzschrittmacher eingesetzt; bereits in den 30er Jahren wurde der erste Herzschrittmacher entwickelt. Dieser wog allerdings über sieben Kilogramm und musste alle sechs Minuten neu aufgeladen werden. 1958 war das von Ake Senning und Rune Elmquist entwickelte Gerät schon deutlich kleiner, etwa so groß wie eine Schuhkremdose. Jedoch musste es zu dieser Zeit aufgrund der Größe noch im Bauchraum eingesetzt werden.

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